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Weil jeder Mensch eine Krone trägt

Aktion der Katholischen Hochschulgemeinde Würzburg: Königsfiguren als Botschafter der Menschenwürde

Würzburg (POW) Könige können Furcht einflößen. Herrisch sein. Überheblich auf andere herabblicken. Das gilt jedoch nicht für die Könige, die bei der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Würzburg derzeit ihr Zuhause haben. Sie sind aus Holz geschnitzt, bemalt und sie lächeln gütig. Denn diese Könige treten für die Würde des Menschen ein.

Bei einem Gottesdienst in der Würzburger Augustinerkirche startete die KHG am 13. November die Aktion „König:in zu Gast bei Dir“. Die Idee: Alle Interessierten erhalten zeitweise eine Königin oder einen König aus Holz. Die Figur können sie mit nach Hause nehmen, zum Beispiel in die Studierenden-WG. Oder an den Arbeitsplatz. Dort fällt der geschnitzte Gast auf – und setzt ein Ausrufezeichen zugunsten der Menschenwürde, denn die Figuren sind Botschafter auf Reisen. Sie erinnern an die Verletzlichkeit des Menschen und seiner Würde. „Allein durch die Anwesenheit der Figur sind Menschen achtsamer miteinander umgegangen“, bekräftigt KHG-Referentin Schwester Elisabeth Wöhrle. Bei dieser Aussage stützt sie sich auf die Rückmeldungen von Teilnehmenden.

In einem Buch können die Teilnehmenden ihre Gedanken festhalten – und die emotionalen Anstöße, die von den Königen ausgehen. Zur Aktion gehört ferner das Weiterreichen der Figuren. Sie sind immer nur Gäste auf Zeit. Dann gehen sie in die Hände neuer Gastgeber über, bis zum 8. Januar. Das Projekt schließt an diesem Tag mit einem Gottesdienst, in dem Einträge aus dem Buch vorgelesen werden.

Die KHG leitet damit das Jahr 2023 ein, in dem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 75 Jahre alt wird. Für Hochschulpfarrer Burkhard Hose endet die Aktion somit nicht abrupt. Er versteht sie als Auftakt zu einem Jahr der Menschenwürde. Die Königsfiguren eignen sich dazu, denn sie lenken den Blick weg von sich selbst hin zu anderen. „Man nimmt die Welt anders wahr, wenn man mit der Figur unterwegs ist“, betont Hose. Bewusst habe man an den adventlichen Brauch des Marientragens angeknüpft, bei dem eine Marienstatue von Familie zu Familie weitergereicht wird. Eine Studentin erinnerte an diesen Brauch, als in kleiner Runde Ideen für das jetzige Semester gesammelt wurden.

Für die KHG hat Hose insgesamt sechs Figuren ausgeliehen. Er holte sie selbst ab in Bonn, wo der Erschaffer der Holzkönige lebt. Ralf Knoblauch ist Diakon und gelernter Tischler. Hose wurde schon vor Jahren auf Knoblauchs Arbeit aufmerksam. Bei seinem Einsatz als Diakon in einem sozialen Brennpunkt stellte sich für Knoblauch immer wieder die Frage nach dem Stellenwert von Menschenwürde. Das Thema trieb ihn um und bewegte ihn zum Schnitzen. Dieser Tätigkeit geht der Diakon Tag für Tag nach. Knoblauch sieht im Holz die Königin oder den König – so wie in jedem Menschen königliche Würde steckt. Knoblauchs Könige tragen nicht alle eine Krone auf dem Kopf. „Manche tragen sie in der Hand oder sie liegt versteckt auf dem Boden“, erläutert Hochschulpfarrer Hose. Die Machtpose ist den Schnitzereien fremd. Sie sind Figuren zum Anfassen. Berührbar, um andere zu berühren.

Hunderte Figuren hat Knoblauch in rund zehn Jahren geschaffen. Sie waren schon auf allen Kontinenten der Erde zu Gast, auch im Flüchtlingslager Moria in Griechenland oder auf einem Seenot-Rettungsschiff im Mittelmeer. „Die Figur soll an Orte kommen, an denen die Würde angetastet ist oder die Frage nach der Würde des Menschen wachgehalten werden soll“, sagt KHG-Referentin Carolin Förg. Bei einer Bahnreise hatte sie selbst eine Königsskulptur im Koffer bei sich. Am Würzburger Hauptbahnhof angekommen, stellte sie die Figur spontan für einen Augenblick am DenkOrt Deportationen ab, dem Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten und ermordeten Jüdinnen und Juden Unterfrankens.

In den Arbeitskreisen und im weiteren Umfeld der KHG gibt es etliche sozial engagierte Personen. So gelangten Königsfiguren ins Krankenhaus, Seniorenheim, in eine Justizvollzugsanstalt, eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowie eine Werkstätte für Menschen mit Behinderung. Eine Reinigungskraft der KHG stellte eine Königsfigur auf ihren Putzwagen. Bei einer Stadtratssitzung kurz vor Weihnachten stand ein König am Platz des Würzburger Oberbürgermeisters Christian Schuchardt. Dieser hatte bei der Feier des 100. Jubiläums der Würzburger Missioklinik von der KHG-Aktion erfahren. Auch bei der Feier stand eine Figur im Raum. Schuchardt bat die Hochschulgemeinde um eine Figur für den Stadtrat. „Jeder Mensch hat etwas Königliches, und für diese Würde gilt es sich hier einzusetzen“, formulierte Schuchardt in einem Kurzvideo am Rande der Ratssitzung. Pfarrer Hose und sein Team freuen sich über die starke Nachfrage. Wöhrle zählt rund 40 Beherbergungsorte für die Figuren. Die Zahl der Menschen, die mit einer Königin oder einem König konfrontiert waren, ist nicht zuverlässig schätzbar.

Die Schnitzereien des Bonner Künstlers Ralf Knoblauch werden weiter ihre Botschaft in die Welt rufen: Wir alle sind königliche Menschen – du und ich. Und sie fordern dazu auf, hinzuschauen. „Die Verletzung der Menschenwürde funktioniert oft so, dass Menschen unsichtbar gemacht werden, zum Beispiel an den EU-Außengrenzen oder in Heimen oder der Justizvollzugsanstalt“, sagt Pfarrer Hose und ergänzt: „Die Figur macht Menschen sichtbar.“ Beim Gottesdienst am Sonntag, 8. Januar, um 18.30 Uhr in der Würzburger Augustinerkirche blickt die KHG auf die Aktion „König:in zu Gast bei Dir“ zurück.

ub (Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

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