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„Wach werden für die Frohe Botschaft“

Interview mit Franziskanerprovinzial Pater Leo Beck – Wie die Würzburger Franziskaner-Minoriten Weihnachten feiern – Weihnachtslieder in allen vertretenen Sprachen

Würzburg (POW) Einblicke zur Feier der Weihnacht gewährt Pater Leo Beck (69), der neue Provinzial der deutschen Provinz der Franziskaner-Minoriten, im folgenden Interview. Bis zu seiner Wahl zum Provinzialminister wirkte Beck als Generalassistent seiner Gemeinschaft in Rom. Zuvor war er von 1977 bis 1989 Junioratsleiter im Kloster Würzburg, von 1986 bis 1995 Guardian. Unter anderem erzählt Beck bei dem Gespräch im Würzburger Franziskanerkloster, was der Advent unter den Brüdern mit der Fastenzeit gemeinsam hat und warum die eigentliche Festzeit mit dem zweiten Weihnachtsfeiertag noch lange nicht zuende geht.

POW: Wie feiern Sie im Würzburger Franziskanerkloster Weihnachten?

Pater Leo Beck: Ich war zwölf Jahre in Rom, deswegen weiß ich nicht, wie das genau aussehen wird. Wir sind heute eine sehr internationale Gemeinschaft, mit vielen jungen Brüdern unter anderem aus Polen, Indien, der Schweiz und Kroatien. Wir bereiten uns mit einer langen Fastenzeit vor, die von Allerheiligen bis Weihnachten dauert. Leider finden wir dafür keine gemeinsamen Zeichen, wie wir diese Zeit gemeinsam gestalten könnten. Jeder einzelne ist eingeladen, sich innerlich und äußerlich auf das „Fest der Feste“ vorzubereiten. So hat es Franziskus auch gehalten, ehe er in Greccio drei Jahre vor seinem Sterben in einzigartiger Weise hat Weihnachten feiern lassen. Er beauftragte Johannes, einen Freund, das Fest sehr sorgfältig vorzubereiten. Wissen Sie: Je tiefer jeder sich von uns auf Weihnachten einlässt, desto mehr erfährt er das Geheimnis.

POW: Wie geschieht das genau?

Beck: Das Herz wird durch das Fasten und Verzichten frei von Äußerlichkeiten und offen für die Begegnung mit Gott in der Krippe. Im Kloster versammeln wir uns am Heiligabend zur Vesper im Hauschor, danach gehen wir in den Speisesaal, wo es eine Weihnachtsfeier mit Texten, Liedern und Betrachtung gibt, auch ein Glas Punsch.

POW: Gibt es Geschenke?

Beck: Nein, das Herz soll frei sein für das Eigentliche. Wir feiern ziemlich früh die Christmette in der Kirche. Danach essen wir gemeinsam.

POW: Singen sie dann gemeinsam Weihnachtslieder?

Beck: In allen vertretenen Sprachen: Polnisch, Kroatisch, Bayerisch, Fränkisch...(lacht)

POW: Welche Bedeutung hat die Krippe bei den Franziskanern?

Beck: Franziskus hat die Tradition der Krippe neu entdeckt. Er hat eine Krippe mit Stroh aufgestellt und damit die Geburt Jesu neu veranschaulicht. Bei der Feier in Greccio hat einer der Teilnehmer eine Vision gehabt. Er sah ein kleines Baby in der Krippe. Als Franziskus das Weihnachtsevangelium vortrug, machte das Kind die Augen auf. Wir sollen also aufgeweckt werden aus unserem Schlaf der Müdigkeit und wach werden für die Frohe Botschaft.

POW: Welche Unterschiede haben Sie zwischen der Feier der Weihnacht in Italien und in Deutschland wahrgenommen?

Beck: Mir scheint, dass in Deutschland Weihnachten noch mehr ein Familienfest ist. In Deutschland gibt es keine Weihnachtstombola in der Familie, bei der es Preise zu gewinnen gibt. In Deutschland zählen das Miteinanderfeiern und das gegenseitige Besuchen.

POW: Haben Sie im Kloster einen Christbaum?

Beck: In Italien gab es kleine, bunt geschmückte Christbäume in den Familien, aber nicht in den Kirchen. Der Speisesaal war mit vielen bunten Girlanden geschmückt. Das sah mehr nach Fasching aus. Später haben wir dann – unter deutschem Einfluss – den Adventskranz eingeführt und den Christbaum mit schönen, großen Strohsternen behangen. Das kam in seiner Schlichtheit gut an.

POW: Was sagen Sie Menschen, die mit Weihnachten gar nichts mehr anfangen können?

Beck: Aus der Ferne kann man niemanden überzeugen. Wenn man jemanden zum Glauben führen möchte, dann muss man ihm einfach Anteil geben am Leben. Man sollte sich nicht aufdrängen, aber ohne eine gewisse Nähe lässt sich Wesentliches des Glaubens nur schwer vermitteln. Einladen, teilnehmen lassen und dann abwarten.

POW: Ist Weihnachten noch zeitgemäß?

Beck: Weihnachten als „Fest der Feste“ kann wichtige Antworten auf die Fragen des Lebens geben, die durch den Trubel in der Vorweihnachtszeit oft zu kurz kommen. Das eigentliche Weihnachtsgeheimnis will auf unsere persönlichen Fragen eingehen. Wir leben als Menschen nicht allein, sondern haben einen Gott, der Mensch wurde. Das konkrete Einander-näher-kommen, das Selbst-wachsen, Selbst-leiden und Selbst-sterben Jesu spricht heute viele Menschen wieder neu an. Gott hat nicht vom Grünen Tisch, sondern durch Jesu Leben die Antworten auf die Fragen unseres Lebens gegeben. Wir müssen uns nur dafür öffnen. Wenn wir etwas hereinlassen in uns und nicht ganz angefüllt sind vom Konsum, dann spüren wir etwas von dieser Nähe Gottes.

POW: Wie lautet Ihre konkrete Empfehlung für ein gelungenes Weihnachtsfest?

Beck: Weihnachten ist auch eine Zeit der Gemeinschaft. Franziskus hat die Brüder der gesamten Umgebung zusammengerufen. Er hat nicht gesagt: Feiert in kleinen Grüppchen. Der Aspekt der Gemeinschaft ist wichtig. Außerdem sollte die Weihnachtsfeier schlicht sein. Früher hat man in der Familie das Evangelium verkündet. Heute kann man eine schöne kurze betrachtende Geschichte in neuer Sprache nehmen oder ganz kurz die entscheidenden Worte der Bibel vortragen und gemeinsam darüber nachdenken. Nicht zu lange, denn die jungen Leute heute haben damit ihre Schwierigkeiten. Was das Singen angeht: Es sollte echt sein, dann kommt es auch aus dem Herzen.

POW: Gibt es im Kloster Angebote zur Begegnung für Menschen, die an Weihnachten einsam sind, zum Beispiel nach der Christmette?

Beck: Ich weiß nicht, was in den vergangenen zwölf Jahren im Kloster geschehen ist. Ich vermute aber, dass Bruder Tobias, der die Straßenambulanz betreut, schon etwas in dieser Richtung macht. Wir hatten schon einmal die Armen von Würzburg bei uns zu Gast. Das war ein wunderbares Weihnachtsfest.

POW: Werke der Nächstenliebe sind ja ohnehin etwas, wofür die Franziskaner bekannt sind.

Beck: Wobei ich schon bekennen muss, dass es heute auch in unserer Gemeinschaft vor Ort schwierig ist, so etwas deutlich zu tun, ein gemeinsames Zeichen dafür zu setzen. Wir haben uns schon ein wenig vom echten Miteinander und von dem authentisch armen Lebensstil wegentwickelt. Wir leben hinter Mauern und es geht uns wirtschaftlich ganz gut. Es gibt eine Geschichte von Franziskus, der schon damals die eigenen Brüder ermahnte, die Armen nicht zu vergessen, als sie den Tisch feierlich für die Weihnachtsfeier deckten. Franziskus ist weggegangen und hat gesagt: Ich bin ja selbst kein Armer. Das hat sie sehr schockiert.

POW: Viele denken, dass mit dem Heiligen Abend die Weihnachtszeit vorbei ist. Kirchlich wird ja deutlich länger gefeiert.

Beck: Jedes Hochfest wird in der Liturgie mit einer Oktav gefeiert. Dieser Gedanke ist heute nicht mehr so lebendig. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts können heute nicht mehr richtig innerlich feiern, ohne viel außen herum. Wir feiern lieber Party für einen oder zwei Tage. Die Oktav hat aber viele schöne Feste wie Stephanus und Johanni. Das Eigentliche ist heute oft von Äußerlichkeiten verschüttet und will von uns neu zum Leben erweckt werden.

POW: Gibt es einen spirituellen Impuls, den Sie den Gläubigen für das neue Jahr mitgeben möchten?

Beck: Für mich wird immer deutlicher, dass glückliches Leben heißt: Gott geht mit uns und ist uns nahe. Dass Gott diesen Weg mit uns geht, in Sorgen und Leid, das ist etwas spezifisch Christliches. Christen, die den Nächsten nicht wahrnehmen, haben nichts kapiert. Gott ist Mensch geworden, weil er will, dass wir Anteil nehmen am Nächsten. Die Fälle von Kindestötung, die in den vergangenen Tagen Thema waren, sind eine Anfrage an uns, inwieweit wir am Leben anderer teilnehmen.

(5107/1712; E-Mail voraus)

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