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Im Gespräch

Universität als „Thinktank“

Liturgiewissenschaftler Professor Dr. Martin Stuflesser bietet Online-Seminar zu „Liturgie in Zeiten von Corona“ an

Würzburg (POW) Ein Seminar mit dem Titel „Feierst du noch oder streamst du schon…?“ bietet die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Würzburg im kommenden Sommersemester an. Die Studenten befassen sich unter anderem damit, wie sich die Liturgie unter den Bedingungen des durch die Coronakrise hervorgerufenen gesellschaftlichen Ausnahmezustands entwickelt. Vor allem über die Kar- und Ostertage haben sich hier auch neue liturgische Formen etabliert. Weiter geht es darum, wie die „tätige Teilnahme“ aller Getauften am Gottesdienst umgesetzt werden kann, wenn Berührungen und das gemeinsame Mahl aus medizinischen Gründen untersagt sind. Professor Dr. Martin Stuflesser, Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft, beschreibt in folgendem Interview die Hintergründe dieses Seminars und wie der Lehrbetrieb an der Universität trotz der Kontaktbeschränkungen fortgesetzt wird.

POW: Herr Professor Dr. Stuflesser, wie sind Sie auf die Idee zu diesem Seminar gekommen?

Professor Dr. Martin Stuflesser: Es gibt in Facebook die Gruppe „Forum Liturgie“ des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft. In dieser Gruppe mit fast 1900 Mitgliedern aus der ganzen Welt diskutieren wir beispielsweise auch über aktuelle wissenschaftliche Berichte. Daraus haben sich sehr intensive Diskussionen entwickelt. In der Woche nach Ostern entstand dann die Idee, ein Seminar zu Liturgie in Zeiten von Corona anzubieten.

POW: Wie wird das Seminar angeboten, wenn die Universität aufgrund der Coronakrise geschlossen ist?

Stuflesser: Wir müssen das Seminar natürlich online durchführen. Wir wollen kleine Gruppen zu vier, fünf Personen bilden, die jeweils von einem Dozenten geleitet werden. Da alle Studiengänge und Semester teilnehmen können, werden wir in einer „Lesephase“ zunächst einmal Grundlagen vermitteln. Intensive Diskussionen zur Übertragung von Gottesdiensten gab es zum Beispiel auch schon in den 1970er Jahren. In der zweiten Phase werden aktuelle Beispiele gesichtet und analysiert. Wir haben dazu unter anderem auf Facebook und YouTube Beispiele gesammelt. Außerdem laden wir Praktiker wie Pfarrer oder Pastoralreferenten ein, von ihren Erfahrungen zu berichten. Ein Ziel dabei ist, positive Beispiele zu sammeln und für andere nutzbar zu machen: Wie streame ich einen Gottesdienst mit minimalen technischen Mitteln? Wo stelle ich die Handykamera auf, damit ein Gefühl des Miteinanders entsteht? Wie kann ich die Zuschauer motivieren, innerlich mitzufeiern, wie sie bewusst in den liturgischen Ablauf einbeziehen, beispielsweise durch Fürbitten, die sie in die Chatleiste schreiben können? Ich kann mir vorstellen, dass wir die Ergebnisse zum Abschluss des Seminars öffentlich vorstellen. Die Zielgruppe wären beispielsweise Seelsorger, Organisten oder Mesner. Es ist mir wichtig, dass die akademische Theologie in Krisenzeiten auch positiv als Dienstleistungsunternehmen für die Kirche verstanden wird. Ich sehe die Fakultät hier in der Rolle eines „Thinktanks“, einer Denkfabrik.

POW: Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit Online-Veranstaltungen an der Universität gemacht?

Stuflesser: Es wurden schon Dinge gestreamt, aber in dieser Intensität ist das eine relativ neue Erfahrung. Seminare kann man ganz gut über das Internet abhalten, aber bei Vorlesungen funktioniert das nicht so gut. Die Kollegen, die ja alle im Homeoffice arbeiten, bereiten das Semester jetzt quasi aus ihren Arbeitszimmern vor. Wir experimentieren im Moment ganz viel. Ich glaube, dass es auch an den Universitäten nun einen Digitalisierungsschub geben muss.

POW: Hat die aktuelle Situation auch positive Seiten?

Stuflesser: Es ist eine Chance. Nehmen wir als Beispiel eine Kollegin, die ein spannendes Buch geschrieben hat und die ich zu einem Gastvortrag einladen will. Bisher war das ein riesiger Aufwand: Man musste einen Termin finden, die Anreise organisieren… Wenn man sie jetzt über das Webkonferenz-Programm „Zoom“ einfach für eine halbe Stunde in ein Seminar dazuschalten kann, ist das viel kommunikativer, flexibler und vermutlich auch unterhaltsamer. Man wird diskutieren müssen, ob die vielen Dienstreisen künftig noch nötig sind. Oder das Beispiel Sprechstunde. Ich halte meine Sprechstunde jetzt ganz klassisch per Telefon ab. Mich persönlich zwingt die Situation auf eine positive Art dazu, meine Lehrkonzepte zu überdenken und neue Dinge auszuprobieren.

Interview: Kerstin Schmeiser-Weiß (POW)

(1820/0482; E-Mail voraus)

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