Würzburg (POW) „Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Art, Kirche zu sein.“ Das hat Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalgottesdienst zum Abschluss der Kiliani-Wallfahrtswoche 2020 betont. Nahezu 300 Gläubige feierten die Messe am Sonntagvormittag, 12. Juli, im Würzburger Kiliansdom mit. An der Seite von Bischof Jung zelebrierten Domdekan Dr. Jürgen Vorndran und Generalvikar Thomas Keßler. Die Feier wurde im Fernsehprogramm von TV Mainfranken sowie auf dem YouTube-Kanal des Bistums live übertragen. Bischof Jung dankte allen, die trotz der Einschränkungen die Kiliani-Wallfahrtswoche im Gebet und in den Gottesdiensten begleitet haben. Sein besonderer Dank galt der Dommusik. Aufgrund der aktuellen Corona-Schutzauflagen musste das traditionelle Fest der Familien rund um den Dom in diesem Jahr ausfallen.
In seiner Predigt nahm der Bischof Bezug auf die Lesung aus dem Buch Numeri, in der das Volk auf seinem Weg durch die Wüste an die Grenzen des gelobten Landes kommt. Daraufhin schickt Moses zwölf Männer als Kundschafter aus, um das neue Land in Augenschein zu nehmen. „Wir sind gerade dabei, in unserem Bistum die neuen Pastoralen Räume zu erkunden, gewissermaßen das Land auszukundschaften und die Räume unseres seelsorglichen Tuns neu zu vermessen“, verglich Bischof Jung. Doch nicht nur die Kirche in Würzburg, weltweit stehe die Kirche vor einer ähnlichen Situation wie diese Kundschafter. Papst Franziskus betone immer wieder, dass „wir nicht in einer Epoche des Wandels leben, sondern in einem Wandel der Epoche. Wir haben es nicht mit einzelnen kleinen Veränderungen zu tun, sondern die ganze Situation, in der wir als Kirche leben, hat sich komplett geändert.“ Deshalb stehe auch die Kirche nun an einer Schwelle, erklärte Bischof Jung. Einer Schwelle, an der eine Verheißung ergehe, eine Einladung, sich etwas Neues zuzumuten.
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Der Auftrag an die Kundschafter laute, den Mut zu haben, genau hinzuschauen, und das mit einem positiven, wertschätzenden Blick auf die Menschen, auf die sie treffen: Wie ist dieses Volk? Ist es gut oder böse? Wie ist seine moralische Qualität? Sind seine Städte verschlossen oder offen? Sind die Menschen offen für Neues oder sind sie nicht leicht einzunehmen für den Glauben? „Wir haben in den vergangenen Jahren gemerkt, dass es sich sehr lohnt, genau hinzuschauen, und dass wir noch viel lernen können, wenn wir einmal außerhalb unserer engen Grenzen gucken, wie es in der heutigen Welt so geht“, fuhr der Bischof fort. Dazu gehöre auch der Umgang mit Fehlern und Konflikten, mit dem Geld, das einem anvertraut wird, dazu gehöre, Probleme offen auf den Tisch zu legen. „Wir haben von der Corona-Zeit gelernt, dass man von der Welt vieles abschauen kann“, sagte Bischof Jung. Als Beispiel nannte er das Thema Digitalisierung und Soziale Medien. „Wie viele Menschen haben wir erreichen können, weil wir Neues ausprobiert und gewagt haben, unseren Fuß gewissermaßen auf Neuland gesetzt haben. Gefragt ist Lernbereitschaft und ein kritischer Blick, der schaut, wo man gut anknüpfen kann, ohne sich einfach anpassen zu wollen.“
In der Lesung kämen die Kundschafter mit einer riesigen Traube zurück, die zwei Männer an einer Stange tragen müssen, und der Botschaft: Es sei wirklich das Land, in dem Milch und Honig fließen. „Das einzige, was stört, sind die Bewohner. Die sind nämlich nicht so einfach zu gewinnen, und man muss sich mit ihnen auseinandersetzen.“ Die Kundschafter verbreiten das Gerücht, dass das Land seine Bewohner auffresse. Dass die Bewohner Riesen seien und sie selbst sich wie kleine Heuschrecken gefühlt hätten. „Auf der einen Seite die Verheißung im Blick, auf der anderen Seite die Angst, das Alte hinter sich zu lassen. Immer ist es die Angst, die Probleme viel größer macht und zugleich das Selbstvertrauen schrumpfen lässt“, erläuterte der Bischof. Es seien immer die Schwellenmomente im Leben, in denen man sich fragen müsse, was man wirklich habe an Glaube, Hoffnung und Liebe. „Ob wir uns trauen, diesen Schritt in eine unbekannte Zukunft zu tun, mit all den Verheißungen, aber auch mit all den Konflikten, die damit verbunden sind. Man muss es aber trotzdem wagen, wenn man gewinnen will.“ Auch der heilige Benedikt sage in seiner Regel, dass der Weg am Ende immer steinig und eng sei. „Aber am Ende wird das Herz weit und freut sich, wenn es vertraut und geglaubt hat und sich führen ließ.“
So ähnlich ginge es den Teilnehmern am Synodalen Weg mit den großen Fragen, die derzeit verhandelt würden, erklärte der Bischof. „Wie ist das in unserer Kirche mit der Beteiligung, mit einer offenen Diskussionskultur, mit der Frage, wer wir für die Menschen sein wollen? Wo können wir das Evangelium zur Geltung bringen? Das ist ein enger Weg, weil er uns zwingt, in aller Ehrlichkeit eine Bestandsaufnahme zu machen. Von was muss man sich am Ende verabschieden, wenn man durch diese enge Pforte hindurchgeht?“
In der Lesung verzage das Volk und müsse daraufhin weitere 40 Jahre durch die Wüste irren. „Die Generation, die nicht geglaubt hat, muss in der Wüste sterben. Nur die Junggebliebenen, die im Geist Junggebliebenen, werden das Land am Ende erlangen dürfen.“ Das zeige, wie schwer es sei, bestimmte Bilder, Lebensgewohnheiten, Denkgewohnheiten abzulegen und sich noch einmal von Gott in die Weite führen zu lassen. „Jesus sagt, dass es auch eine falsche Selbstsicherheit im Glauben gibt. Das Reich Gottes ist nicht identisch mit der Kirche, es ist immer auch weiter. Es ist gut, darauf zu achten, wo das Reich Gottes auch außerhalb der Kirche anbricht“, ermutigte der Bischof. Für die Kirchenväter symbolisiere die Traube an der Stange, die die Kundschafter zurückbringen, niemand anderes als Jesus Christus selbst. „Ihr steht schon mit einem Fuß im gelobten Land. Jetzt muss der andere Fuß auch noch nachkommen, damit Wirklichkeit wird, was der Herr euch sagt.“
Zum Abschluss der Feier wurde der Schrein mit den Häuptern der Frankenapostel feierlich wieder im Altar des Kiliansdoms platziert. Für die musikalische Gestaltung des Gottesdiensts sorgten das Vokalensemble der Mädchenkantorei am Würzburger Dom unter der Leitung von Domkantor Alexander Rüth unter anderem mit Werken von Bob Chilcott, Howard Goodall und Felix Mendelssohn Bartholdy sowie Domorganist Professor Stefan Schmidt.
sti (POW)
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