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Diözesanempfang 2025

Vertrauen und der Verzicht auf Kontrolle

Diözesanempfang mit Philosoph Professor Dr. Martin Hartmann als Festredner – Vortrag zum Thema „Zur Krise des Vertrauens“ – Rund 1200 Gäste aus Politik, Kirche, Caritas und Gesellschaft

Würzburg (POW) Vertrauen ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Doch aktuell ist vor allem von einer „Vertrauenskrise“ die Rede. Eine vielschichtige und teilweise überraschende Sicht auf die Bedeutung von Vertrauen gab Professor Dr. Martin Hartmann, Rektor der Hochschule in Luzern, beim Diözesanempfang am Montagabend, 20. Januar, in der Universität am Würzburger Hubland. In seinem Vortrag „Zur Krise des Vertrauens. Eine Gesellschaftsdiagnose aus aktuellem Anlass“ legte er unter anderem dar, warum Misstrauen eine wichtige Rolle spielt und wie das Streben nach größtmöglicher Sicherheit Vertrauen zerstören kann. Rund 1200 Gäste waren beim Empfang dabei. Rund 150 Menschen verfolgten die Veranstaltung live auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg, zudem wurde sie auf dem Kabelkanal von TV Mainfranken übertragen.

Professor Hartmann: Vertrauen braucht Raum und die Bereitschaft zur Verletzlichkeit

Ob man eine Beziehung eingeht oder mit Kollegen an einem Projekt arbeitet, sich impfen lässt oder zur Wahl geht: „Fast alles, was wir in dieser Welt tun, ist ein Zeichen von Vertrauen“, sagte Hartmann. Es werde viel über eine Vertrauenskrise geredet, und Umfragen bestätigten, dass in vielen demokratischen Ländern das Vertrauen gesunken sei. Populismus, Fake News und Hate Speech würden als Zeichen für ein wachsendes Misstrauen gesehen. „Wenn Vertrauen in eine Krise gerät, dann haben wir natürlich ein Problem.“ Dabei sei Misstrauen an sich nichts Schlechtes, wie der Referent am Beispiel der Politik darlegte. „Wir vertrauen Repräsentanten Macht an, und da sollte man hinschauen. Misstrauen, Rückfragen oder Kritik gehören zu einer Demokratie dazu. Es ist völlig legitim, dass man schaut, wie Steuergelder verwendet werden.“ Zugleich habe sich die Gesellschaft jedoch Verhaltensweise angeeignet, die „enorm schwierig für die Vertrauensbildung“ seien. Dazu gehöre etwa die Intoleranz gegenüber Fehlern. Gerade die Wissenschaft, die von „Versuch und Irrtum“ lebe und aus Fehlern lerne, dürfe keine Fehler machen.

„Wir sind eine Gesellschaft, die nicht einfach nur glaubt: Da ist niemand mehr, dem man vertrauen kann. Sondern wir wollen auch nicht mehr vertrauen. Wir wollen Vertrauen schaffen und zerstören es“, fuhr Hartmann fort. Er sprach vom sogenannten Sicherheitsparadox: „Je sicherer die Gesellschaft ist, desto ängstlicher werden wir.“ Er selbst habe als Kind noch unbeobachtet auf der Straße gespielt. „Die neuen Spielplätze sind so wahnsinnig sicher, das macht gar keinen Spaß mehr.“ Es werde nicht mehr darauf vertraut, dass die Kinder irgendwie klarkommen. Auch beim Online-Dating gehe es um maximale Absicherung noch vor der ersten Begegnung. Vertrauen werde „institutionalisiert“, etwa durch immer mehr Controlling und Rechenschaftsberichte. Der Wunsch nach Vertrauen führe so weit, dass manche sich auf das Vertraute zurückziehen „und nur noch das glauben, was sie glauben wollen“, sagte der Referent. Es werde nur noch denen geglaubt, die „so sind wie wir oder so denken wie wir“. Die Bereitschaft, sich anderen Perspektiven und Meinungen zu öffnen, gehe zurück. Doch Vertrauen habe „etwas mit akzeptierter Verletzlichkeit zu tun“. Wer vertraue, verzichte auf Kontrolle. Hartmann plädierte für „Erfahrungsräume, in denen nicht alles kontrolliert wird“ und wo Menschen sich begegnen und Vertrauen aufbauen könnten, „selbst über Differenzen hinweg“.

Bischof Jung: „Wenn Vertrauen zum Thema wird, ist es eigentlich schon zu spät“

Bischof Dr. Franz Jung zeigte sich erfreut, dass an dem Empfang so viele Personen teilnahmen, „die sich redlich mühen, ihren Beitrag zum Aufbau einer Kultur des vertrauensvollen Miteinander zu leisten“. Sie stellten sich damit aktiv gegen gesellschaftliche Tendenzen des systematischen Untergrabens von Wahrheitsfindung durch das Präsentieren alternativer Fakten. „Was aber tun, wenn eine ganze Administration von Anfang an bemüht ist, das Vertrauen in Institutionen und Personen zu erschüttern, die von Amts wegen mit der Wahrheitsfindung betraut sind – die Universitäten, die Gerichte und Medien?“ Überhaupt sei es eigentlich immer schon zu spät, wenn Vertrauen zum Thema werde, erklärte der Bischof in seiner Begrüßung. Das sei zuletzt am 16. Dezember vergangenen Jahres deutlich geworden, als Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellte. „Vertrauen kann innerhalb kürzester Zeit verspielt werden. Es wieder zu gewinnen, dauert lange.“ Dafür brauche es vor allem Personen, denen die Menschen Vertrauen schenken. „Der Missbrauchsskandal hat das Vertrauen in die Institution Kirche tief erschüttert. Und wir spüren, welch enormer Anstrengung es bedarf, um sich das Vertrauen der Menschen wieder zu verdienen.“

ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp: „Wir wollen allen Menschen eine Stimme geben“

Dr. Irme-Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), nahm in ihrem Grußwort Bezug auf das Motto des 104. Deutschen Katholikentags in Würzburg 2026: „Hab Mut, steh auf!“ „Ohne Vertrauen hat es der Mut schwer“, sagte sie. Wo Vertrauen wachse, könnten Menschen ermutigt werden, aufzustehen und sich für eine gerechtere, friedlichere Welt einzusetzen. Diese Botschaft solle auch vom Katholikentag in Würzburg ausgehen. „Wir wollen allen Menschen eine Stimme geben und sie auffordern, sich vertrauensvoll und mutig für das Gemeinwohl einzusetzen.“ Zugleich warb sie um – auch ehrenamtliche – Unterstützung für den Katholikentag 2026: „Lassen Sie uns gemeinsam diese Chance nutzen und unterstützen sie bitte das starke Projekt 104. Deutscher Katholikentag 2026.“

Organisiert wurde der Diözesanempfang von der Domschule Würzburg und dem Caritasverband für die Diözese Würzburg. Begeisterten Applaus gab es für das Duo „Marimpiano“ mit Helmut Kandert und Alexander Jacobi, das den Abend mit Werken von David Plüss, Johann Sebastian Bach, Evelyn Glennie sowie einer afrikanischen Trommelimpression auf der Djembe zum Mitklatschen gestaltete.

Interessierte können den Diözesanempfang auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg ansehen.

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