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„Wer auf Christus hofft, hat Zukunft“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann beim Vespergottesdienst zum Auftakt der Kiliani-Festwoche am Samstag, 5. Juli 2008, im Kiliansdom

Liebe Mädchen und Buben, liebe Jugendlichen, liebe Schwestern und Brüder,

wir leben von der Hoffnung!

Wenn ein Kind geboren wird, hoffen die Eltern, dass es gesund ist und einen guten Start ins Leben hat. Wenn es in die Schule kommt, hoffen sie, dass es die Lernanforderungen gut bewältigt. Wenn es in die Pubertät kommt, hofft der Jugendliche, dass er selbst sein Leben gemeistert bekommt. Wenn die Schule fast abgeschlossen ist, hofft der oder die einzelne, den richtigen Beruf zu finden und auch realisieren zu können, den richtigen Lebenspartner zu finden… und, und, und ….und schließlich hoffen wir auf einen gnädigen Tod. Und dann?

1. Wir leben von der Hoffnung!

Wie oft aber werden unsere Hoffnungen zerstört. Zum Beispiel dann, wenn wir nicht everybody‘s darling sind, wenn uns das Lernen schwer fällt, wenn zuhause immer mehr gestritten wird, schließlich permanent Zoff ist und die Eltern auseinandergehen; wenn wir unglücklich verliebt sind, nicht den Traumberuf erreichen, schwer krank werden, ein geliebter Mensch stirbt…

Wie oft trösten wir einander, indem wir sagen: Gib die Hoffnung nicht auf! Worauf richten wir unsere Hoffnung dann? – auf die Zukunft und dass es besser wird. Wie entsetzt sind wir aber, wenn wir erfahren, dass ein Mensch so hoffnungslos war, dass er sich das Leben genommen hat. Ohne Hoffnung leben zu müssen, ist das Schlimmste, was uns passieren kann.

Hoffnung ist immer auf Zukunft ausgerichtet. Wir erhoffen uns etwas, das wir nicht sehen und dessen Einlösung wir nicht sicher sein können. Wir wünschen uns dies oder das und erhoffen es uns. Wer aber soll unsere Sehnsucht erfüllen? Ein blindes Schicksal? Der Zufall?

2. Wir Christen glauben an einen lebendigen Gott, der die Liebe ist. Wir glauben, dass das Prinzip Liebe, die Mitte allen Lebens und damit auch aller Hoffnungen, der dreifaltige Gott ist. Ja, Gottes Lebensmitte ist der Liebesaustausch zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. Dies wissen wir nicht aus uns selbst. Dies ist uns geoffenbart. Und doch finden wir diese Sehnsucht nach Liebe und damit nach gelingendem Leben in uns vor. Es ist uns vorgegeben. Deshalb ist es so wichtig, dass schon der junge Mensch viel Liebe erfährt. Ohne Liebe verkümmert und verzweifelt er.

Deshalb ist es auch so wichtig, dass der junge Mensch von der Liebe erfährt, die allein Bestand hat und über alle täglichen Schwierigkeiten hinaus durchträgt.

Unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI. hat im vergangenen Jahr eine Enzyklika geschrieben, die den Titel trägt „Auf Hoffnung hin sind wir gerettet.“ (Röm 8,24). Er zitiert da den heiligen Paulus im Brief an die Römer. Er spricht die kleinen und großen Hoffnungen an, die alltäglichen und die, die über den Tellerrand unseres Lebens hinausführen – zum Beispiel nach Gott und unserem Leben in Gott. Auch hier geht es um Zukunft, aber um eine Zukunft, die uns geschenkt wird und die schon längst begonnen hat!

Der heilige Paulus, dessen wir von diesem Monat ab besonders im laufenden Jahr gedenken, weist uns darauf hin, dass unsere Hoffnung, geliebt und durch das Leben in eine wunderbare Zukunft hinein gerettet zu werden, auf dem Glauben an Christus gegründet ist. In ihm ist Gott Mensch geworden und durch ihn hat er uns seine Liebe überdeutlich geschenkt. Ohne Christus sähe es düster aus.

3. Es gibt zurzeit wieder einen neuen Atheismus, der mit dem Verweis auf das Leiden in der Welt unsere Botschaft von einem liebenden Gott aushebeln will. Da hören wir: „Wie kann es angesichts des Elend in dieser Welt einen liebenden Gott geben?“ Das ist in der Tat eine schwergewichtige Frage! Sie bricht bei uns im Alltag ebenso auf wie angesichts der weltweiten Katastrophen, Verbrechen und allen Elends, das wir erfahren.

Wir Christen leiden unter dieser Realität wie alle anderen. Aber wir belassen es nicht bei einem Aufschrei! Wir dürfen im Glauben sagen, dass Gott nicht fernab auf dieses Elend herabschaut, sondern dass er etwas Gewaltiges getan hat, um dieses Leben zu heilen: Er hat sich selbst unter Angst und Schmerzen in Jesus Christus in das Zentrum des Leidens begeben, es durchlitten und durch seinen Tod am Kreuz im Kern überwunden.

Manche werden sich jetzt fragen: „Wie können wir das begreifen?“ Letztlich begreifen können wir es wohl nicht. Das Geheimnis des Leidens im Zusammenhang mit der ganzen Schöpfung bleibt, und dessen Sinn wird sich erst voll erschließen, wenn wir Gott von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen werden. Für jetzt aber ist wichtig, dass sich dieser Gott selbst in das Auge des Leidensorkanes begeben hat – für uns. Das sagt uns der Glaube.

Und die Konsequenz? Ich darf mir sagen, dass ich auch im Leiden geliebt bin. Es kann keine Situation in meinem Leben geben, in der ich aussichtslos verloren bin – und: So wie Gott in seinem Sohn das Leiden auf sich genommen hat für mich, soll ich nach Maßgabe Jesu Christi das Leiden in der Welt verringern helfen.

Deshalb ist Christus nicht einfach mit seiner Himmelfahrt aus dieser Welt verschwunden. Er bleibt unter uns in seinem Wort, in den Sakramenten, der Feier der Eucharistie und – im (geschundenen) Nächsten! Ich kann etwas tun! Indem ich mein Leben auf Christus ausrichte, gebe ich ihm die Möglichkeit, hier und heute das Leiden zu vermindern.

Menschen, die dies getan haben und tun, sind die Zeugen für die Richtigkeit dieses Ansatzes.

4. So hat der Heilige Vater in seiner soeben angesprochenen Enzyklika das Lebensschicksal eines Mädchens geschildert, das unter schwierigsten Bedingungen diese Liebe gefunden hat:

Giuseppina Bakhita hieß die Afrikanerin, die 1869 in Dafur im Sudan geboren wurde. „Mit neun Jahren wurde sie von Sklavenhändlern entführt, blutig geschlagen und fünfmal auf den Sklavenmärkten des Sudan verkauft. Zuletzt war sie als Sklavin der Mutter und der Gattin eines Generals in Diensten und wurde dabei täglich bis aufs Blut gegeißelt, wovon ihr lebenslang 144 Narben verblieben. 1882 wurde sie schließlich von einem italienischen Händler für den italienischen Konsul Callisto Legnani gekauft, der angesichts des Vormarschs der Madhisten nach Italien zurückkehrte. Hier lernte Bakhita schließlich nach so schrecklichen „Patronen“, denen sie bisher unterstanden war, einen ganz anderen „Patron“ kennen – „Patron“ nannte sie in dem venezianischen Dialekt, den sie nun lernte, den lebendigen Gott, den Gott Jesu Christi. Bisher hatte sie nur Patrone gekannt, die sie verachteten und misshandelten oder bestenfalls als nützliche Sklavin betrachteten. Aber nun hörte sie, dass einen „Patron“ über allen Patronen gibt, den Herrn aller Herren und dass dieser Herr gut ist, die Güte selbst. Sie erfuhr, dass dieser Herr auch sie kennt, auch sie geschaffen hat – ja, dass er sie liebt. Auch sie war geliebt, und zwar von dem obersten Patron, vor dem alle anderen Patrone auch nur selber armselige Diener sind. Sie war gekannt und geliebt und wurde erwartet. Ja, dieser Patron hatte selbst das Schicksal des Geschlagen-werdens auf sich genommen und wartete nun „zur Rechten des Vaters“ auf sie. Nun hatte sie „Hoffnung“ – nicht mehr bloß die kleine Hoffnung, weniger grausame Herren zu finden, sondern die große Hoffnung: Ich bin definitiv geliebt, und was immer mir geschieht – ich werde von dieser Liebe erwartet. Und so ist mein Leben gut. Durch diese Hoffnungserkenntnis war sie „erlöst“, nun keine Sklavin mehr, sondern freies Kind Gottes. Sie verstand, was Paulus sagte, wenn er die Epheser daran erinnerte, dass sie vorher ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt gewesen waren – ohne Hoffnung, weil ohne Gott.“

Sie empfing 1890 Taufe, Firmung und die erste heilige Kommunion und legte 1896 die Gelübde der Canossa-Schwestern ab. Der Papst: „Die Hoffnung, die ihr geworden war und sie ‚erlöst’ hatte, durfte sie nicht für sich behalten; sie sollte zu vielen, zu allen kommen.“

Ja, wir brauchen junge Menschen, die den Wert dieser Hoffnung erkennen und durch ihr Leben bezeugen. Dann jammern wir nicht nur über das Elend in dieser Welt, dann helfen wir in Jesus Christus, es zu vermindern.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ – ist ein geflügeltes Wort. Wir dürfen sagen, wer auf Christus hofft, hat Zukunft.

Amen.