Würzburg (POW) Für die Loyalität zur Kirche hat Bischof Dr. Franz Jung den Delegierten des Diözesanrats bei der Frühjahrsvollversammlung gedankt. „Sie alle tragen vor Ort die Last an Klagen und Kopfschütteln über unsere Kirche mit und Sie bringen sich mit viel Einsatz ein. Vielen Dank für Ihre Treue und Solidarität.“ Zudem erklärte der Bischof, dass seine Macht begrenzt sei. „Mir ist das Gebet ‚Herr, lass Deinen Hirten nicht ohne Herde und Deine Herde nicht ohne Hirten sein‘ wichtig. Wenn der Diözesanrat dem Bischof das Misstrauen aussprechen würde, dann würde ich mein Amt zur Verfügung stellen“, betonte der Bischof.
In seinem Wort an das Gremium bedauerte Bischof Jung, dass bei der Aufarbeitung der Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche eine große Ungleichzeitigkeit bei den Bistümern herrsche. So gebe es noch zahlreiche Diözesen, die noch keinen Betroffenenbeirat hätten. Das liege unter anderem daran, dass die Situation „unendlich kompliziert“ sei. Weil aus den Betroffenenbeiräten Mitglieder in die Unabhängige Aufarbeitungskommission entsandt werden, gebe es beispielsweise den Vorwurf, Betroffene arbeiteten mit der „Täterorganisation“ zusammen. Es wäre vieles einfacher, würde der Staat eine „Wahrheitskommission“ zur Aufarbeitung gründen, konstatierte der Bischof. Das Bistum arbeite ab sofort bei der Beratung von Betroffenen mit Pro Familia zusammen. „Ziel ist es, für Betroffene und deren Angehörige eine erste Anlaufstelle außerhalb kirchlicher Strukturen anzubieten.“ Diese Beratung für Betroffene werde durch den Bischöflichen Stuhl finanziert, sei ergebnisoffen, kostenfrei und auf Wunsch auch anonym.
Die jüngste Synodalversammlung des Synodalen Wegs bezeichnete der Bischof als konstruktiv, wenngleich anfangs die Münchener Ereignisse die Beratungen überschattet hätten. „Die Texte für die zweite Lesung haben im Vergleich zur ersten Lesung erheblich an Qualität gewonnen.“ Bei den Abstimmungen habe es einen breiten Konsens gegeben, auch innerhalb der Bischofskonferenz sei die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zustande gekommen. Auf weltkirchlicher Ebene zu klären seien unter anderem Fragen wie nach dem Zugang von Frauen zum Weiheamt, der lehramtlichen Neubewertung im Blick auf die Sexualität sowie möglichen Lockerungen bei der Zölibatsverpflichtung, beispielsweise nach ostkirchlichem Vorbild oder für Viri Probati.
„Wir hätten es kommen sehen können“, sagte Diözesanratsvorsitzender Dr. Michael Wolf in seinem „Bericht zur Lage“ im Blick auf die russische Invasion in der Ukraine. So sehr er Mahnungen für eine zivilisierte, friedfertige und waffenfreie Welt begrüße: „Bis wir dieses Ziel erreicht haben, wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als Ciceros Mahnung umzusetzen: Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor.“ Auch jenseits militärischer Gesichtspunkte gebe es Handlungsbedarf. Zum einen gelte es, beim militärischen Aufrüsten auch an die Menschen am Rand der Gesellschaft zu denken und für sie Mittel bereitzustellen. Außerdem müsse die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas reduziert werden. Zudem müsse der Energiebedarf auch gesenkt werden, um der Klimaerwärmung Einhalt zu gebieten. Auch das Bistum sei aufgerufen, den bereits eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. „Photovoltaik auf Kirchendächern wird in vielen Fällen das Gesamtensemble nicht wirklich beeinträchtigen, kann aber zu einer Unabhängigkeit von Energieimporten und zu einer Kosteneinsparung beitragen.“
Dem Mitgliederschwund müsse die Kirche auf mehrere Weisen begegnen, erklärte Wolf. Es brauche zum einen überzeugende Antworten auf die Frage, wofür es Kirche braucht. Die Fragen, die beim Synodalen Weg „gestellt, diskutiert und hoffentlich auch beantwortet werden, müssen unsere Kirche in die Zukunft tragen. Wir dürfen nicht zum Anachronismus werden, sonst enden wir im Museum.“ Kritik äußerte Wolf an den skandinavischen Bischöfen. Es sei wenig hilfreich, wenn diese einerseits sagten, die Aufarbeitung des Missbrauchs erfordere eine radikale Bekehrung, müsse aber zugleich dann Halt vor Themen machen, welche „unveränderliche Teile der Lehre der Kirche beinhalten“. Die Polnische Bischofskonferenz wiederum fordere die Besinnung auf die „althergebrachte“ Lehre, vergesse dabei aber zu benennen, auf welches Jahr sich dieses Adjektiv beziehe. Für ihn stehe die Tradition erst an zweiter Stelle, betonte der Vorsitzende des Diözesanrats. „Lassen Sie uns dem Vorschlag des heiligen Augustinus folgen: ‚Liebe, und dann tu, was du willst.‘“
Auch der Umgang mit dem Missbrauch hat laut Wolf großen Einfluss auf das Erscheinungsbild von Kirche in der Gesellschaft. Das individuelle Vorgehen jedes der 27 deutschen (Erz-)Bistümer sei kommunikationstechnisch eine Katastrophe. „Ein ‚Big Bang‘ ist in jedem Falle besser als ein kontinuierliches Feuer. Wir bekommen synchronisierte Messbücher hin, warum in aller Welt nicht ein zeitlich abgestimmtes Vorgehen, um den Missbrauch aufzuarbeiten?“
mh (POW)
(1222/0341; E-Mail voraus)
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