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Ungekündigter Bund als Herausforderung

Wie die Würzburger Alttestamentlerin Barbara Schmitz in Regensburg Brücken zum Judentum baut – „Asymmetrisches Verhältnis zwischen Christen und Juden“

Regensburg (POW) Im Rahmen des 99. Katholikentags in Regensburg hat Professor Dr. Barbara Schmitz (39), Inhaberin des Lehrstuhls für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Würzburg, eine Bibelarbeit mit der Rabbinerin Elisa Klapheck aus Frankfurt/Main gestaltet. Wie diese Zusammenarbeit aussah und wo die Herausforderungen im christlich-jüdischen Dialog liegen, erläutert sie im folgenden POW-Interview.

POW: Sie haben auf dem Katholikentag in Regensburg einen gemeinsamen biblischen Impuls mit Rabbinerin Elisa Klapheck gestaltet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Professor Dr. Barbara Schmitz: Der Gesprächskreis Juden und Christen beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken gestaltet das Zentrum „Jüdisch-christlicher Dialog“ mit vielen Veranstaltungen und unterschiedlichen Formaten. Eines dieser Formate ist die „Bibelarbeit“, bei der ein Text aus christlicher und jüdischer Perspektive gelesen und ausgelegt wird. Elisa Klapheck habe ich als Mitglied des Gesprächskreises Juden und Christen gerne angesprochen – sie ist eine faszinierende Gesprächspartnerin, zuletzt hatte ich sie zu einer Gastvorlesung nach Würzburg eingeladen.

POW: Welche thematischen Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Impuls gewählt, auch im Blick auf den Partner und seine Traditionen?

Schmitz: Thema unserer Bibelarbeit war die Erzählung von Jakob in Bet-El (Gen 28,10-22): Nach dem Konflikt um den Erstgeburtssegen bricht Jakob auf. Er verlässt sein Elternhaus und geht allein nach Haran, wo seine Eltern ihm empfohlen haben, sich eine Frau zu suchen. Bei der ersten Übernachtung an einem Ort träumt Jakob von einer Leiter oder Treppe zwischen Himmel und Erde, auf der Boten Gottes auf und ab steigen. Dann steht Gott vor Jakob, stellt sich ihm als Jahwe vor und verheißt ihm sein Mit-Sein. Jakob benennt daraufhin den Ort „Haus Gottes“, Bet-El. Der Schwerpunkt meines Impulses richtete sich auf die unterschiedlichen Bezeichnungen, die sich im Text finden: „elohim“ („Gott“) und dem Gottesnamen Jahwe. Jakob lernt in Bet-El Jahwe als seinen Gott kennen. In der Erzählung erfolgt dieses Kennenlernen in einer biographischen Umbruchsituation: nach dem Abschied von der Familie, erstmals allein auf sich gestellt, auf dem Weg. Rabbinerin Klapheck hat von der Bedeutung von Träumen in der jüdischen und rabbinischen Tradition erzählt und die Erzählung innerbiblisch in die Bewegung eingebunden, die Jakob später noch einmal nach Bet-El zurückkehren lässt (Gen 35).

POW: Wie haben die Zuhörer Ihre Kooperation aufgenommen? Welche Reaktionen oder Fragen gab es?

Schmitz: Während unserer Bibelarbeit war eine sehr konzentrierte Atmosphäre spürbar, obwohl der Raum völlig überfüllt war und geschlossen werden musste. Die vielen Nachfragen zeigten, glaube ich, dass das gemeinsame Lesen von Bibeltexten, noch dazu aus den unterschiedlichen Traditionen, als sehr anregend und bereichernd empfunden wurde.

POW: Wo liegen in Ihren Augen die Gemeinsamkeiten, wo die Herausforderungen im Dialog zwischen Juden und Christen?

Schmitz: Das Verhältnis zwischen Christentum und Judentum ist, theologisch gesehen, ein asymmetrisches Verhältnis: Es ist das Christentum, das das Gespräch mit dem Judentum als seiner Wurzel braucht. Von daher liegt die Herausforderung im Gespräch nicht nur in bestimmten Themen, sondern vielmehr darin, dass die Neuausrichtung katholischer Theologie gegenüber dem Judentum seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zu einer veränderten Haltung führen muss: Nicht das Judentum muss sich und seine Existenz rechtfertigen, wie es über Jahrhunderte verlangt wurde, sondern der von Gott nie gekündigte, bis heute lebendige Bund Gottes mit seinem Volk ist die Herausforderung für das Christentum. Diese muss nicht nur auf allen Gebieten der Theologie, sondern auch in der Haltung von Kirche insgesamt und jedem Einzelnen verarbeitet werden.

POW: Der Katholikentag in Regensburg steht unter dem Motto: „Mit Christus Brücken bauen“. Wie lautet Ihr persönliches Fazit der Veranstaltung?

Schmitz: Brücken bauen – das habe ich in Regensburg vielfach erlebt: in gesuchten und unverhofften Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen, im Gespräch mit dem biblischen Text und nicht zuletzt im Gespräch zwischen jüdischer und christlicher Bibelauslegung.

Interview: Markus Hauck (POW)

(2314/0542; E-Mail voraus)

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