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„Verharren ist keine Option“

Bischof Dr. Franz Jung besucht Center for Applied Energy Research im Würzburger Stadtteil Campus Hubland Nord – Einblicke in ein „lebendes“ Forschungszentrum

Würzburg (POW) Die Fassaden sind dank Vakuumisolation schlank und hocheffizient, in den Außenwänden sind Solarpaneele integriert, und auf dem Gelände zeigen „Klimahäuser“, was Fassaden- und Dachbegrünung zu leisten imstande sind: Das Center for Applied Energy Research (CAE) im Würzburger Stadtteil Hubland ist ein „lebendes“ Forschungszentrum. Hier wird nach Techniken für energieeffizientes und klimagerechtes Bauen nicht nur geforscht, sie werden auch vor Ort praxisnah erprobt. Bei seinem Besuch am Donnerstag, 14. März, bekam Bischof Dr. Franz Jung einen Einblick in die innovativen Möglichkeiten, Gebäude und ganze Quartiere energetisch zu verbessern. Vorstandsvorsitzender Dr. Hans-Peter Ebert, wissenschaftlicher Leiter Professor Dr. Jürgen Hartmann, Professor Dr.-Ing. Fabian Scheller, Leiter der Arbeitsgruppe „Energiesystemmanagement und Technologieintegration“ sowie Dr. Bastian Büttner, stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe „Klimaneutrale Gebäude und Quartiere“, führten den Gast durch das Forschungszentrum. Zur Delegation des Bischofs gehörten unter anderem Domkapitular Albin Krämer, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, Studentenpfarrer Burkhard Hose, von der Betriebsseelsorge Klaus Köhler und Diakon Peter Hartlaub, Umweltreferent Christoph Gawronski sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Referats Bau.

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„Wir haben einen riesigen Immobilienbestand“, sagte Bischof Jung. Die Mitarbeiter des Referats Bau nannten die Zahl von insgesamt rund 4900 Gebäuden. „Unser großes Problem sind die vielen denkmalgeschützten Gebäude. Wie bekommen wir unsere wunderbaren Barockkirchen instand gesetzt?“, erläuterte der Bischof. Man habe alle Pfarreien gebeten, ihren Immobilienbestand aufzunehmen, und die Gebäude in fünf Kategorien klassifiziert. Im Rahmen dieser Immobilienkategorisierung werde auch über neue Energiekonzepte nachgedacht. „Für uns ist es wichtig, Inspirationen zu bekommen, was möglich ist. Wie kann man Immobilien im Bestand ertüchtigen? Wie können die Kirchenverwaltungen Energiekosten sparen?“

Energieeffizientes und klimagerechtes Bauen ist ein Spezialgebiet des CAE. Wie dringend die Lage ist, machte Vorstandsvorsitzender Ebert anhand von Prognosen deutlich. So werde in Bayern die Zahl der Hitzetage mit mehr als 30 Grad Celsius ansteigen. „Man rechnet in den nächsten Jahren mit einer Verdoppelung.“ Darunter würden vor allem sehr junge und sehr alte sowie kranke Menschen leiden. Gerade die Stadt Würzburg sei ein „Hotspot“, bedingt durch ihre Kessellage. Für die Umstellung auf ein nachhaltiges und möglichst CO2-freies Energiesystem blieben nur noch wenige Jahrzehnte, mahnte Ebert. „Hier unterstützen wir mit unserer Expertise, von den Studien bis zur Umsetzung.“ Dafür gibt es am CAE fünf Arbeitsgruppen: „Advanced Thermal Management“, „Energiesystemmanagement und Technologieintegration“, „Klimaneutrale Gebäude und Quartiere“, „Smarte Funktionale Materialien“ und „Sensorik für die Energie- und Wasserstofftechnik“.

Einen Einblick in die Forschungsarbeit erhielt Bischof Jung bei einem Rundgang – beginnend mit der Außenwand in seinem Rücken. Diese sei mit Vakuumisolierung ultradünn, dämme aber so gut, dass trotzdem Passivstandard erreicht werde, erfuhr er. Im Inneren des Gebäudes lenkte Ebert den Blick nach oben auf das lichtdurchlässige Membrandach, das die darunterliegenden Räume durch eine Deckenverglasung mit Tageslicht versorgt. Im Dachraum bilde sich eine „Klimapufferzone“, die Wärmeverluste im Winter verringere. In den anderen Jahreszeiten erfolge automatisch – auch auf der Basis einer Wettervorhersage geregelt – eine Durchlüftung, um Wärmestaus zu vermeiden.

In einem der Labors erläuterte Ebert, wie die Wärmeleitfähigkeit von Wärmedämmstoffen bestimmt wird. Im „Technikum“ wiederum werden Messanlagen zur Untersuchung der Leistungsfähigkeit von Dichtungsmaterialien für Wasserstoff-Komponenten, etwa Speicher oder Pipelines, entwickelt. Ein diskusförmiges Behältnis, so groß wie eine Hand, entpuppte sich als verkapseltes Hochleistungsspeichermaterial. Diese Elemente würden in größeren Mengen einem Wärmespeicher dazugegeben – der damit „dreimal kleiner als üblich“ gebaut werden könne, wie Ebert erklärte. Ein Höhepunkt der Führung war die Ansicht eines Vakuumisolierglases, das nur aus zwei Scheiben besteht. Die schlanke Verglasung sei gerade mal neun Millimeter dick, erreiche aber die Dämmwerte einer Dreifachverglasung – ein gutes Beispiel für energie- und ressourceneffizientes Bauen.

An den „Klimahäusern“ auf dem Außengelände begutachtete Bischof Jung unterschiedliche Fassadenbegrünungen und erfuhr, wie Pflanzen das Stadt- und Raumklima positiv beeinflussen können. Auf dem Weg zurück ins Gebäude lenkte Ebert den Blick auf die schwarzen Solarpaneele, die in die Außenwand integriert sind. Jedes Land mit ein bisschen Sonne werde künftig auf Photovoltaik setzen, prognostizierte Scheller. Der Rundgang endete in der öffentlich zugänglichen Ausstellung „Klima-Umwelt-Energie“. Es sei wichtig, gerade Jugendliche für die Themen Energie und Nachhaltigkeit zu begeistern, sagte Ebert. Ein Schaukasten zeigt beispielsweise anhand unterschiedlich großer, farbiger Würfel, wie viel Energie die Weltbevölkerung jährlich benötigt und wie groß die Energiereserven an Kohle, Gas, Öl oder Uran sind. Wenn etwa weltweit allein auf Kernkraft gesetzt würde, reiche das Uran nur rund 20 Jahre, rechnete Büttner vor: „Danach gibt es kein wirtschaftlich sinnvoll zugängliches Uran mehr.“ Auch mit Blick auf die Entsorgung der radioaktiven Abfälle sei Kernenergie „keine Option mehr“, fügte Ebert hinzu. Schier unbegrenzt sei dagegen Sonnenenergie verfügbar. „Wir haben kein Ressourcenproblem. Wir haben ein Problem, die vorhandene Energie zu nutzen“, brachte es Hartmann auf den Punkt.

Als Beispiel für ihre Arbeit stellten die Forscher noch das Quartierskonzept für das Areal der Erlöserschwestern in Würzburg vor. „Die Erlöserschwestern wollen bis 2037 klimaneutral sein. Wir haben unter Berücksichtigung der Vorgaben des Denkmalschutzes Lösungen erarbeitet, wie man das optimal und wirtschaftlich umsetzen kann“, sagte Ebert. Stichworte waren unter anderem die Versorgung mit regenerativem Strom, Begrünung statt Versiegelung, ein nachhaltiges Mobilitätskonzept sowie Umnutzung der Gebäude. So wurden im vergangenen Jahr 20.000 rote Solarziegel auf dem Klosterdach montiert – mit Einwilligung des Denkmalschutzamtes. Im ersten Bauabschnitt bereits in die Praxis umgesetzt worden seien die Innendämmung der Gebäude und die urbane Nachverdichtung durch den Ausbau der Dachgeschosse mit Einsatz von Heiz- und Kühldecken.

„Wir müssen alle zusammenarbeiten und den Menschen die Angst vor dem Neuen und der Zukunft nehmen“, appellierte Ebert an die Gäste. Viele Technologien seien bereits entwickelt. Doch die Industrie gehe die Entwicklung nur dann an, wenn es sich auch wirtschaftlich lohne. „Wir müssen uns unserer Verantwortung stellen“, schloss Ebert. „Schon die Energiekosten zwingen uns dazu.“ Ein ganzes Areal zu entwickeln sei eine Herausforderung, „aber der Mühe wert“, konstatierte Bischof Jung. „Verharren ist keine Option. Ich danke Ihnen für den Blick in das Zukunftslabor.“ Zum Abschluss seines Besuchs unterschrieb er auf der roten „Wall of Fame“: „Be the change you want to see! Herzlichen Dank für die instruktive Führung durchs CAE!“

Center for Applied Energy Research (CAE)

Das Center for Applied Energy Research e. V. (CAE) zielt mit seinen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten darauf ab, Ideen in Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen und weiteren Forschungspartnern in die Praxis zu überführen und so einen möglichst großen Beitrag für ein nachhaltiges, CO2-emissionsfreies und wirtschaftliches Energiesystem zu leisten. Das CAE bildet dabei eine Brückenfunktion zwischen grundlagenorientierter Forschung und marktnaher Entwicklung. Das Institut ist Mitglied im ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) und der ZUSE-Gemeinschaft.

Das CAE leistet mit seinen Arbeitsgruppen „Klimaneutrale Gebäude und Quartiere“, „Smarte Funktionale Materialien“, „Advanced Thermal Management“, „Sensorik für die Energie- und Wasserstofftechnik“ und „Energiesystemmanagement und Technologieintegration“ notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Industrie und setzt neue Innovationsimpulse. In einem eigenen Innovation Hub werden die Zukunftsthemen „Wasserstofftechnologie“ und „Digitalisierung in der Energietechnik“ gesondert unterstützt und Synergieeffekte erzielt. Im CAE-eigenen „Guided Makerspace“ erhalten junge Unternehmen schnellen und unbürokratischen Zugang zu wissenschaftlichen Maschinen und Versuchsständen sowie zu Experten der CAE-Kernkompetenzfelder. Mehr Informationen unter www.cae-zerocarbon.de.

sti (POW)

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