Würzburg (POW) Zum 50. Jubiläum der Berufsgruppe im Bistum Würzburg hat Bischof Dr. Franz Jung am Dienstagabend, 6. Juli, den Pastoralreferentinnen und -referenten gratuliert. „Was 50 Jahre lang währt, hat sich offenbar bewährt. Das darf man mit Fug und Recht feiern“, sagte er beim Kiliani-Pontifikalgottesdienst zum Jubiläum im Kiliansdom. An der Feier unter den aktuellen Coronaschutzvorschriften, die zudem über das Internet gestreamt wurde, nahmen rund 130 Personen im Dom teil.
In seiner Predigt wies der Bischof darauf hin, dass die relativ junge Berufsgruppe vielfach Wandlungen durchgemacht und auch Wandlungsfähigkeit bewiesen habe. So seien es anfänglich fast nur Männer, ehemalige Priesteramtskandidaten, gewesen, die den Beruf angestrebt hätten. Dann seien zusehends auch Frauen hinzugekommen. Seien die Pastoralreferentinnen und -referenten anfangs für die Unterstützung in der Pfarreiseelsorge gedacht gewesen, so seien sie inzwischen in allen kirchlichen Tätigkeitsfeldern präsent. Besonderen Dank sprach der Bischof den für die Berufsgruppe Verantwortlichen aus. Sie hätten den Prozess der Einführung begleitet und weiterentwickelt. Wie für alle Berufsgruppen gelte auch hier: „Begeisterte und begeisternde Vorbilder gewinnen neue Mitglieder!“
Seit der Einführung des Berufs habe es viele Verletzungen gegeben, zum Beispiel durch den Zickzackkurs bei Fragen wie dem Anteil an der Leitung und der Predigterlaubnis in der Eucharistiefeier. Eindeutig gelöst sei die Grundsatzfrage: „Der Beruf des Pastoralreferenten ist nicht mehr wegzudenken aus dem kirchlichen Leben und ein etablierter Beruf, deshalb gilt es, beherzt nach vorne zu schauen und nicht zurück“, sagte Bischof Jung. Er warb dafür, unproduktive Abgrenzungsdiskussionen zu vermeiden. Es gehe darum, ein positives Selbstbewusstsein zu entwickeln, das niemandem etwas nehmen wolle, sondern „kernprägnante Berufsidentitäten“ beschreibe, die Überlappungen mit anderen Tätigkeitsfeldern akzeptieren, ohne damit anderen etwas abzusprechen oder eine eigene Überlegenheit zu postulieren. „Die multiprofessionellen Teams in den Pastoralen Räumen sind der Ort, das Zusammenspiel der Charismen und Dienste einzuüben.“ Gemeinsamer Auftrag aller in der Seelsorge Tätigen sei es, den Hunger und den Durst nach dem Reich Gottes und seiner größeren Gerechtigkeit wachzuhalten. Das Christentum sei gefordert, Stachel im Fleisch der Welt zu sein und nicht eine Wohlfühlreligion, die zu haben lediglich schön sei. Dazu rufe auch das Jahresmotto aus dem Epheserbrief auf: „Wir aber wollen, von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus, ist das Haupt.“
Den Gottesdienst gestalteten Frauen und Männer der Berufsgruppe liturgisch wie musikalisch mit. Eigens gedacht wurde der verstorbenen Kolleginnen und Kollegen: Erika Büchler, Christiane Blum-Barth, Daniela Schott, Erich Geißler, Maria Gumpert, Petra Wombacher und Norbert Bug. Gesamtsprecher Sebastian Volk dankte vor dem Schlusssegen Bischof Jung und allen im Hintergrund Beteiligten für den Gottesdienst. Pandemiebedingt konnte keine Begegnung nach der Messe stattfinden. „Ich freue mich, wenn wir uns begegnen und weiterfeiern, sofern das wieder möglich ist.“ Die im Dom Mitfeiernden erhielten am Ausgang jedoch jeweils eine Flasche Wein, um im Kreis der Kolleginnen und Kollegen auf das Jubiläum anzustoßen. „Gott sei Dank, dass es uns, dass es Euch gibt.“
Dem Gottesdienst voraus ging ein von Gesamtsprecher Sebastian Volk moderierter virtueller Studientag, bei dem sich die Berufsgruppe mit ihrer Geschichte und der Zukunft theologisch auseinandersetzte. Martin Holzner, Vorsitzender des Berufsverbands der Pastoralreferent*innen Deutschlands, Diözesanratsvorsitzender Dr. Michael Wolf und Dorothea Weitz, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) des Bischöflichen Ordinariats, überbrachten Grußworte. Weitz erklärte unter anderem: „Sie repräsentieren diese große Vielfalt unserer katholischen Kirche in Deutschland, sie tragen Verantwortung und haben Einfluss. Ich möchte Sie ermutigen, Prophetinnen und Propheten zu sein in einer Welt, die mehr denn je auf Sinnsuche ist, sich nach Hoffnungszeichen sehnt und unsere Frohe Botschaft so sehr braucht!“
Professor Dr. Wolfgang Weiß, Inhaber der Professur für Fränkische Kirchengeschichte und Kirchengeschichte der Neuesten Zeit der Universität Würzburg, beleuchtete die kirchengeschichtlichen Perspektiven der fünf Jahrzehnte, seit denen es Pastoralreferentinnen und -referenten gibt. Es sei nicht die Absicht des Zweiten Vatikanischen Konzils gewesen, ein neues Berufsbild einzuführen. „Doch es studierten vermehrt Menschen Theologie ohne Absicht, Priester zu werden.“ Seither habe es viele Aufbrüche und Ernüchterungen gegeben. Die Haltung von Papst Franziskus zu der Berufsgruppe lasse sich noch nicht abschließend beurteilen, da teilweise uneinheitliche Botschaften nebeneinander stünden.
Die Rolle der Berufsgruppe im Spannungsfeld der Kirchenentwicklung thematisierte Professor Dr. Johannes Först, Inhaber des Würzburger Lehrstuhls für Pastoraltheologie und Homiletik, in seinem Vortrag. Historisch betrachtet gebe es eine funktionale Ausdifferenzierung. Arbeiteten und lebten auf dem Bauernhof noch alle unter einem Dach, so hätten sich mit der Industrialisierung Leben und Arbeit getrennt. So sei es jetzt üblich, Spezialisten für bestimmte Tätigkeiten zu beauftragen. Die Kirche habe diese Ausdifferenzierung nur halbherzig vollzogen. Zwar lege das Zweite Vatikanische Konzil die Möglichkeit zur Ausdifferenzierung an, dennoch gebe es bis heute ein Nebeneinander von hierarchischem Weiheamt und ausdifferenzierten Berufsbildern. Das zeige sich auch heute, wenn die Pastoralen Räume an der Zahl der Priester festgemacht würden. Först warb für eine Kirche, die nahe an den existentiellen Grunderfahrungen der Menschen ist und bedarfsorientiert und situationsangepasst Seelsorge anbietet.
„Es braucht eine Sensibilität in der Wahrnehmung, den Mut, Schieflagen zu benennen, und Vernunft im Abwägen“, erklärte Professorin Dr. Michelle Becka, Inhaberin der Würzburger Professur für Christliche Sozialethik, in ihrem Referat über den gesellschaftlichen Auftrag von Theologinnen und Theologen heute. Pastoral brauche Lokalität und jedes Handeln habe heute globale Auswirkung. Es gelte daher, gleichzeitig zu konkretisieren und zu abstrahieren. Sie ermunterte, den Dingen und Menschen mit den Haltungen Wirklichkeitssinn, Gerechtigkeitssinn und Möglichkeitssinn zu begegnen.
mh (POW)
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