Wolfgang Jung beschreibt in seinem Artikel – teils auf drastische Weise – die konfessionellen Spannungen der 1950er Jahre. Ein aktuell gegebener Anlass, 57 Jahre nach den Ochsenfurter Ereignissen an diese damals explosive Mischung erneut zu erinnern, ist aus heutiger Sicht nicht zu erkennen und für ökumenisch gesinnte Christen auch nicht nachvollziehbar. Zum einen sind die historischen Ereignisse von Fachleuten häufig genug aufgearbeitet, zum anderen ist die ökumenische Situation – selbst nach Dominus Jesus (2000) – eine völlig andere.
Das Zweite Vatikanische Konzil, zu dessen reformerischen Moderatoren Kardinal Julius Döpfner gehörte, hat mit seiner Kirchenkonstitution und dem Ökumenismusdekret einen wirklich ökumenischen Weg eingeschlagen, der inzwischen zahlreiche Dialoge und Ergebnisse zwischen Kirchen unterschiedlicher Konfessionen bewirkt hat. Auch die Würzburger Synode, die unter Kardinal Döpfners Federführung stand, hielt in ihrem Ökumene-Beschluss genau an dieser Linie des Konzils fest. Seither ist der ökumenische Weg der katholischen Kirche „unumkehrbar“ (Papst Johannes Paul II.); er wird im kirchlichen Kontext auch nirgends in Frage gestellt. Erreichtes, wie die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (1999) auf internationaler Ebene, die Ökumenischen Kirchentage oder auch die häufigen Kontaktgespräche zwischen den Kirchenleitungen auf Bundesebene, zeigen ein ganz anderes ökumenisches Bild als Wolfgang Jungs Artikel. Der partnerschaftliche Umgang gehört inzwischen allerorten zum ökumenischen Selbstverständnis zwischen christlichen Gemeinden. Die Diözese Würzburg will mit ihrer im vergangenen Herbst erschienenen Handreichung zur „Ökumene in den Gemeinden“ gerade dieses geschwisterliche Zueinander fördern. Man darf also aus heutiger Sicht all diese Schritte nicht ignorieren und so bewusst (?) übersehen wollen, was da in relativ kurzer Zeit seit den späten 1960er und frühen 1970er Jahren an Begegnung und Versöhnung erreicht worden ist. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, hat es bei der Abschlussfeier des 2. Ökumenischen Kirchentags im Mai dieses Jahres auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Die Ökumene ist wetterfest!“ Und das bezog er nicht auf das Münchner Regenwetter, sondern auf die ökumenische Wetterlage.
(4610/1418; E-Mail voraus an Main-Post)