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Über Farben und Muster die Erinnerung wecken

Museum am Dom bietet erstmals Führung für Menschen mit Demenz an – Erinnerungen wecken und an Emotionen anknüpfen – Museumspädagogin Lemke: „Mein Ziel ist, dass alle gemeinsam eine schöne Zeit haben“

Würzburg (POW) Eine besondere Veranstaltung hat am Donnerstag, 27. Februar, im Museum am Dom in Würzburg Premiere. Unter der Überschrift „Dabeisein“ wird erstmals eine Führung speziell für Menschen mit einer dementiellen Erkrankung und ihre Angehörigen angeboten. „An Demenz erkrankte Menschen verlieren zwar nach und nach ihre Erinnerungen, und ihre Persönlichkeit verändert sich. Aber das muss nicht heißen, dass sie keine Freude mehr am Besuch von kulturellen Einrichtungen haben. Sie nehmen es einfach aus einem anderen Blickwinkel und mit anderen Emotionen wahr als vor ihrer Erkrankung“, erklärt Museumspädagogin Dr. Yvonne Lemke. Zudem biete die Führung für die Erkrankten und ihre Angehörigen die Möglichkeit, den Alltag einmal hinter sich zu lassen und gemeinsam etwas zu unternehmen. „Mein Ziel ist, dass alle gemeinsam eine schöne Zeit haben und vielleicht etwas machen, was sie schon lange nicht mehr machen konnten.“ Denn wer einen Angehörigen pflege, habe oft keine Zeit für Museumsbesuche oder sonstige kulturelle Veranstaltungen.

Für die erste Führung hat Lemke unter anderem die vier Tafeln mit der Kilianslegende im Blick, die derzeit in der Sonderausstellung „Riemenschneider X Stoss“ zu sehen sind. Der Nürnberger Maler und Bildhauer Veit Stoss schuf sie für die Pfarrkirche Sankt Maria Magdalena in Münnerstadt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, wie viele Details in den Bildern verborgen sind – vom kläffenden Schoßhund über die üppig gemusterten Tapeten bis hin zu den prächtigen roten Mänteln, die Herzog Gosbert und der heilige Kilian auf der ersten Bildtafel tragen. „Oft ist es so, dass Menschen mit einer dementiellen Erkrankung auf Farben und Muster ansprechen“, erklärt Lemke. Zudem seien viele Alltagsgegenstände dargestellt, die Erinnerungen wecken können, beispielsweise der Kochlöffel des Kochs. „Es sind viele Dinge zu sehen, die Erinnerungen wecken oder Emotionen auslösen können.“ Darauf aufbauend, könne man nach und nach das, was auf den Bildern zu sehen ist, zu einer Geschichte zusammensetzen.

Falls gewünscht, hat Lemke auch eine Auswahl an Materialien „zum Anfassen“ parat. Beispielsweise die Replik einer Madonna von Tilmann Riemenschneider aus dem Museumsdepot. „Man darf sie auch ohne Handschuhe anfassen und spüren, wie sich das Holz anfühlt. Vielleicht weckt das Erinnerungen bei manchen Leuten.“ Ebenfalls vorhanden sind Gesteinsbrocken wie Sandstein, Kalkstein, Lahn-Marmor oder Carrara-Marmor. Selbst einen Bischofsstab und einen roten Mantel gibt es, denn der heilige Nikolaus hat immer wieder einen Auftritt im Museum.

„Ich wollte schon lange eine Führung für Menschen mit Demenz machen“, erklärt Lemke. Diese Zielgruppe werde bislang in vielen Museen vernachlässigt. Zudem sei Demenz immer noch ein Tabuthema. „Aber die Menschen werden immer älter, und somit steigt die Gefahr, dass man im Alter an Demenz erkrankt.“ Bei einer Fortbildung zum Thema „Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz“ des Kölner Anbieters „(de)mentia+art“, die von der Bayerischen Museumsakademie organisiert wurde, erfuhr Lemke, wie man eine Führung für diese Zielgruppe gestaltet. Wichtig sei beispielsweise die Kontaktaufnahme mit den Teilnehmern. „Am besten sieht man die Menschen direkt an und spricht sie mit ihrem Namen an.“ Die Sprache sollte einfach und bildhaft sein, die Sätze kurz. „Oftmals funktioniert die Wortfindung nicht mehr. Die Menschen wissen, was auf dem Bild zu sehen ist, aber können es nicht benennen“, sagt Lemke. Aber darauf komme es auch nicht an. „Es kommt auf die Emotionen an. Bei dieser Führung wird viel mit persönlichen Empfindungen gearbeitet, um darüber an Erinnerungen zu kommen. Es handelt sich um eine ganz andere Form der Vermittlung.“

Im Museum im Kulturspeicher werden bereits seit rund vier Jahren Führungen für Menschen mit Demenz angeboten. Mal seien es kleine Gruppen, sie habe aber auch schon Gruppen mit mehr als zehn Leuten geführt, sagt Museumspädagogin Sophia Kippes. Seniorenheime würden Gruppenführungen buchen. „Das Interesse ist auf jeden Fall da.“ Die Führungen haben unterschiedliche Titel. Am Valentinstag stand sie zum Beispiel unter dem Goethe-Spruch „Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll“. Die nächste Führung am 29. Mai wiederum hat das Motto „Der Traum vom Fliegen“.

Sie gestalte die Führungen so, dass sowohl die Teilnehmer mit einer dementiellen Erkrankung wie auch die Begleitpersonen etwas davon haben, sagt Kippes. Dabei werde Kunst über alle Sinne vermittelt – also auch über die Haptik oder mit Gerüchen. Bei den Führungen beziehe sie sowohl die städtische Sammlung mit Portraits, Landschaften und Stillleben ein wie auch die Sammlung konkreter Kunst. „Das klappt sehr gut, denn auch Farben, Formen oder Bewegungen können etwas auslösen. Zum Abschluss sitzen wir noch bei Kaffee und Kuchen zusammen und unterhalten uns.“

Die Angebote des Museums am Dom wie auch des Museums im Kulturspeicher sind im Programm „Kultur für Menschen mit und ohne Demenz“ des Würzburger Vereins Halma zu finden (www.kultur.halmawuerzburg.de). „Halma hat uns angesprochen“, sagt Lemke. Ziel des Projekts sei es, Menschen mit und ohne Demenz eine Teilhabe an kulturellen Angeboten zu ermöglichen und ihnen damit ein Stück Lebensqualität zu erhalten oder sogar zurückzugeben, heißt es auf der Homepage von Halma. Seit 2015 seien gemeinsam mit vielen Netzwerkpartnern kulturelle Angebote entwickelt worden, wie interaktive Konzerte, Museumsbesuche oder besondere Angebote der Stadtbücherei.

Inklusionsführung „Dabeisein“ im Museum am Dom

Die Inklusionsführung „Dabeisein – Kunstbegegnungen für Menschen mit Demenz“ findet am Donnerstag, 27. Februar, um 15 Uhr im Museum am Dom in Würzburg statt und dauert rund eine Stunde. Sie richtet sich an Menschen mit einer Demenzerkrankung sowie an interessierte Angehörige oder Pflegepersonal. Die Teilnahme kostet pro Person zwei Euro zuzüglich zum ermäßigten Museumseintritt von drei Euro, für Begleitpersonen ist der Eintritt frei. Anmeldung beim Museum am Dom, Telefon 0931/38665600, E-Mail museen@bistum-wuerzburg.de. Die Teilnehmerzahl ist auf acht Menschen mit Demenz mit jeweils einer Begleitperson beschränkt. Im Anschluss an die Führung besteht die Möglichkeit, im Café am Dom zusammenzusitzen (Selbstzahler).

sti (POW)

(0920/0216; E-Mail voraus)

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