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Von „Faulenzerkrippen“ und anderen Kuriositäten

Die Ausstellung „Zu Bethlehem geboren“ des Mainfränkischen Museums zeigt Krippen aus aller Welt – Von der Tonfigur bis zur Krippe aus dem Überraschungsei

Würzburg (POW) Im Schutz einer alten riesigen Baumwurzel thront er mit freundlich weisem Blick im Schoß seiner Mutter Maria: Jesus, der neugeborene Gottessohn. Neben Mutter und Kind, verwirrt und ratlos blickend, steht der heilige Josef. Liebevoll hält Maria das Kind im Arm und schaut mit einem feinen Lächeln der Menge entgegen, die sich in Gewändern, bunter als das Herbstlaub, um sie herum versammelt hat. Dicht an dicht gedrängt stehen die Besucher in der Menge und wollen einen Blick auf die kleine Familie erhaschen. Sie sind von weit her gekommen – Europäer, Afrikaner, Indianer, Japaner und sogar Mongolen sind unter ihnen. Könige und Bettler, Handwerker und Kaufleute, sie alle strömen herbei, um das göttliche Kind zu sehen.

Das Szenario ist bekannt: Hirten und drei heilige Könige beten das Jesuskind an. Die Ereignisse haben sich vor zweitausend Jahren in Bethlehem zugetragen. Die Christenheit feiert sie am Weihnachtsfest; über die Jahrhunderte hinweg sind sie in Krippendarstellungen immer wieder neu gestaltet worden. Auf welch verschiedene Weise, das zeigt die Ausstellung „Zu Bethlehem geboren. Krippen aus aller Welt“ des Mainfränkischen Museums Würzburg. Sie präsentiert mit der Sammlung Burkard eine bunte Vielfalt an Weihnachtskrippen unterschiedlicher Epochen, verschiedener Materialien und Größen.

„Krippen haben mich schon immer fasziniert. Wahrscheinlich weil wir daheim in meiner Kindheit gar keine hatten“, sagt Gerhard Burkard aus Donaumoos, dessen Sammlung dort zu sehen ist. Seine erste Krippe hat er selbst aus Sperrholz ausgesägt, mit zwölf kaufte er die ersten Gipsfiguren. Seitdem hat ihn das Sammelfieber gepackt. Über die Jahre hinweg hat Burkard mehr als 200 Krippenexemplare aus aller Welt zusammengetragen. In der Würzburger Ausstellung präsentiert er davon 73, von der Streichholzschachtel bis zu einer ganzen Krippenstadt, und dazu zahlreiche Einzelfiguren.

Neben der Nordschwäbischen Klosterkrippe aus dem Barock ist da zum Beispiel eine Baldhamer Papierkrippe. Am Anfang des 20. Jahrhunderts in der Nähe von München gefertigt, zeigt sie auf verschiedenen, übereinandergesetzten Bildebenen das Geschehen der Heiligen Nacht. Dort mischen sich Motive des Alpenlandes mit Bildelementen aus der großen weiten Welt. „Sogar die Königin von Saba kommt in dieser Krippe zu Besuch beim Jesuskind“, sagt Burkard augenzwinkernd. Die Krippe sei eine sogenannte „Faulenzerkrippe“, weil die Anordnung der Figuren festgelegt sei und man sie immer wieder auf ein und dieselbe Weise aufstellen müsse. Anders die exotischen Exponate in der nächsten Vitrine: das Arrangement aus fernen Ländern kann immer wieder anders angeordnet werden. Da sind Krippenfiguren aus Peru, bauchig-rund aus glasiertem Ton gefertigt. Darüber eine Krippe aus Bangladesch: abstrakte Darstellungen aus hellem Holz, gleichsam wie moderne Schachfiguren mit strengen Linien und ohne menschliche Form.

Die meisten Krippen habe er auf Flohmärkten gekauft. Viele sind ihm aber auch im Geschäft angeboten worden, erklärt Antiquitätenhändler Burkard. „Nach der politischen Wende im Ostblock habe ich vor allem aus Tschechien viele schöne Stücke bekommen. Das sind aber ursprünglich keine tschechischen Krippen, denn dafür fehlen die typischen Handwerker als Gabenbringer. Diese hier ist ein sudetendeutsches Stück“, sagt er und zeigt auf eine große runde Bergkulisse. „Die Eigentümer haben sie vor 60 Jahren bei ihrer Vertreibung zurücklassen müssen. Nur die Heilige Familie ist wohl mit auf die Flucht gegangen, denn sie fehlt in diesem Ensemble.“

Nur einen Bruchteil des Raumes, den die sudetendeutsche Krippe braucht, beansprucht eine Miniaturkrippe in einer Walnussschale, gefertigt in Oberammergau. Filigran ist die Heilige Familie in Briefmarkengröße eingearbeitet. Daneben Krippen in Streichholzschachteln und Schneekugeln – die Vielfalt an Formen und Materialien ist berauschend. Zeitgenössische Entwicklungen in Sachen Krippen sind auch zu sehen: Playmobil entführt in eine bunte Pappkulisse inmitten einer Wüstenlandschaft. Im Stall stehen Maria und Josef mit steifen Plastikgliedmaßen vor dem Kind. Der heilige Josef mit dichtem schwarzen Vollbart reckt mit seiner zangenartigen Plastikhand eine Laterne empor, um das Kind genauer zu betrachten. Der Engel, gekommen, um dem Kind zu huldigen, reckt stoisch einen Plastikstern am Stiel in die Höhe. Ähnlich bunt zeigen Krippenfiguren aus italienischen Überraschungseiern die Heilige Nacht: Vor dem Pappstall treffen sich freundliche runde Hirten und Comic-Schafe aus grell buntem Plastik.

Glanzstück und Höhepunkt der Ausstellung ist eine ganze Stadt. In diesem „Bethlehem“ reihen sich orientalische Kuppeldächer an minarett-ähnliche, fremdländische Türme. Fein gearbeitet sind die 13 Gebäude aus hellem Holz, ausgesägte Palmen runden das Bild aus tausendundeiner Nacht ab. „Es stecken mehr als 1000 Stunden Handarbeit und sehr viel Liebe darin“, sagt Burkard.

Als Krippenbauer fertigte er aus Zinnfiguren eine Krippe in einer Spanschachtel, machte aus einem einfachen Holzkasten eine farbenprächtige Krippe, die von vorne und hinten betrachtet werden kann und jeweils eine andere Szene zeigt. Einen ausgedienten Fernseher nutzte er als Hülle für eine böhmische Krippenlandschaft. Keineswegs billige Effekthascherei: „Die Menschen, die über die Jahrhunderte hinweg Krippen gefertigt haben, haben mit ihren Darstellungen versucht, die Heilsbotschaft in die eigene Erfahrungswelt zu holen. Deshalb gibt es auf der ganzen Welt so verschiedene Exemplare. Ich selbst bin auch ein gläubiger Mensch – das muss man sein, um Krippen derart zu lieben.“

Die Sonderausstellung ist bis Sonntag, 4. Februar 2007, dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr im Mainfränkischen Museum Würzburg, Telefon 0931/205940, zu sehen.

(4706/1659; E-Mail voraus)