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Weg aus der Obdachlosigkeit

Housing-First-Projekt „NOAH“ der Christophorus Gesellschaft vermittelt Obdachlose dauerhaft in Wohnraum – Ab April offene Sprechzeiten

Würzburg (POW) Ein tragischer Unfall oder eine schwere Krankheit, eine Scheidung oder ein plötzlicher Jobverlust können dazu führen, dass man obdachlos wird. Kein Mensch entscheidet sich aus Jux für ein Leben auf der Straße. „Für viele bedeutet Obdachlosigkeit einen ständigen Überlebenskampf“, sagt Jan Bläsing von der Christophorus Gesellschaft Würzburg. Der Sozialpädagoge leitet das neue Housing-First-Projekt „NOAH“. Damit sollen Obdachlose, die bisher von Angeboten nicht erreicht wurden, dauerhaft in Wohnraum gebracht werden. Ab 1. April werden Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer aufgenommen. Ziel für das erste von aktuell vier genehmigten Projektjahren sei es, fünf Obdachlose dauerhaft in Wohnraum zu bringen, schreibt die Christophorus Gesellschaft in einer Pressemitteilung.

Obdachlos zu sein bedeute, keine Privatsphäre zu haben und keinen Rückzugsort, um seine Energiereserven aufzutanken, sagt Bläsing. Man müsse ständig befürchten, von dort, wo man gerade ist, vertrieben zu werden. Oft bedeute es noch eine viel konkretere Angst: „Es kann sein, dass etwas passiert, wenn man einschläft, dass man attackiert wird oder dass einem alles Hab und Gut gestohlen wird.“ Viele Obdachlose sehnten sich nach eigenen vier Wänden. Doch ihre Chancen auf dem Wohnungsmarkt seien extrem gering. „Mit dem Housing-First-Ansatz beschreiten wir neue Wege“, erklärt Bläsing. Nach dem Motto „Zuerst die Lösung, dann das Problem“ bekämen obdachlose Menschen als erstes Wohnraum. Dieser sei nicht das Ziel der Hilfen, sondern der Anfang, auf dem alle anderen Hilfen aufbauen. Die Teilnehmenden entschieden selbstbestimmt, welche Unterstützung sie wann benötigen.

Obdachlose seien nicht nur extrem arm, sagt Bläsing. „Einige Obdachlose besitzen auch keinen Ausweis mehr, andere sind nicht mehr krankenversichert.“ Neben der Wohnungsvermittlung sei es Aufgabe des „NOAH“-Teams, zusammen mit den Projektteilnehmerinnen und -teilnehmern dafür zu sorgen, dass alle notwendigen Papiere beschafft werden und der Krankenversicherungsschutz neuerlich einsetzt. „Auch beantragen wir gemeinsam Sozialleistungen.“ Nach und während des Einzugs unterstütze das Team den Klienten dabei, sich zu stabilisieren und den Haushalt zu führen. Das sei nach Jahren der Obdachlosigkeit anfangs gar nicht so einfach.

Unter der Leitung von Bläsing engagiert sich ein Team aus drei Sozialpädagogen, einer Verwaltungskraft sowie Medienmanager Julian Friedewald, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Wohnungsakquise. Die EU-Fördermittel für das Projekt seien Ende Oktober 2022 genehmigt worden. Derzeit baue das Team die Projektinfrastruktur sowie ein deutschlandweites Netzwerk zu anderen „Housing-First-Projekten“ und anderen Akteuren der Hilfen für von Obdachlosigkeit betroffene Menschen auf. Jenseits der Volljährigkeit gebe es keine Altersgrenze: Geholfen werde Menschen jeden Geschlechts, mit und ohne psychische Probleme oder Suchterkrankungen. „Wir möchten einen möglichst niederschwelligen Zugang zu uns als Projekt erreichen“, erklärt Bläsing. Die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer können von Fachdiensten und Fachstellen vorgeschlagen werden. Interessierte können sich ab 1. April direkt an das Team wenden. Zudem sollen Menschen direkt angesprochen werden, etwa in der Wärmestube.

Bläsing hofft auf menschenfreundliche Vermieter, die bereit sind, wohnungslosen Menschen eine Chance zu eröffnen. „Mit der Stadt Würzburg und der StadtBau haben wir bereits zwei Kooperationspartner gewonnen.“ Künftig sollen auch ehrenamtliche Helfer in das Projekt integriert werden. Bläsing könnte sich auch den Einbezug ehemals Obdachloser als Peers vorstellen.

Laut dem am 8. Dezember 2022 erstmals von der Bundesregierung vorgelegten Wohnungslosenbericht sind bundesweit im Augenblick rund 263.000 Menschen wohnungs- oder obdachlos. 2021 verpflichtete sich Deutschland mit der Unterzeichnung der Lissaboner „Declaration on the European Platform on Combatting Homelessness“, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. „Housing First“ sei ein wichtiger Ansatz hierzu. Dass er funktioniert, habe er im Austausch mit Kollegen erfahren, die sich deutschlandweit in Housing-First-Projekten engagieren, so Bläsing.

Das Housing-First-Projekt „NOAH“ hat seinen Sitz in der Wallgasse 3 in Würzburg, Telefon 0931/3210-235 oder -245. Ab April werden montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr offene Sprechzeiten angeboten.

(1123/0302; E-Mail voraus)

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