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„Ursprung des Fastens liegt im Menschsein selbst“

Praxis des Fastens in vielen Weltreligionen bedeutend – Ursprünge in vorschriftlicher Zeit – Verzicht als Mittel zu verschiedenen Zwecken

Würzburg (POW) Im Christentum ist die bekannteste Fastenzeit die österliche Bußzeit. Verzicht, Gebet und die Sorge füreinander sind für gläubige Christen die entscheidenden Aspekte in den 40 Tagen vor Ostern. Innerhalb dieser Zeit sind Aschermittwoch und Karfreitag als strenge Fastentage zu betrachten. Zudem empfiehlt die katholische Kirche, an allen Freitagen im Jahr auf Fleisch zu verzichten – in Gedenken an die Kreuzigung Jesu und als Vorbereitung auf den Sonntag, an dem die Kirche den Tag der Auferstehung des Gottessohnes feiert. Natürlich betrifft Gläubige des Islams oder Judentums nicht die Auferstehung Jesu. Doch auch die Gläubigen dieser Religionen fasten – jeweils orientiert an den eigenen Kalendern.

Wie im gesamten Christentum gilt auch in der orthodoxen Kirche Ostern als das Hauptfest. „Orthodoxe Christen bereiten sich auf das Fest der Auferstehung des Herrn Jesus Christus mit dem 40-tägigen Fasten vor. Außerdem gibt es noch Fastentage vor Weihnachten und im Sommer“, sagt Vladimir Bayanov, Priester der Russisch-Orthodoxen Gemeinde in Würzburg. Das solle den Gläubigen helfen, sich Gott gegenüber mehr zu öffnen. „Beim Fasten kann man sich auf das Wesentliche im Leben besinnen und auf die wichtigsten Ereignisse des Jahres vorbereiten.“ Ein bestimmtes Maß an Enthaltsamkeit, begleitet von Gebet, tue der Seele gut. Da sich orthodoxe Christen am Julianischen Kalender orientieren, fällt das Osterdatum nicht immer auf dasjenige der Westkirche.

Im Islam ist Fasten die vierte von fünf Säulen. Der Fastenmonat Ramadan findet immer im neunten Monat des islamischen Mondkalenders statt. „Gläubige Muslime dürfen im Ramadan fasten, mehr beten und für wohltätige Zwecke spenden“, erklärt Zahir Durakovic, Imam im Islamisch-Bosnischen Kulturzentrum in Würzburg. Essen und Trinken ist von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang komplett untersagt. „Schwangere oder Alte sind vom Fasten ausgenommen“, sagt Durakovic. „Letztlich soll das Fasten Werte wie Hilfsbereitschaft in den Vordergrund bringen sowie die Beziehung zu Gott verbessern. Ramadan ist dafür da, sich von den weltlichen Dingen zu distanzieren und sich Gott anzunähern.“ Durakovic betont, dass jeder gläubige Muslim für sich selbst entscheiden muss, ob und wie er fastet. „Glaube ist eine freiwillige Sache. Gott und die Gemeinde können und wollen niemanden zwingen.“ Am Ende des Ramadan steht das Fest „Eid al-fitr“, das Fastenbrechen.

Beziehungsgestaltung sei die grundlegende Gemeinsamkeit des Fastens fast aller Religionen, sagt Professor Dr. Chibueze Udeani, Inhaber der Professur für Missionswissenschaft und Dialog der Religionen an der Universität Würzburg. „In manchen steht die Beziehung zwischen Mensch und Gott, in anderen die Beziehung zwischen den Menschen im Vordergrund.“ Aspekte von Gemeinsamkeit, von einem „Wir-Erlebnis“ spielten oft eine Rolle. „Fasten ist nie ein Selbstzweck, es geht immer um ein ‚Fasten, damit…‘“, sagt Udeani.

Höhepunkt der am jüdischen Neujahrstag Rosch Haschana beginnenden zehn Bußtage ist der Versöhnungstag Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag. An diesem Tag fasten gläubige Juden eine ganze Nacht und den ganzen darauffolgenden Tag, „bis Sterne zu sehen sind“, schreibt der Zentralrat der Juden. Weder Essen noch Trinken ist erlaubt – jedoch nie mehr als 25 Stunden am Stück, denn die Gesundheit gehe vor. Außer Jom Kippur hat das Judentum fünf weitere Fastenzeiten. „Alle richten sich nach dem jüdischen Kalender und variieren damit ein wenig im gregorianischen“, erklärt der Zentralrat der Juden. Fasten solle dem Zweck dienen, seine Sünden zu erkennen, zu bereuen und umzukehren auf den „rechten Weg“.

Ob der Mensch beim Fasten seine an Transzendenz orientierte Gottesbeziehung verbessern möchte, seine Beziehung zu einer Gemeinschaft oder einfach seine Gesundheit im Blick hat – der Mensch sei immer auf der Suche nach Balance. „Der Ursprung des Fastens liegt im Menschsein selbst“, erläutert Missionswissenschaftler Udeani. Letztlich habe jede Religion ihre eigene Binnenlogik. Die jeweiligen Fastenzeiten richteten sich nach bestimmten religionsgeschichtlichen Ereignissen. Doch Gott brauche nicht, dass der Mensch faste, sagt Udeani: „Es geht um uns und unser unmittelbares Wohlbefinden.“

ch (POW)

(0918/0211; E-Mail voraus)

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