Hausen (POW) Weithin sichtbar verkündet ein Kran, dass rund um das Schullandheim und Jugendhaus Thüringer Hütte gebaut wird. „Wir planen und investieren in die Zukunft“, sagte Günter Werner, Leiter der Einrichtung, bei einem Pressetermin. Für insgesamt rund 1,6 Millionen Millionen Euro entstehen in Nähe zum zentralen Hauptgebäude eine vollbiologische Kleinkläranlage mit Schulungsgebäude, ein Erdhaus und ein Energiehaus. Etwa die Hälfte der Kosten trägt das Bayerische Kultusministerium im Rahmen der Förderung von Schullandheimen. Den Rest teilen sich etwa jeweils zur Hälfte das Bistum Würzburg und das LEADER-Förderprogramm der Europäischen Union, erklärte Alfred Frank von der Finanzkammer des Bischöflichen Ordinariats.
„Unser Ziel ist es, junge Menschen, aber auch Erwachsene an neue Energiekonzepte und einen verantwortungsbewussten, nachhaltigen Lebensstil heranzuführen.“ Bis Sommer 2012 sollen die umfangreichen Arbeiten abgeschlossen sein und sich die neue Thüringer Hütte als Teil des Rhöniversums präsentieren, eines Zusammenschlusses der Schullandheime Bauersberg und Thüringer Hütte sowie der Umweltbildungsstätte Oberelsbach. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten bieten die drei Einrichtungen im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön Bildungsprojekte an, die sich gegenseitig ergänzen.
In unmittelbarer Nähe zum Franziskusweg, auf dem die Besucher unter anderem die franziskanische Spiritualität kennen lernen können, die in Tieren, Pflanzen, Wind und Wetter Geschwister sieht, sollen die Besucher zukünftig verantwortliches Handeln in einer in sich schlüssigen Gesamtanlage erleben können, erklärten alle an der Planung und Umsetzung Beteiligten. „Hier entsteht Vieles, was auch noch auf Jahre hinaus richtungsweisend sein wird“, sagte Architekt Wolfgang Michelek von der SBW GmbH.
Unter anderem errichten Handwerker derzeit am Schullandheim Thüringer Hütte ein hochmodernes wabenförmiges Energiehaus. Es erzeugt allein durch die Sonneneinstrahlung viermal so viel Wärme wie es selbst benötigt. Ein neues Wärmeverbundnetz sorgt dafür, dass alle Gebäude auf dem Gelände davon profitieren. Das Passivhaus soll das erste zertifizierte Passivhaus im Landkreis Rhön-Grabfeld werden und interessierten Bauherrn als Anschauungsobjekt dienen. Reicht die von Passivhaus erzeugte Wärme nicht für die anderen Gebäude wie das zukünftig energetisch sanierte Haupthaus aus, greift die Anlage auf eine Biomassenheizung mit Brennstoff aus regionaler Erzeugung zurück. In Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg wird das Gebäude mit vielfältigen Energieexperimenten zu Sonne, Wind, Wasser, Erde oder Biomasse ausgerüstet. Den Nutzern sollen auf diese Weise die Möglichkeiten erneuerbarer Energie aufgezeigt werden.
Wohl einmalig für Jugend- und Schulungshäuser ist das Erdhaus, das ein wenig an die Hobbithäuser im Auenland des Fantasy-Buchs „Herr der Ringe“ erinnert: Es ist in den Berg hinein gebaut, hat nur eine sichtbare, gläserne Fassade und ist ansonsten komplett begrünt. Das benötigte Baugrundstück wurde erst vor kurzem der Gemeinde Sondheim/Rhön abgekauft. Neben zwei Einzelzimmern für die Betreuer wird das Erdhaus im Endzustand zwei große Gemeinschaftsschlafräume nach Art eines Matratzenlagers beherbergen. Sanitärräume sind in einem einige Meter entfernten Bereich untergebracht, der an das seit langem bestehende Blockhaus angegliedert ist, das den Nutzern des Erdhauses als Schulungsraum dienen wird. „Das Erdhaus verbindet einfachen Lebensstil, Zeltlager-Atmosphäre und intensive Gemeinschaftserfahrung“, erklärte Werner.
Das Wasserhaus „Glasklar“ und die größtenteils unter der Erde verborgene biologische Kläranlage sind bereits fertiggestellt. Die Inneneinrichtung des Schulungsraums mit Computern und Laborausrüstung wie Mikroskopen soll in Kürze folgen. Junge Forscher können dort Ausflüge in den Mikrokosmus der Abwasseraufbereitung vornehmen. Ergänzt werden die baulichen Einrichtungen durch ein ganzheitliches und wertorientiertes Konzept der Umweltbildung. „Wir vermitteln naturwissenschaftliches Wissen mit Kopf, Hand und Herz“, betonte Bildungsreferentin Christiane Jakob-Seufert. Es gehe darum, den Besuchern neues Wissen zu vermitteln oder bestehendes zu vertiefen. „Sie sollen aber auch innehalten können, ins Stauen und zum Nachdenken kommen.“
Von einem „weiteren Ausrufezeichen im Umweltbereich“ sprach Edmund Gumpert, Umweltbeauftragter des Bistums Würzburg. Das Umgestalten der Thüringer Hütte sei die konsequente Fortführung der freiwilligen Selbstverpflichtung, die das Bistum 2009 mit den „Leitlinien zum Klima- und Umweltschutz in der Diözese Würzburg“ eingegangen sei. „Mit seinen vielfältigen Bildungseinrichtungen bietet das Bistum Würzburg Lernorte, an denen Werte und Einstellungen vermittelt werden, die Grundlage und Motivation für klimaschonendes Verhalten sind“, zitierte Gumpert aus dem Papier.
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