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„Und der Glanz des Herrn umstrahlte sie“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Pontifikalamt am ersten Weihnachtsfeiertag, 25. Dezember 2008, im Würzburger Kiliansdom

Zu den anrührendsten Szenen der Weihnacht gehört die Verkündigung der Geburt Jesu an die Hirten auf dem Felde, einfache Menschen, die nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen und keine Bedeutung für die damalige Gesellschaft hatten. Ihnen wurde als Ersten das Wunder der Menschwerdung Gottes auf wunderbare Weise mitgeteilt: „Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr“, hörten wir im Evangelium dieser Weihnachtsnacht (Lk 2,9). Mit diesen wenigen Worten wird ein Geheimnis angesprochen, das sich durch die Geschichte der Menschheit wie ein roter Faden zieht.

Da, wo der Himmel, sprich die Wirklichkeit Gottes in das Leben der Menschen einbricht, strahlt ein überirdischer Glanz auf, der blitzartig erhellt und ein Erschrecken zur Folge hat. Himmlische und irdische Wirklichkeit werden in der Geburt des Gottessohnes unaufhebbar miteinander verknüpft, und die Dunkelheit irdischer Existenz wird durch das Licht göttlichen Seins erhellt. Zugleich wird mit dem himmlischen Glanz eine Art Erschrecken erfahrbar.

Über einhundert Mal wird in der Heiligen Schrift vom Licht und vom Glanz gesprochen.

Licht hat über die Erfahrung innerweltlicher Freude und entsprechenden Wohlbefindens zugleich eine den Menschen über sich selbst hinaus weisende Bedeutung. Normalerweise fühlen wir uns im Hellen wohl und fürchten das Dunkel. Viele Menschen suchen in ihren Ferien die Sonnenländer auf, sind lichthungrig.

Aber auch im übertragenen Sinne sprechen wir gerne von einer Licht/Finsternis-Symbolik: etwas im Dunkeln lassen – mir geht ein Licht auf – ich brauche den Tag nicht zu scheuen oder wir sind Kinder des Lichtes. So verwundert es auch nicht, das viel über Lichtmetaphysik nachgedacht wurde, zumal die Heilige Schrift selbst vom Licht nicht nur als einer Metapher Gottes spricht. Da hören wir vom „Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (Lk 2,32) ist.

Neben dem Völkerapostel Paulus nutzt erst recht Johannes die Rede vom Licht, wenn er schreibt: „Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm“ (1 Joh 1,5) und Jesus zitiert: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12)

Unvergleichlich dicht wird die Lichtsymbolik in der Apokalypse, wenn die Vollendung der Welt im ‚Himmlischen Jerusalem’ geschildert wird. Es wird vom „Regenbogen über dem Thron“ (vgl. Offb 4,3) gesprochen, vom „gläsernen Meer“ vor dem Thron (vgl. Offb 4,6), vom „mächtigen leuchtenden Thron“ (vgl. Offb 20,11) und von der „Heiligen Stadt Jerusalem, wie sie von Gott aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wie ein kostbarer Edelstein, wie ein kristallheller Jaspis.“ (Offb 21,10f)

Wen wundert es, dass diese Lichtsymbolik mit dem im eben gehörten Johannesprolog bezeugten Gedanken Gottes als Licht der Lichter weite Verbreitung fand.

Schauen wir so noch einmal auf unsere vom Glanz des Herrn umstrahlten Hirten. Sie wurden mit der konkreten Menschwerdung Gottes in diesem Kind von Bethlehem konfrontiert. Der Himmel brach wörtlich in ihr irdisches Leben ein. Sie kannten wahrscheinlich den Psalmvers: „Vom Zion her, der Krone der Schönheit, geht Gott strahlend auf.“ (Ps 50,2) Und es wird sie mehr als verwundert haben, dass sie vom Glanz Gottes umstrahlt wurden, da es doch bei dem Propheten Jesaja heißt: „Auf werde licht, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz.“ (Jes 60,1-3)

Schon Ezechiel hatte in einer Vision von Gottes Herrschaft gesagt: „Die Herrlichkeit des Herrn schwebte von den Kerubim hinüber zur Schwelle des Tempels. Der Tempel wurde von der Wolke erfüllt, und der Vorhof war voll vom Glanz der Herrlichkeit des Herrn.“ (Ez 10,4)

Und jetzt sollte sich der Himmel ausgerechnet bei ihnen im Glanz ewiger Herrlichkeit öffnen?

Es bedurfte schon dieses überirdischen Glanzes, der mit dem verkündenden Engel über sie einbrach, um den Gegensatz der Armut der Geburt in der Höhle oder im Stall auch nur annähernd zu überbrücken.

War schon Moses nach der Begegnung mit dem lebendigen Gott am Sinai so vom Glanz erfüllt, „dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, weil er mit dem Herrn geredet hatte“ (Ex 34,29), so legte er einen Schleier über sein Gesicht bis er wieder mit dem Herrn sprach (vgl. Ex 34,35). Wie viel mehr Glanz strahlten die Engel, die Boten Gottes, aus. Dies konnte ja nur einen Schrecken der Hirten nach sich ziehen.

In dem Jesuskind verbarg sich der Glanz Gottes so sehr, dass er später von vielen Menschen nicht mehr wahrgenommen wurde. Aber neben der kraftvollen, ja unerhörten Predigt Jesu und seinen Aufsehen erregenden Wundern, brach mindestens einmal dieser überirdische Glanz aus ihm heraus, nämlich bei der Verklärung auf dem Berg Tabor. Matthäus berichtet: „Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blend weiß wie das Licht.“ (Mt17,2)

Diese Herrlichkeit Gottes ist auch da gegenwärtig, wo wir vor lauter Dunkelheit das Licht nicht mehr wahrnehmen. Die Sonne scheint auch hinter den Wolken. Gott war auch am Karfreitag in der Todesstunde Jesu gegenwärtig, als sich der Himmel verfinsterte und Jesus mit den Worten des Psalmisten in Todesqualen schrie: „Eloi, Eloi, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34)

Dunkelheit, Angst, Zweifel, Schuld und menschliche Not bleiben Bestandteile unserer irdischen Pilgerschaft. Aber wir sind ihnen nicht ausgeliefert. Und das Ziel der Menschwerdung Gottes, die uns geschenkte Erlösung und das Aufleuchten seines Glanzes und damit seiner Herrlichkeit, wird uns in der Apokalypse überbordend in der Ankunft des Himmels im Bild des Himmlischen Jerusalems geschildert: „Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung ist ihr Tempel, er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Die Völker werden in diesem Licht einhergehen, und die Könige der Erde werden ihre Pracht in die Stadt bringen.“ (Offb 21,22 u. 23).

Doch schon jetzt gilt, wie wir er es in einem Lied aus dem Gotteslob singen: „Gott liebt diese Welt. Ihre Dunkelheiten hat er selbst erhellt. Im Zenit der Zeiten kam sein Sohn zur Welt.“ (Nr 297,4)

Amen.