Würzburg/Aachen (POW) Professor Dr. Andrea Riccardi, Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio, wird am 21. Mai 2009 mit dem renommierten Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. 1983 wurde die erste deutsche Niederlassung von Sant’Egidio in Würzburg gegründet, wo die Gemeinschaft bis heute ihr deutschlandweit größtes Zentrum hat. Im Gespräch erzählt Professor Dr. Klaus Reder von der Würzburger Gemeinschaft Sant’Egidio über die Freude in Unterfranken bei Bekanntgabe der Auszeichnung, Glückwünsche des Papstes und seine möglichen Reisepläne im Mai.
POW: Herr Professor Reder, mit dem Karlspreis erhält Andrea Riccardi einen der renommiertesten Preise Europas. Haben Sie hier in Würzburg mitgefeiert, als Sie die frohe Kunde von der Auszeichnung erhalten haben?
Professor Dr. Klaus Reder: In der Begründung des Karlspreisdirektoriums für die Auszeichnung heißt es unter anderem: „In Würdigung eines herausragenden Beispiels zivilgesellschaftlichen Engagements für ein menschliches und – innerhalb wie außerhalb seiner Grenzen – solidarisches Europa, für die Verständigung von Völkern, Kulturen und Religionen und für eine friedlichere und gerechtere Welt. Er lebt das Europa der Werte.“ Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Die Gemeinschaft Sant’Egidio ist eine große Familie von Brüdern und Schwestern, und deshalb haben wir natürlich alle mitgefeiert. Und nicht nur wir haben gefeiert, sondern eine Vielzahl von Freunden hat uns gratuliert. Sogar vom Heiligen Vater sind Glückwünsche bei unserer Gemeinschaft in Rom angekommen.
POW: Was bedeutet der Preis für Ihre Gemeinschaft allgemein?
Reder: Es ist eine große Ehre und eine freudige Überraschung, dass dieser angesehene Preis Andrea Riccardi und der Gemeinschaft Sant’Egidio verliehen wird. Dieser Preis stärkt die Arbeit der Gemeinschaft für den Dialog unter den verschiedenen Kulturen und Religionen und ermutigt tausende Mitglieder im täglichen Einsatz für eine Gesellschaft des Zusammenlebens und nicht des Kampfes und im Einsatz der Annäherung von Europa und Afrika.
POW: Welche Konsequenzen hat die Auszeichnung für Sant’Egidio in deren deutschem Gründungsort Würzburg?
Reder: Zunächst einmal werden wir unseren Wurzeln treu bleiben, das heißt der Liebe zu den Armen und der Treue zum Gebet. In diesen Tagen ist beim Würzburger Echter Verlag ein neues Buch von Andrea Riccardi mit dem Titel „Die Kunst des Zusammenlebens“ erschienen. Dieses Buch greift Themen auf, deren Verbreitung wir uns als Ziel gesetzt haben. Auch unseren Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe und unseren Einsatz für die Aidstherapie in Afrika werden wir mit neuer Kraft und der Hilfe vieler Freunde weiter verfolgen.
POW: Werden auch Vertreter aus Würzburg zur Preisverleihung am 21. Mai 2009 nach Aachen reisen?
Reder: Zur Preisverleihung werden selbstverständlich viele Mitglieder und Freunde von Sant‘Egidio aus Würzburg und aus ganz Deutschland nach Aachen reisen. Andrea Riccardi war immer wieder in Deutschland bei Konferenzen, auf Katholiken- und Kirchentagen, aber auch zu politischen Gesprächen. Er hat hierbei viele Freunde gewonnen, die gemeinsam mit uns den Weg eines „Europas der Werte, eines Europas der Hoffnung“ gehen.
POW: Wenn Andrea Riccardi zur Preisverleihung nach Deutschland kommt, macht er dann auch Station in Würzburg?
Reder: Das hängt ein wenig ab von der Terminplanung, denn inzwischen ist im Umfeld der Preisverleihung eine Vielzahl von Einladungen aus Deutschland an Andrea Riccardi ergangen. Natürlich würden wir uns über einen Besuch in Würzburg freuen, ob nun im Zusammenhang mit der Verleihung des Karlspreises oder zu einer anderen Gelegenheit.
Sant’Egidio und Karlspreis:
Der mittlerweile 58-jährige Andrea Riccardi gründete 1968 in Rom die katholische Laienorganisation Sant’Egidio, die sich der karitativen Arbeit sowie dem Dialog der Religionen widmet. Bekannt wurde die Organisation vor allem durch ihre erfolgreiche Friedensvermittlung in Bürgerkriegsgebieten, unter anderem 1992 in Mosambik. Ihren Hauptsitz hat die Gemeinschaft mit weltweit rund 50.000 Mitgliedern in Rom. 1983 wurde die deutsche Sant’Egidio-Gemeinschaft in Würzburg gegründet, wo bis heute das größte Zentrum ist. Weitere Gruppen gibt es in Aachen, Bayreuth, Berlin, Bremen, Fulda, Mönchengladbach, München und Wiesbaden. Mit dem Karlspreis werden seit 1950 Persönlichkeiten geehrt, die den Gedanken der abendländischen Einigung in politischer, wirtschaftlicher und geistiger Beziehung gefördert haben. Mit dem Karlspreis ausgezeichnet wurden bisher unter anderem Konrad Adenauer, Winston Churchill, Francois Mitterand, Helmut Kohl, Frère Roger, Bill Clinton und Papst Johannes Paul II. Im vergangenen Jahr erhielt Bundeskanzlerin Angela Merkel den Karlspreis.
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