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„Voller guter Hoffnung“ sein

Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner gegen das Jammern in der Kirche – Solidarität und Spiritualität große Herausforderungen – Studientag der Universität Würzburg zum 40. Jubiläum der Pastoralkonstitution des Konzils

Würzburg (POW) Für eine Kirche „voller guter Hoffnung“ hat sich der Wiener Pastoraltheologe Professor Dr. Paul Michael Zulehner ausgesprochen. „Wir müssen aufhören, zu jammern und stets im ‚Nur noch‘ zu denken“, sagte er beim Studientag der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg am Donnerstag, 10. November. Die ganztägige Veranstaltung unter dem Motto „Blick zurück nach vorn“ fand anlässlich des 40. Geburtstags der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils statt.

„Kirche – wohin?“, fragte Zulehner in seinem Vortrag in der Neubaukirche. Solidarität und Spiritualität seien die großen Hausforderungen der kommenden Jahre. Hinter der Chiffre Solidarität steckten Fragen nach der Gerechtigkeit und dem Frieden. Die aktuellen Unruhen in Frankreich zeigten, wie Unfrieden aus Ungerechtigkeit wachse. „Selbst in reichen Gesellschaften kann morgen jeder von uns überflüssig werden. Wohin mit ihm?“, zitierte Zulehner Hans Magnus Enzensberger. Heute gelte der Mensch als überflüssig, wenn er nicht arbeite, nicht kaufe, nicht erlebe, nichts wisse und die falschen Gene habe. Konkret seien damit die Sterbenden, die Pflegebedürftigen, die Langzeitarbeitslosen und die Kinder sowie ganze Kontinente gemeint. Zwar sei der Wunsch groß, solidarisch zu sein, doch ersticke er auf dem Weg zur Tat. „Angst entsolidarisiert“, sagte der Pastoraltheologe. Nur die Hoffnung auf Auferstehung könne vor einem Lebensstil der krampfhaften Selbstversessenheit befreien und die Angst vor dem Tod heilen.

Deutlich machte der Wiener Pastoraltheologe, dass viele Zeitgenossen maximales Glück in minimaler Zeit erreichen wollten – nach dem Motto: „Wir wollen alles, aber sofort!“ Die 90 Jahre auf der Erde sähen vielen Menschen als letzte Gelegenheit. Sie suchten den Himmel auf Erden. „Solches Leben wird immer schneller. Es überfordert und entsolidarisiert.“ Nötig sei eine Respiritualisierung, deren Herzstück die Suche nach der Heilung des beschädigten modernen Menschen sei.

Angesichts dieser Herausforderungen gehörten zur Erneuerung der Kirchen, dass sie „hinschauen statt wegschauen, eintreten statt auftreten und mitleiden statt nur Mitleid zeigen“. Spirituelle Orte, spirituelle Personen und spirituelle Vorgänge seien wichtig. Das Kerngeschäft der Kirchen umschrieb Zulehner mit den Schlagworten Mystik und Politik, Kampf und Kontemplation, Gottes- und Nächstenliebe. Es gelte, in Gott einzutauchen und bei den Armen aufzutauchen – und umgekehrt. Doch seien die Kirchen mit der Erneuerung so behindert, weil sie die Strukturen und die Finanzsituation diskutierten, während die Menschen Gott suchten. Der Erfurter Bischof Dr. Joachim Wanke habe dies mit den Worten umschrieben: „Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt etwas. Es ist nicht das Geld. Es sind auch nicht die Gläubigen. Unserer katholischen Kirche in Deutschland fehlt die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können. Das ist ihr derzeit schwerster Mangel.“

Die „reaktive Antwort“ der Kirche auf die heutigen Herausforderungen nannte Zulehner eine „Altbausanierung“. Dabei gehe es um die Errichtung pastoraler Großreviere, bei der die Seelsorge verliere und Priester- und Laienberufe beschädigt würden. Eine „kreative Antwort“ sei der Umbau der Kirche. Notwendig seien eine missionarische Grundstimmung und gastfreundlich-gewinnende Menschen und Gemeinschaften: Zeugen – nicht nur Mitglieder. Die Frage sei zu stellen, welcher pastorale Vorgang welchen Raum brauche. „Wir brauchen pastorale Projekte, nicht pastorale Büros!“, sagte Zulehner. Weiter forderte er eine Qualitätssicherung der pastoralen Berufe und ein Nachdenken über ökonomische Alternativen. „Wäre es ein Wunder, wenn morgen wieder Leben in unsere Kirche kommt?“, fragte er. Es gelte, guter Hoffnung zu sein und gegen das gottlose Misstrauen anzukämpfen: „Wenn Gott das Haus nicht baut, ... saniert uns McKinsey vergeblich.“

Rückblickend auf das Zweite Vatikanische Konzil sagte der Pastoraltheologe, Gott habe der Kirche durch das Konzil alles gegeben, was sie zur Bewältigung der heutigen Krise brauche. Die Kirche habe sich mit dem Konzil in der modernen Welt neu positioniert. Angesichts des heutigen Priestermangels, der finanziellen Krise und des Christen- und Gemeindemangels fragten manche aus einer engeren Perspektive heraus, ob nicht mit dem Konzil die Kirche weltlicher geworden sei, anstatt die Welt christlicher. Zulehner hielt dem entgegen, das Konzil habe das Ende der Konstantinischen Kirchenära bedeutet. Christsein sei seit dem Konzil nicht mehr Schicksal, sondern persönliche Entscheidung.

In verschiedenen Workshops und bei einer Podiumsdiskussion vertieften die Teilnehmer des Studientags die Pastoralkonstitution des Konzils. Professor Dr. Erich Garhammer vom Lehrstuhl für Pastoraltheologie betonte, „Gaudium et spes“ fordere auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sie im Licht des Evangeliums für die jeweilige Generation auszulegen.

bs (POW)

(4605/1508; E-Mail voraus)

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