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Reportage

Weit weg vom Alltag

20 Jahre Fränkischer Marienweg – Selbstversuch: dreitägige Pilgerreise von Karlstadt über Schönau bis Rengersbrunn

Würzburg/Main-Spessart (POW) Wir stehen in der Altstadt von Karlstadt und suchen nach einem Schild. Darauf zu sehen ist Maria, die das Jesuskind in ihren Armen trägt. Das Schild weist die Richtung des Fränkischen Marienwegs. Wir, Volontärin Magdalena Rössert, Redakteurin Anna-Lena Ils und ich, Volontärin Katrin Henn, vom Medienhaus des Bistums Würzburg, wagen einen Selbstversuch und möchten einen Teil des Marienwegs pilgern. Der Fränkische Marienweg ist insgesamt 2000 Kilometer lang. Wir haben uns dazu entschieden, in drei Tagen von Karlstadt bis nach Rengersbrunn zu pilgern. Das sind ungefähr 55 Kilometer. Anna-Lena kennt sich in der Gegend aus und geht erstmal gezielt Richtung Main. Magdalena und ich laufen hinterher. Auf einer Kreuzung neben einem Fachwerkhaus steht ein Wegweiser. Er weist den Weg nach Würzburg, Mühlbach – und trägt das Schild des Marienwegs. Wir folgen dem Pfeil auf dem Schild. Wandern waren wir alle schon, aber Pilgern mit Gepäck für zwei Tage zuzüglich Schlafsack und Isomatte nicht.

Wir überqueren den Main. Auf der Brücke sehen wir schon die erste Attraktion unserer heutigen Etappe: die Ruine der Karlsburg. Es geht also direkt bergauf. Die Karlsburg ist zwar schnell erreicht, aber wir sind nach dem ersten Kilometer schon ganz schön geschafft. Wir genießen kurz den Ausblick. Hinter dem Main sieht man die Stadtmauer von Karlstadt und dahinter Häuser mit roten, spitzen Dächern. Wir ziehen das erste Fazit. „Es wird ganz schön anstrengend mit dem Gepäck auf dem Rücken“, sagt Anna-Lena. „Ich hoffe, dass wir irgendwann das Gepäck nicht mehr so spüren wie gerade“, erklärt Magdalena.

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Tipp Nummer eins: Hinterfragen Sie, bevor Sie losgehen, was Sie wirklich benötigen.

Weiter geht’s. Auf dem Weg zum Kloster Schönau laufen wir durch Wiesenfeld und Rohrbach. Es sind süße, kleine Dörfer. Leider ist es nicht leicht, unsere Wasserflaschen aufzufüllen oder gar etwas zu kaufen, da die Dörfer keine Supermärkte oder Läden haben. Es ist heiß und ich trinke meinen letzten Tropfen Wasser aus meiner Flasche. Schließlich treffen wir auf einem Hof, der Honig verkauft, einen Herrn und ergreifen die Chance. Bereitwillig lässt er uns unsere Flaschen auffüllen. Nördlich von Rohrbach gehen wir an hohen Maisfeldern und Obstbäumen vorbei, bis wir auf einen Kreuzweg stoßen. Hinter einem Hügel verbirgt sich die Kreuzkapelle, die leider verschlossen ist. Euphorisiert von dieser schönen Umgebung, laufen wir ein gutes Stück in die falsche Richtung – bergab. Wir haben kein Hinweisschild gesehen und dachten, dass es weiter geradeaus geht. Also müssen wir dieses Stückchen wieder bergauf laufen, was nach zehn Kilometern zum Ende einer Etappe nicht wirklich für Motivation sorgt.

Tipp Nummer zwei: Nehmen Sie sich eine aktuelle Karte des Pilgerwegs mit.

Hoch zum Kloster Mariabuchen wird der Weg noch steiler. Verschwitzt und schwer atmend kommen wir am Ziel an. Die Freude ist groß. „Ich hätte auch keinen Schritt mehr gehen können“, sagt Magdalena. Pater Marian Lukomski stempelt uns den Pilgerpass des Marienwegs und zeigt uns die Kirche. Mariabuchen sei der älteste Wallfahrtsort der Diözese Würzburg, erklärt er.

Am ersten Tag haben wir erfolgreich 20 Kilometer geschafft, und das in fünf Stunden. Uns ist aufgefallen, dass der Marienweg nicht den direkten Weg nimmt, aber darum geht es beim Pilgern nicht. „Im Leben auch nicht“, denke ich. Und da war sie: Die erste spirituelle Erkenntnis! Wir haben bereits im Vorfeld nach Übernachtungsmöglichkeiten geschaut. In Mariabuchen haben wir leider keinen Platz zum Schlafen in unserer Preiskategorie gefunden. Deswegen schlagen wir unser Zelt auf einem Campingplatz in Hofstetten auf, der direkt am Marienweg liegt. Müde fallen wir schon um 22 Uhr ins Bett.

Tipp Nummer drei: Planen Sie die Übernachtungsmöglichkeit bereits vor der Reise.

Am nächsten Tag geht es nach dem Frühstück direkt weiter. Fit wie am ersten Tag sind wir allerdings nicht mehr. Zunächst laufen wir zu der Ruine Schönrain. Für diesen Weg können wir unser Gepäck am Campingplatz lassen. Das ist sehr angenehm. Leichtfüßig, was nicht meint ohne Blasen, laufen wir hoch zu der Ruine. Einige Teile sind noch recht gut erhalten. Man kann sogar die Wendeltreppe zu einem Turm hochlaufen. „Anstrengend, aber irgendwie cool. Man fühlt sich wie eine Prinzessin“, sagt Magdalena. Grüne, dichte Bäume grenzen den Main von den umliegenden Feldern ab. Ruhig windet sich der Fluss an den Feldern und Hügeln entlang. Wir genießen kurz diesen beruhigenden Ausblick. Dann geht es durch den Wald wieder zurück.

Am Campingplatz werden die Rucksäcke geschultert und es geht weiter Richtung Gemünden. Dort kehren wir in einem Café ein. Auch hier finden wir leider nicht wieder auf den Marienweg und gehen deswegen den Radweg nach Schönau. Wir sind neidisch auf die E-Bikes, die an uns vorbeipreschen. Ich verliere meine Kappe und darf deswegen nochmal 700 Meter zurücklaufen. Aber ich erinnere mich erneut, es geht nicht darum, das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen, sondern um den Weg selbst. Ich frage mich: „Was ist mir meine Kappe wert?“

„Es war ein bisschen entspannter“, sagt Anna-Lena kurz bevor wir das Kloster erreichen. Es gab weniger Steigung und generell war die Etappe fünf Kilometer kürzer als die am vorherigen Tag. Dennoch fiel der Weg nicht leicht. „Schon beim Losgehen haben die Füße weh getan und das ist dann natürlich anstrengend“, erklärt Magdalena. Wirklich genossen haben wir den Pilgerweg am zweiten Tag nicht.

Tipp Nummer vier: Investieren Sie in gutes Schuhwerk und laufen Sie dieses vorher ein.

Dann erreichen wir das Kloster Schönau, und die Mühen haben sich gelohnt. Hinter dem Kloster wachsen Obstbäume. Einige Äpfel und Birnen liegen auf dem Boden. Bienen und Hornissen summen um uns herum. Im Hintergrund rauscht die Saale. Das Kloster liegt auf einem Hügel. So kann man auf die Saale blicken, hinter der sich ein Wald erstreckt. Alles ist sehr idyllisch. Im Pilgersaal dürfen wir eine Nacht schlafen, weil wir vorher angefragt haben. Das Kloster Schönau entscheidet nach Einzelfall und Platz, wen es beherbergt. Guardian Pater Steffen Behr stempelt unser Pilgerheft, führt uns durch die Kirche und erklärt die lange Geschichte des Klosters. Es wurde einst von Friedrich von Thüngen als Zisterzienserinnenkloster gegründet, um den ledigen weiblichen Familienmitgliedern eine Alternative zu bieten. Er gab das Kloster nach 60 Jahren an den Grafen von Rieneck ab. Daher gebe es auch heute noch den Nonnenpfad, früher bekannt als „Weg der Tränen“, von Rieneck nach Schönau. Diesen Weg gingen die Adelstöchter ins Kloster. „Ob es damals Freudentränen waren, oder weniger Freudentränen, das weiß man nicht mehr“, erklärt Pater Steffen. Seit 1699 leben dort nun die Franziskaner-Minoriten. Nach der Kirchenführung verteilt Bruder Tobias Matheis eine Kostprobe des eigenen Klosterbiers. Bei einer kleinen Brotzeit sehen wir, wie die Sonne hinter dem Berg untergeht und sich der Himmel zunächst rosa und dann blau färbt.

Tipp Nummer fünf: Erkundigen Sie sich vor der Pilgerreise über mögliche Besichtigungen auf dem Weg.

Am nächsten Morgen ist es etwas diesig und über der Saale steht der Nebel. Erfreut über die kühleren Temperaturen starten wir motivierter als am Tag zuvor. „Ich freue mich, aber bin auch gespannt, weil wir heute über zwei Berge gehen, wie wir gestern gehört haben“, erklärt Anna-Lena. Die Brüder hatten uns am Tag zuvor schon gewarnt: Es sind nicht nur 20 Kilometer, sondern auch um die 500 Höhenmeter. Mit dem Frühstück erhalten wir Zuwachs. Pastoralreferentin Marie-Christin Herzog bringt Schokocroissants und begleitet uns bei der letzten Etappe. „Einfach ausprobieren, mal so einen Tag raus aus dem Alltag und schauen, wie es so ist“, sagt sie.

Der Weg führt in den Wald und es geht fast direkt bergauf. Der Boden ist nicht mehr so staubig wie die Tage zuvor. Auch die Luft ist klarer. Warm ist es trotzdem. Ein kleines Handtuch, das ich eigentlich als Waschlappen benutzen wollte, wird nun zum Schweißtuch. Auch an diesem Tag gehen wir erneut unfreiwillig eine Extrameile, weil wir das Schild übersehen haben. Direkt den richtigen Weg zu gehen, wäre auch zu einfach. Dass wir falsch sind, realisieren wir nur, weil Anna-Lena skeptisch wird: „Warum gehen wir schon wieder bergab?“ Also drehen wir um und gehen wieder hinauf. Diesmal mit achtsamen Augen, und wir finden den richtigen Abzweig, der noch steiler nach oben geht. Haben wir da eventuell gekonnt weggesehen?

Es ist wirklich anstrengend. Die Träger des Rucksacks schneiden in meine Schultern. Wegen des schweren Rucksacks gehe ich leicht vornübergebeugt. Deshalb muss ich mich selbst erinnern, auch mal hinauf zu schauen, um die schöne Natur um uns herum wahrzunehmen. Wir gehen durch den Wald. Ich sehe die dichten Blätter der Bäume. Ab und zu fällt ein Blatt geräuschlos auf den Boden. Es gibt so viele verschiedene Grüntöne zu entdecken. Natürlich ist es auch ein guter Impuls, den man mit in den Alltag nehmen kann. Vor lauter Stress und Zielstrebigkeit schaut man nur noch auf den Weg und nicht auf die Umgebung. Man sollte stehenbleiben und den Moment richtig erleben und wahrnehmen. Mit schwerem Gepäck ist das allerdings nicht so leicht.

Deswegen ist Tipp Nummer sechs: Überlegen Sie sich gut, ob Sie wirklich mit Gepäck pilgern möchten.

In Rieneck angekommen, sehen wir einen überdachten Tisch mit Bänken, der direkt neben einer grünen Wiese steht. Wir sehen das als Zeichen und machen eine langersehnte Pause. Kekse, Nüsse und natürlich Wasser werden ausgepackt. Die Menschen, die vorbeikommen, grüßen freundlich. Nach der ausgedehnten Pause geht es ein Stück durch den Ort und dann weiter

Richtung Rengersbrunn. Es geht wieder bergauf – und noch weiter bergauf. Auf einmal riecht es süßlich, etwas nach Limette. Wir bleiben kurz stehen. Magdalena nascht von den Brombeeren, die im Wald wachsen. Wir gehen den Pfad weiter, bis wir wieder auf einen größeren Weg gelangen. Wir machen Halt an einer Hütte. Innen liegt eine Tischdecke auf dem Tisch und die Hütte ist generell liebevoll dekoriert. Wir tragen uns ins Gästebuch ein, und als wir weitergehen, geht es endlich wieder bergab. Wir sind schon ganz schön geschafft. Hungrig und mit letzten Kräften erreichen wir die Wallfahrtskirche in Rengersbrunn. Einen finalen Stempel gibt es dort leider nicht.

Tipp Nummer sieben: Haben Sie immer genug Essen dabei und informieren Sie sich gut über Einkehrmöglichkeiten. Das hält die Motivation oben.

Der Marienweg ist vielseitig und zeigt die Schönheiten der fränkischen Landschaft. Es gibt leider nicht viele Unterkünfte und Einkehrmöglichkeiten. Deswegen sollte man ausreichend Proviant einpacken und die Pilgerreise gut planen. Außerdem können einige Start- und Zielpunkte nicht oder nur sehr schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Das ist schade. Es hat sich gezeigt, dass eine mehrtägige Pilgerreise einen anderen Effekt hat als Tageswanderungen. Es braucht Zeit, sich vom Alltag zu lösen und in den Gang zu kommen. Ab dem dritten Tag hat sich das Pilgern schon ganz anders angefühlt. Wir hatten uns ans Pilgern und auch ans Gepäck mehr gewöhnt. Dadurch habe ich die Umgebung nochmal ganz anders wahrgenommen.

Informationen zum Fränkischen Marienweg unter www.fraenkischer-marienweg.de.

Katrin Henn (POW)

(3622/0985; E-Mail voraus)

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