Retzbach (POW) Keine Einbahnstraße ist nach den Worten von Caritasdirektor Martin Pfriem der Internationale Austausch mit osteuropäischen Kollegen. Im folgenden Interview blickt er auf Ergebnisse und erläutert, welche Herausforderungen den Partnern in den früheren kommunistischen Ländern bleiben.
POW: Wem bringen Treffen wie das mit den osteuropäischen Kollegen etwas?
Caritasdirektor Martin Pfriem: Nach meiner Erfahrung im internationalen Bereich bringen solche gut vorbereiteten und über einen längeren Zeitraum angelegten Austauschforen und Konferenzen allen Beteiligten wertvolle Anregungen. Zum einen erhält man Einblicke in die Arbeit der Partner, zum anderen gewinnt man an fachlichem Know-How und bekommt so einen Rahmen zur Überprüfung der eigenen Arbeit. Hinzu kommen die fachlichen Anteile durch die Impulse der Experten aus den jeweiligen Disziplinen der beteiligten Hochschulen und Ausbildungseinrichtungen. Die Rückmeldungen der Teilnehmer bestätigen das deutlich.
POW: Was konnten die ausländischen Gäste von der Caritasarbeit in Deutschland lernen?
Pfriem: Sie haben erfahren, wie auch wir in der Caritas in Deutschland das Verhältnis zwischen der zunehmenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche mit unserem Grundauftrag und Profil als „eine der Herzkammern der katholischen Kirche“, wie Bischof Dr. Friedhelm Hofmann die Caritas bezeichnet, in einem ausgewogenen Spannungsbogen halten. Hier wie dort steht alles Wirtschaften im Auftrag und zum Wohle der Menschen – für uns als Caritas-Akteure umso mehr.
POW: Was konnten Sie von der Caritasarbeit in Tschechien und der Slowakei lernen?
Pfriem: Wie immer neu – die Kreativität, Hartnäckigkeit und erfolgreiche Realisierung von Hilfeangeboten für Menschen in Not, allen scheinbar unüberwindlichen Hürden und bürokratischen Schikanen zum Trotz. Auch da ist das Lernen ein Lernen voneinander.
POW: Sie haben schon mehrfach Caritasprojekte in Tschechien, der Slowakei und der Ukraine besucht. Mit welchen Hauptschwierigkeiten hat die junge Caritas in Osteuropa zu kämpfen?
Pfriem: Die Caritas der katholischen Kirche muss mit den Nachwirkungen der Zeit vor 1990 umgehen. Nur langsam erkennen die politisch Verantwortlichen die Bedeutung von Kirche und Caritas als Partner bei der Bewältigung gesellschaftlicher Problemstellungen. Gesetzliche Rahmenbedingungen sind erst im Entstehen, und die Finanzierung ist mehr als unsicher. Auch ist die materielle Not der Menschen in den genannten Ländern – von West nach Ost zunehmend – häufig mit dem vergleichbar, was die Nachkriegsgeneration hier erlebte oder an was sie sich noch erinnern kann.
POW: Welche konkreten Hilfen kann die Caritas Würzburg den Partnern in Osteuropa anbieten?
Pfriem: Neben der Arbeit von Caritas International in Freiburg pflegen wir mit unseren Partnern auf der diözesanen Ebene eine Partnerschaft mit dem Caritasverband in der Diözese Olmütz. Hier pflegen wir seit Jahrzehnten den fachlichen Austausch, konkrete Kontakte mit Einrichtungen in den jeweiligen Arbeitsfeldern, jüngst auch den Austausch unter Sozialpolitikern hier und dort mit den Verantwortlichen der Caritas und unterstützen unsere Partner in Olmütz bei transnationalen Projekten in ihren Nachbarländern – ideell und materiell.
POW: Ist der Austausch mit diesem Treffen am Ende oder geht er weiter? Wenn ja: Wie?
Pfriem: Der Austausch hat mit dieser Veranstaltung eine weitere Intensivierung erfahren. Wir haben direkte Kontakte zu den Mitarbeiterinnen in den Projekten in der Slowakei und der Ukraine und wissen, wie nötig und sinnvoll die Unterstützung und das Lernen voneinander sind. Der Blick über den nationalen Tellerrand hinaus ist und bleibt Anliegen der Caritas im Bistum Würzburg.
(2011/0539; E-Mail voraus)
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