Thüngersheim/Berlin (POW) Das kleine Blitzlichtgewitter scheint den vier in festlich-bunte Gewänder gekleideten Gestalten nichts auszumachen. Ganz im Gegenteil: Die drei Könige aus dem Morgenland und der Sternenträger lächeln beim Fototermin in der Kirche routiniert in die Kameras der Pressefotografen. Auf die Sternsinger aus der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Michael in Thüngersheim wartet eine ehrenvolle Aufgabe: Die Geschwister Christian und Carina Urlaub, Jonas Fersten und Michael Zimmermann sind am Freitag, 4. Januar, als Vertreter der Diözese Würzburg nach Berlin ins Bundeskanzleramt eingeladen. Dort werden sie zusammen mit über 100 Sternsingern aus den anderen deutschen Diözesen bei einem großen Empfang auf Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen.
„Das ist ein einmaliges Erlebnis“, freut sich der 16-jährige Michael, der die Rolle des Melchior übernehmen wird. Das findet auch Sternenträger Jonas, mit zehn Jahren der Jüngste der vier: „So etwas passiert nicht häufig im Leben.“ Die Sternsinger, alles Ministranten in der Kirchengemeinde, hatten beim bundesweiten Wettbewerb gewonnen und waren als diesjährige Vertreter der Diözese Würzburg für den Empfang in Berlin ausgewählt worden. Bei einer Feier der Ministranten musste dann das Los darüber entscheiden, wer von den rund 50 Sternsingern aus Sankt Michael das Ticket nach Berlin bekommen sollte. Dass die vier die Ehre haben, Kanzlerin Merkel persönlich kennen zu lernen, hat sich inzwischen herumgesprochen. „Die Schulkameraden finden das richtig cool“, erzählt Carina. Die 16-Jährige hat sich für die Rolle des Balthasar entschieden. Als Sternsinger gehört sie mit Michael zu den erfahrenen Helfern: Beide schlüpfen zum siebten Mal für den guten Zweck ins Königsgewand – in Berlin allerdings das erste Mal.
Was die vier und ihren Begleiter Klaus Zahn beim Empfang genau erwartet, wissen sie noch nicht. Also lassen sie sich überraschen. Für den Fall, dass die Kanzlerin auch ein bisschen Zeit für die einzelnen Gruppen hat, packen sie natürlich auch vorsorglich die Fotokamera mit ein, damit der Schnappschuss fürs Erinnerungsalbum gesichert ist. Vier Lieder müssen sie einstudieren, diese werden wohl von allen gemeinsam der Kanzlerin vorgesungen, darunter „Es ist eine Zeit angekommen“ oder „Kommt mit nach Betlehem“. Angela Merkel gehört vielleicht nicht zu den Stars der Kinder und Jugendlichen, doch bekannt und beliebt ist sie auch bei den Jüngeren. „Die macht ihre Arbeit schon ganz gut“, findet Michael. Bei der Frage, ob er auch an Autogrammkarten denken würde, kann er nicht ganz ernst bleiben: „Wenn sie von mir ein Autogramm möchte, kann sie gerne eins bekommen.“ Fast noch mehr als auf den Empfang freut sich die Gruppe auf den Abend nach der Ankunft in Berlin am Donnerstag, 3. Januar. Denn alle ausgewählten Sternsinger aus Deutschland werden zusammen in einer Unterkunft essen und übernachten, weiß Zahn: „Wir werden beim Abendessen in Gruppen eingeteilt, weil der Platz nicht reicht.“ Carina möchte die Chance nutzen, auch andere Jugendliche kennen zu lernen: „Ich kann ja auch mal andere fragen, wie es bei denen so in der Gemeinde läuft.“
„Dieses einzigartige Erlebnis werden wir wahrscheinlich erst später richtig erfassen können“, vermutet Zahn. Aus der Aktion erhofft er sich einen Schub für die folgenden Sternsinger-Generationen. Thüngersheim bringt beim Dreikönigssingen jährlich im Durchschnitt 4500 Euro zusammen, das soll auch in Zukunft so bleiben. Die vier Auserwählten müssen diesmal sogar zweimal ran – in Berlin und dann am Dreikönigstag in Thüngersheim. Aber über diese Doppelbelastung beschweren sie sich bestimmt nicht. Schließlich können sie in den Häusern ihres Ortes stolz von den Erlebnissen mit der Kanzlerin in Berlin erzählen.
(0108/0012; E-Mail voraus)
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