Würzburg (POW) Lepra ist eine der ältesten, offensichtlichsten und bekanntesten Krankheiten. Und doch ist der Umgang seit jeher geprägt von Unsicherheit, Ausgrenzung und Entrechtung. Was einerseits erklärt, dass sich trotz funktionierender Antibiotika-Therapie noch heute in Indien mehr als 100.000 Personen jährlich anstecken – und dass sich andererseits auch im Würzburger Stadtgebiet der eine oder andere Hinweis auf Lepra findet, wie das Würzburger katholische Sonntagsblatt berichtet.
Lepra wird durch Bakterien übertragen und kann vor dem eigentlichen Ausbruch bis zu 30 Jahre im menschlichen Körper ruhen. Wird die Krankheit dann nicht schnellstmöglich behandelt, sterben oft die Nerven in der Haut, an Händen und Füßen ab: Betroffene spüren Verletzungen oder offene Wunden nicht mehr, Infektionen sickern ein, es kommt zu Verstümmelungen. Erwähnt wird Lepra bereits in alten chinesischen Überlieferungen oder auf ägyptischen Papyrusrollen. Schon Hildegard von Bingen hat Tinkturen gegen Lepra und andere Hautkrankheiten zubereitet. Aus den Evangelien bekannt ist die Geschichte der Heilung der Aussätzigen. Lukas berichtet vom dankbaren Samariter. Im alttestamentlichen Buch Levitikus finden sich ausführliche Passagen zum Umgang mit Gebrechen aller Art.
Beim Rundgang der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW ) entlang früherer Standorte sogenannter Würzburger „Siechenhäuser“ informiert Bildungsreferentin Saanika Amembal darüber, dass um 1090 am heutigen Peterplatz das erste nachweisbare Leprosorium im heutigen Bayern entstand. In solchen Einrichtungen wurden Leprakranke vom Rest der Bevölkerung isoliert, um eine Ausbreitung zu verhindern.
Noch heute zu erkennen ist das Ehehaltenhaus. Dort, nicht weit entfernt des Eingangs zur Stadt am Sandertor, stand etwa ab dem Jahr 1320 das zweite der insgesamt fünf Würzburger Siechenhäuser. Die Nikolauskapelle diente damals als eine Art Schleuse: Gotteshaus, Essensausgabe und Publikumsverkehr zur Hauptstraße hin, Krankenhaus und Friedhof nach hinten heraus.
Obwohl Leprakranke und andere „Aussätzige“ mit dem Auftreten ihrer Krankheiten verstoßen, enterbt und entrechtet waren, genossen sie einen besonderen Status: Sie erlebten in der Sicht der Zeitgenossen ein vorgezogenes Fegefeuer auf Erden, ihr Weg ins Paradies war geebnet. Die Kranken mussten sich auffällig kleiden und trugen Schellen, Glocken oder Ratschen mit sich. Man konnte ihnen einfach aus dem Weg gehen; oder ihnen Almosen geben und sie überzeugen, in ihre Fürbitten aufgenommen zu werden, um selbst dem Himmelreich einen Schritt näher zu kommen. Die biblischen Erzählungen hinzugenommen, erscheint es wenig verwunderlich, dass sich gerade die Kirchen um das Wohlergehen dieser Kranken sorgten. „Unter all den Ausgestoßenen waren sie noch am besten gestellt“, bilanziert Amembal.
Ein weiteres Zeugnis dieser Sichtweise ist eine prachtvolle Gedenktafel, die heute in Sankt Burkard im Mainviertel ausgestellt ist. Den „Leprosenstein“ stiftete eine Würzburger Patrizierfamilie im 14. Jahrhundert für die Kapelle des damaligen Siechenhauses Sankt Nikolaus, das vor dem Stadteingang am Zeller Tor lag. Dessen Nachfolgebau war für knapp zwei Jahrhunderte als letztes Würzburger Siechenhaus am Fuß des Würzburger Steins in Betrieb. 1852 musste es der neuen Bahnstrecke weichen. Dazu kam von 1245 bis 1364 das heutige Gut Wöllried in Rottendorf als weiteres Siechenhaus.
Die DAHW lädt am Welt-Lepra-Tag, 26. Januar 2025, ab 11 Uhr zu einem barrierearmen Spaziergang durch Würzburg ein. Beginn ist an der Adalbero-Kirche in der Sanderau, Ende nach gut zwei Stunden im Mainviertel. Anmeldung erwünscht per E-Mail an kommunikation@dahw.de. Eine Ausstellung zum Welt-Lepra-Tag ist im Caritas-Don Bosco-Berufsbildungswerk, Am Schottenanger 15, 97082 Würzburg, an den folgenden Tagen zu sehen: Mittwoch, 22. Januar, 13 bis 17 Uhr; Freitag, 24. Januar, 15 bis 18 Uhr; Sonntag, 26.1., 10 bis 17 Uhr; Dienstag, 28. Januar, und Donnerstag, 30.Januar, jeweils 15 bis 18 Uhr; Sonntag, 2. Februar, 11.30 bis 17 Uhr. Das DAHW-Team ist dann vor Ort.
seh (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)
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