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„Von verfolgten Christen in Ägypten kann nicht mehr gesprochen werden“

Missio-Gast Thomas Adly Zaky, Bischof von Gizeh, berichtet über die Situation in seinem Heimatland – „Wir versuchen zu helfen, wo immer wir eine Notlage sehen“

Würzburg (POW) „Wir sind als koptische Katholiken nur eine Minderheit, aber gerade deswegen engagieren wir uns im sozialen und pastoralen Bereich – für alle Ägypter.“ Thomas Adly Zaky (56) ist koptisch-katholischer Bischof von Gizeh, der Stadt in Sichtweite der berühmten Cheopspyramide und der Sphinx. Als Gast von Missio München bereist er derzeit Bayern, um von der Situation der Gläubigen am Nil zu reden, über Herausforderungen und Aufbrüche.

Im 110-Millionen-Einwohner-Staat Ägypten stellen Christen, wegen des altgriechischen Wortes für Ägypter dort allgemein Kopten genannt, mit zehn Millionen eine Minderheit dar. „Die meisten Christen gehören der koptisch-orthodoxen Kirche an. Der Rest verteilt sich auf koptische Katholiken und koptische Protestanten“, berichtet der Bischof. Insgesamt rund 450.000 Katholiken leben im Land, davon etwas mehr als 6000 in seinem Bistum.

„Mit Unterstützung von Hilfswerken wie Missio versuchen wir zu helfen, wo immer wir eine Notlage sehen.“ Beispielsweise wenn es darum geht, für Studentinnen aus dem traditionell eher armen, südlichen Oberägypten, die zum Studium in den Großraum Kairo kommen, bezahlbare und sichere Zimmer zu  bieten. Ein anderes Feld der Unterstützung ist die Hilfe für Angehörige von JVA-Insassen. Wenn die Ehemänner und Väter ihrer Kinder im Gefängnis landeten, sei das besonders fatal für viele Frauen. Die Preise für Energie und Lebensmittel seien in Ägypten in den vergangenen Monaten massiv angestiegen, als Folge einer Wirtschaft, die von Covid massiv gebeutelt wurde, und der Auswirkungen des russischen Einmarsches in die Ukraine. „Wenn der Ernährer ausfällt, wissen viele Frauen keinen anderen Ausweg mehr, als sich zu prostituieren, weil sie so viele Schulden haben.“ 

International kritisiert beispielsweise Amnesty international Ägypten, weil rechtsstaatliche Prinzipien kaum eingehalten werden. Bischof Zaky berichtet aber, worauf geachtet wird: dass alle Gefangenen geistlichen Beistand bekommen können und Räume zum Gebet vorhanden sind – für Muslime ebenso wie für Christen. Zusammen mit einigen Freiwilligen leisteten die Seelsorger bei den Besuchen auch ganz praktische Hilfe: Sie überbringen Nachrichten von Ehefrauen, Eltern, Kindern – und bringen Lebenszeichen nach draußen. Sie organisieren Medikamente und andere wichtige Dinge. Im schlimmsten Fall müssen sie manchmal sogar die traurige Nachricht übermitteln, dass eine Hinrichtung vollstreckt wurde. Die Familien erfahren meist erst hinterher davon, sie können sich nicht von ihren Verwandten verabschieden. „Wir helfen dann, dass sie sich eine Grabstätte, traditionell eine Art winziges Häuschen, leisten und den Leichnam würdig bestatten können.“

Auch wenn der Staat hier theoretisch in der Pflicht wäre: Die kleine koptisch-katholische Kirche betreibt Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Schulen und Wohnheime für Studenten. „80 Prozent der Schüler in den katholischen Schulen sind Muslime. Wir missionieren sie nicht. Sie lernen aber, mit verschiedenen Sichtweisen klarzukommen“, sagt Bischof Zaky. Alle Probleme, die sein Land habe, beträfen alle gleichermaßen, „egal ob Christen oder Muslime. Wir müssen unsere gesamte Gesellschaft voranbringen, nicht nur die Christen. Das ist unsere gemeinsame Pflicht, deswegen sprechen wir heute auch von Ägyptern.“

Gott sei Dank vorbei seien die Zeiten, in denen christliche Kirchen heimlich entstehen mussten – als versteckte Gebetsräume in Kuhställen oder in Hochhäusern. Heutzutage dürfen in Ägypten nicht nur Moscheen, sondern ganz offiziell auch christliche Kirchen gebaut werden. Zum Beispiel in den neuen Satellitenstädten rund um Kairo. In der „6th of October City“ und der „New Administrative Capital“ (der zukünftigen Verwaltungshauptstadt) wurden den Christen kostenlose Grundstücke zugeteilt, auf denen sie ihre Gotteshäuser errichten können. „Die Grundstücke sind so groß, dass ich keine Ahnung habe, wie ich den Bau von Kirchen in dieser Größe finanzieren sollte.“

Der Schrecken der Islamisten von der Muslimbruderschaft, der noch vor wenigen Jahren herrschte, sei verflogen. „In der Vergangenheit hatten wir große Probleme durch den Terrorismus. Er richtete sich gezielt gegen uns Christen“, sagt Bischof Zaky. Ähnlich sei es Christen in anderen Ländern des Nahen Ostens mit dem Islamischen Staat ergangen. Von verfolgten Christen könne in Ägypten heute nicht mehr gesprochen werden. „Der aktuellen Regierung gehören vier Christen an, davon sind drei Frauen. Und selbst der Universitätspräsident ist heute ein Christ, ebenso wie viele ranghohe Militärs.“ Nicht ganz optimal sei bislang der Dialog mit den koptisch-orthodoxen Christen. Von den etwa 140 Bischöfen dort verlangten vor einigen Jahren etwa noch 100, dass sich koptische Katholiken vor der Ehe mit einem orthodoxen Christen orthodox taufen lassen. Heute seien das noch rund 30.

Die deutsche Kirche kann in den Augen von Bischof Zaky ein paar wichtige Anregungen von den ägyptischen Katholiken mitnehmen. „Neben dem spirituell reichen Schatz der Theologie der Wüstenväter sind in meinen Augen auch die verheirateten Priester, die es bei uns gibt, ein Schatz.“ Umgekehrt habe er bislang in Deutschland erlebt, dass es entgegen aller Vorurteile hier auch junge Leute gebe, die die Kirche lieben und sich engagieren. „Die Kirche muss aber erkennen, dass die Leute heute Kirche anders leben wollen.“ Es sei zugleich wichtig, die Tradition nicht einfach aufzugeben. Er vertraue da, auch im Blick auf die Weltsynode, auf das Wirken des Heiligen Geistes. „Er wirkt in Schrift und Tradition gleichermaßen.“

Über das Jahr verteilt kommen immer wieder Gäste aus der Weltkirche ins Bistum Würzburg. Wer sich für seine Gemeinde oder Einrichtung für den Besuch eines Gastes interessiert, erreicht die Diözesanstelle Weltkirche unter E-Mail weltkirche@bistum-wuerzburg.de.

mh (POW)

(4123/1111; E-Mail voraus)

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