Würzburg (POW) Mit einem ökumenischen Gedenken sowie einem Gebet um Solidarität und Zusammenhalt haben das katholische und das evangelische Dekanat Würzburg am Sonntagnachmittag, 25. Juni, in der Würzburger Marienkapelle an die Opfer der Gewalttat am Barbarossaplatz erinnert. Vor genau zwei Jahren hatte ein mit einem Messer bewaffneter Mann drei Frauen getötet, zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt und schwer traumatisiert. Domkapitular Dekan Stefan Gessner begrüßte die zahlreichen Menschen zum „Gebet für Frieden, Solidarität und Zusammenhalt“. Er lud dazu ein, im Stillen für die Opfer, ihre Angehörigen sowie jene, die versuchten, dieses Verbrechen zu verhindern, zu beten. An der rund halbstündigen Feier nahmen unter anderem auch Bürgermeister Martin Heilig, der am Vormittag einen Kranz an der Gedenkstele am Barbarossaplatz niedergelegt hatte, und Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran teil.
Der Gottesdienst begann mit einem fünfminütigen Gedenken, zu dem die Glocken der Marienkapelle läuteten. Direkt vor der Marienkapelle demonstrierte zur gleichen Zeit eine große Menschenmenge gegen die angekündigte Kundgebung der AfD Unterfranken und des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke. Immer wieder übertönten Pfiffe, „Nazis raus!“-Sprechchöre und Polizeisirenen die Glocken. „Gott stärke den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Er weite unseren Blick für die, die uns in diesem Moment brauchen“, leitete Gessner zum Gebet über.
Dieser Tag sei für viele Menschen in Würzburg ein Tag großer Trauer, sagte Pfarrerin Angelika Wagner von der Gemeinschaft Sant’Egidio in ihrer Ansprache. „Für jene, die einen lieben Menschen verloren haben. Für jene, die Schlimmes gesehen und erlebt haben und in ihren Träumen noch immer davon verfolgt werden. Wir können diese Trauer nicht nehmen, wir wollen und werden aber auch nicht zulassen, dass die Trauer missbraucht wird für Propaganda, für die Errichtung neuer Gräben und für faschistische Hassreden.“ Mit den Worten des Versöhnungsgebets des Nagelkreuzes „Vater, vergib“ bat sie Gott um Vergebung für den psychisch kranken Täter, aber auch „für uns, wo wir schuldig wurden, weil wir einander allein gelassen, weil wir geschwiegen haben“.
In den Seligpreisungen aus der Bergpredigt wende sich Jesus an die vielen Menschen, die auf das Reich Gottes warten – die Armen, die Trauernden, die Sanftmütigen, die Hungrigen und Durstigen, die Barmherzigen, die Friedensstifter, die Verfolgten und Geschmähten. „Täglich fragen uns die Seligpreisungen an, täglich sollen wir uns an ihnen ausrichten“, sagte Wagner. Papst Franziskus habe sie den „Personalausweis der Christen“ genannt, der jeden und jede ganz persönlich betreffe. Deshalb könne man nicht schweigen, wenn Menschen Feindseligkeit beschwörten oder Flüchtlingen die Türe verschließen wollten, erklärte die Pfarrerin. „Wir erinnern uns an die fatalen Folgen der Trennungen zwischen Juden, Christen, Muslimen, Anders- und Ungläubigen. Wir sagen Nein zu neuen Gräben und sind stolz darauf, dass unsere Stadt mitten in ihr Herz ein Denkmal an die Deportation der Juden gesetzt hat. Wir sind dankbar, dass ein starkes Bündnis der Zivilgesellschaft zusammensteht, und für die vielen, die sich für Toleranz und das Zusammenleben engagieren.“ Sie schloss mit der Bitte: „Gott des Friedens, schenke Trost und Versöhnung. Lass uns inmitten unserer Stadt zu Menschen der Seligpreisungen werden, in der Nachfolge des erniedrigten Jesus, der alle Mauern und jeden Hass überwand.“
sti (POW)
(2623/0712; E-Mail voraus)
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