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Dokumentation

„Unerschrockener Streiter für die Wahrheit des Glaubens“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalamt zu Ehren des vor 80 Jahren gestorbenen seligen Georg Häfner am Freitag, 19. August 2022, im Würzburger Neumünster

Georg Häfner war in der Spiritualität des Karmel beheimatet

• Eintritt in den „Dritten Orden vom Berge Karmel“ mit dem Ordensnamen „Aloysius vom heiligsten Sakrament“ am 11. Januar 1920.

• Daraus ergeben sich drei Punkte zur Betrachtung, heute am Vorabend seines 80. Todestags.

Leben in der Gegenwart des Herrn im Geist des Elija

• Aus der karmelitanischen Spiritualität weiß er, dass geistliches Leben heißt, in der Gegenwart des Herrn zu leben und sich bewusst immer wieder in diese Gegenwart zu stellen, Maß nehmend an dem Wort des Elija (1Kön 18,15): „So wahr der HERR der Heerscharen lebt, in dessen Dienst ich stehe“.

• Mitten in der Konfrontation mit dem abtrünnigen König Ahab bekennt sich Elija dazu, vor Gottes Angesicht zu stehen und sich an diesem Angesicht immer wieder neu auszurichten; das gibt ihm Kraft für die Umkehr und die Versicherung seiner Sendung.

• Zum kontemplativen Gebet hat auch Georg Häfner seine Pfarrkinder immer wieder neu angehalten: seine Mahnung, immer wieder die Kirche zu besuchen, und vor dem Allerheiligsten Einkehr zu halten und im stillen Gebet vor Gott zur Ruhe zu kommen.

• Dieses Leben in der Gegenwart des Herrn gibt ihm die Kraft zum Widerstand gegen ein Regime, das sich als totalitäre Herrschaft anmaßt, totale Unterwerfung des Menschen einzufordern.

• Mutig setzt er sich in den Predigten über den Kanzelparagraphen hinweg und widerspricht offen der nationalsozialistischen Ideologie, er gibt trotz Verbotes Schulunterricht, zur Not in der Kirche, er drängt auf die Versöhnung mit der Kirche und die Umkehr im Leben, selbst noch auf dem Sterbebett; was ihm kostbar war, gibt er weiter, und streitet unerschrocken für die Wahrheit des Glaubens.

• Für seine Kirche und seinen Herrn geht er unbeirrt, streng zu sich, aber auch zu anderen, sicher nicht beliebt, sicher niemand mit Sinn für Humor, aber ein treuer Diener seines Herrn, entschlossen und konsequent.

Leben wir in der Gegenwart des Herrn? Unterbrechen wir unseren Alltag, um neu hinzuhören, aufzuhorchen, ein hörendes Herz zu gewinnen? Die Kreuzbergwallfahrt ist sicher eine wunderbare Möglichkeit, jenseits des Alltags neu zu lernen, in der Gegenwart Gottes zu leben und bewusst sich in diese Gegenwart zu stellen, die im Trubel des Alltags unterzugehen droht.

Sühne und Mittragen in der Kirche

• Der Karmel versteht sich als Ort der Sühne und des fürbittenden Gebets. Warum braucht die Kirche das?

• Wir sind erlöst in Christus. Dieser Erlösungstat kann der Mensch nichts hinzufügen.

• Aber in Christus und durch ihn und mit ihm sind wir zur Gemeinschaft miteinander verbunden. Durch ihn sind wir aber auch zur Verantwortung füreinander berufen.

• Der Auftrag des Karmels ist es, in diesem Sinne für die ganze Kirche einzutreten, dort zu beten, wo andere weder die Zeit noch die Kraft zum Beten haben, mitzuleiden mit den Leiden der Kirche und alle Not immer wieder vor Gottes Antlitz zu tragen und ihm anzuvertrauen, in dem Wissen, dass nur er allein die Herzen verwandeln kann, aber auch in der Hoffnung, dass kein Gebet im mystischen Raum der Kirche ungehört verhallt.

• Georg Häfner war, geprägt duch diese Spiritualität, ein Mensch, der immer um das Gebet anderer bat, aber auch ein Mensch, der selbst im Gefängnis nie nachließ, für die ihm anvertrauten Gemeindemitglieder zu beten.

• Häfner hat das ihm geschenkte Heil anderen Menschen zugewandt in der Form der Fürbitte, in der Form des stellvertretenden Handelns, um das zu ersetzen, was momentan ein anderer oder eine andere nicht kann in der tätigen Nächstenliebe. Diese Zuwendung heißt, sich in der Gemeinschaft der Kirche einander verbunden zu wissen vor allem in der Feier der Eucharistie als der großen Danksagung und Fürbitte der Kirche als Ganzer.

Welchen Platz hat in unserem Beten das Fürbittgebet? Treten wir für andere ein? Lassen wir uns anrühren von fremder Not? Glauben wir an die Macht des Füreinanderbetens im Raum der Kirche? Bei jeder Wallfahrt gehen wir in eigenen Anliegen; oftmals aber bitten uns Menschen auch um unser Gebet und wir tragen sie mit in unserem Herzen und in unseren Gebeten; so ist die Wallfahrt auch eine Möglichkeit, die Solidarität miteinander in der Kirche und über die Kirche hinaus für die Not der Welt einzuüben.

Die Erfahrung der Dunklen Nacht im Glaubensleben als große Läuterung

• Der Karmel kennt die Gotteserfahrung der Dunklen Nacht, der Gottferne; sie gehört zu jedem geistlichen Lebensweg und Reifungsweg.

• Wir erfahren sie immer dann, wenn uns unsere Gewissheiten zerbrechen, wenn unsere Gottesbilder nicht mehr tragen, wenn unsere Art zu beten an ein Ende kommt.

• Georg Häfner hat die Dunkle Nacht – wie Johannes vom Kreuz – in der Zeit der Gefangenschaft erfahren, in der man ihm alles zu nehmen versucht: seine Würde als Mensch und als Priester, seine leibliche Unversehrtheit in den Demütigungen, Qualen und Schlägen und Aushungern, seine innere Widerstandskraft und seinen Lebenswillen.

• In der Erfahrung der Gottesferne lassen es viele ganz sein zu beten; aber dieses gefühlte Ende ist – im Übrigen wie in jeder Beziehung – nicht das Ende überhaupt, sondern die Einladung, zu wachsen und sich weiter zu entwickeln; das Bisherige hinter sich zu lassen und sich neu auszustrecken nach Gott, in dem wir leben, in dem wir uns bewegen und in dem wir sind, der immer größer ist als das, was wir denken, wie wir ihn uns vorgestellt haben, und der uns deshalb dazu auffordert und einlädt, weiterzuwachsen im Leben.

• Der „deus semper maior“, der „immer größere Gott“, er übersteigt alle Vorstellungen und bewirkt, dass wir uns nie einfach zur Ruhe setzen – selbstgenügsam oder resigniert –, sondern mit dem Apostel Paulus vergessen, was hinter uns liegt, und uns nach dem ausstrecken, was vor uns ist.

• Für Georg Häfner wie für alle Märtyrer ist es das Kreuz des Herrn, unter dem er steht; und von dorther bezieht er seine Kraft, dorthin streckt er sein Leben aus; im Schatten des Kreuzes weiß er sich bei dem Gott geborgen, der mit uns hinabgestiegen ist in das Reich des Todes, um uns von dort zu erlösen, um uns unsere innere Freiheit zurückzuschenken, selbst wenn uns äußerlich die Hände gebunden sind.

• Erst in der Dunklen Nacht des Lebens haben viele Mitchristen erst den tiefen Ernst ihrer Religion, aber auch ihren tiefen, unergründlichen Trost kennen gelernt.

• Hier lernt Georg Häfner auch die Feindesliebe und die Kraft der Vergebung; sie macht ihn frei von seinen Peinigern und nimmt selbst diese in das Gebet um Erlösung hinein, so wie Christus am Kreuz noch für die betet, die nicht wissen, was sie ihm antun und im Bösen ganz gefangen sind.

Die Dunkle Nacht wird keinem erspart im Leben; es sind Stunden, die uns an den Rand unserer Leistungsfähigkeit führen und bis zur Erschöpfung gehen; es sind Stunden, die oft erst dann Frucht tragen, wenn wir loslassen und nicht mehr kämpfen, sondern das annehmen lernen, was uns unannehmbar schien, und genau dann zu wachsen beginnen und noch einmal neu anfangen. Jeder von uns kennt diese dunklen Momente im Leben von Scheitern und Selbstzweifel, von Angst und Einsamkeit. Sie zuzulassen und sie uns wandeln zu lassen zum neuen Leben, das ist die schönste Frucht jeder Wallfahrt.