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„Wer es fassen kann, der fasse es!“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Hochfest Fronleichnam, Donnerstag, 7. Juni 2007, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

Gott hat ein Dreifaches gewagt: Den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis zu schaffen, in seinem Sohn Jesus Christus selbst Mensch zu werden und schließlich unter den Gestalten von Brot und Wein unsere Speise zu werden. Wer es fassen kann, der fasse es!

Der heilige Paulus hat uns im ersten Korintherbrief die älteste authentische, apostolische Überlieferung der Einsetzung der Eucharistie geschenkt. Wir hörten diesen Text in der heutigen 2. Lesung: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe.“ (1 Kor 11,23) Und nun schildert er, wie Jesus, der Herr, am Gründonnerstagabend Brot nahm, das Dankgebet sprach, das Brot brach und sagte: „Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ – den Kelch nahm und sprach: „Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!“

Liebe Schwestern und Brüder,

durch alle Jahrhunderte haben sich hochgescheite und einfache fromme Christen den Kopf über das Geheimnis der heiligen Eucharistie zerbrochen. Im Grunde kam alles Ringen um Verstehen letztlich zur Erkenntnis, dass man nur staunend und anbetend vor diesem Geheimnis verbleiben könne. Der heilige Thomas von Aquin, der sich besonders intensiv mit der Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein auseinandergesetzt hat, ringt letztlich in der Sequenz „Lauda Sion Salvatorem“ um das gläubige Verständnis, wenn er sagt: „Dieses Brot sollst du erheben, welches lebt und gibt das Leben, das man heut’ den Christen weist… Vor der Wahrheit muss das Zeichen, vor dem Licht der Schatten weichen, hell erglänzt des Tages Strahl… Doch was uns der Glaube kündet, der Gestalten Wesen schwindet, Fleisch und Blut wird Brot und Wein. Was das Auge nicht kann sehen, der Verstand nicht kann verstehen, sieht der feste Glaube ein… Blut ist Trank, und Fleisch ist Speise, doch der Herr bleibt gleicherweise ungeteilt in beider Bild. Wer ihm nahet voll Verlangen, darf ihn unversehrt empfangen, ungemindert, wunderbar. Einer kommt, und tausend kommen, doch so viele ihn genommen, er bleibt immer, der er war…“

Wie wollen wir auch das Geheimnis der Wesensverwandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut Jesu Christ verstehen oder anderen begreiflich machen? Ich möchte Ihnen ein Gleichnis vortragen, dessen Grenzen mir zwar auch bewusst sind, von dem ich aber doch eine Verstehenshilfe erhoffe:

Der Bischof von Gaza wurde einst von einem Moslem gebeten, er möge ihm das Geheimnis der Eucharistie erklären. „Wie kann aus Brot und Wein Fleisch und Blut Christi werden?“ Der Bischof antwortete: „Als kleines Kind kamst du auf die Welt. Doch du bist nicht so klein geblieben. Du bist vielmehr gewachsen und groß geworden. Dein Leib hat die Nahrung verwandelt. – Wenn nun schon der Körper des Menschen Brot und Wein und jegliche Nahrung in Fleisch und Blut zu wandeln vermag, so wird das wohl auch der allmächtige Gott vermögen.“

Der Moslem horchte auf, stellte dann aber eine zweite Frage: „Wie soll es aber möglich sein, dass in dieser kleinen Scheibe Brot der ganze Christus gegenwärtig ist? Das ist doch nicht zu fassen!“ Der Bischof antwortete mit einer Gegenfrage: „Du siehst die Welt, die uns umgibt?“ Sein Gegenüber nickte. „Du weißt, wie klein des Menschen Auge ist?“, fragte er weiter. Wieder nickte der Fragesteller. „Und dennoch“, fuhr der Bischof fort, „findet die ganze Welt in deinem Auge Platz. Wie sollte es dem Herrn der Schöpfung da nicht möglich sein, in dieser kleinen Hostie ganz präsent zu sein!“

Der verblüffte Moslem richtete dann aber doch noch eine dritte Frage an den Bischof: „Aber es ist doch unmöglich, dass derselbe Christus gleichzeitig in allen euren Kirchen gegenwärtig ist!“ Und der Bischof: „Nun, schau dich doch einmal um. Hier liegen Scherben eines Spiegels. Dein Bild findest du in jedem Splitter wieder, und meine Worte hören alle, die uns umstehen. Wie sollte es Gott, dem Allherrscher, nicht möglich sein, dass Christi Leib an vielen Orten gleichzeitig zugegen ist?“ (Aus: Anbetungsstunde am Gründonnerstagabend, S. 6f.)

Liebe Schwestern und Brüder,

als ich dieses Gleichnis zum ersten Mal hörte, war ich auch verblüfft. Ist unser kleiner Verstand vor dem allmächtigen Gott nicht wirklich gut beraten, da anbetend stehen zu bleiben, wo wir mit menschlichem Denken und Ermessen nicht weiter kommen können? Der heilige Thomas von Aquin fordert uns in seiner Sequenz auf, anzubeten und zu bitten:

„Guter Hirt, du wahre Speise, Jesus, gnädig dich erweise! Nähre uns auf deinen Auen, lass uns deine Wonnen schauen in des Lebens ewigem Reich! Du, der alles weiß und leitet, uns im Tal des Todes weidet, lass an deinem Tisch uns weilen, deine Herrlichkeit uns teilen. Deinen Seligen mach uns gleich.“

Wir stehen staunend und dankbar vor dieser Liebesmitteilung Gottes in der Erschaffung des Menschen, in der Menschwerdung seines Sohnes und der bleibenden eucharistischen Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein. Auf der Tabernakeltür der Kirche Marienthal bei Wesel steht in einer Silbertreibarbeit (von Heinrich Wimmer) zu lesen: „Der Pfingsttag kennt keinen Abend, denn seine Sonne, die Liebe, kennt keinen Untergang.“ Nähern wir uns dieser Liebe, indem wir in ehrfürchtiger Haltung, in aufrichtiger Gesinnung und mit gereinigtem Herzen die heilige Kommunion empfangen und Christus, den Herrn, anbeten. Amen.

(2407/0868; E-Mail voraus)