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„Wer sich mit der Bibel beschäftigt, bleibt beweglich“

Interview mit Burkhard Hose, Diözesanleiter des Katholischen Bibelwerks, zum Bibelsonntag am 28. Januar – Bedeutung der Schrift für das Gemeindeleben betonen

Würzburg (POW) Die Bibel als gemeinsame Glaubensgrundlage steht im Mittelpunkt des ökumenischen Bibelsonntags, der seit 30 Jahren am letzten Sonntag im Januar gefeiert wird. Burkhard Hose (39) ist Diözesanleiter des Katholischen Bibelwerks, Priester, Akademikerseelsorger und Religionslehrer. In folgendem Interview äußert er sich zum Bibelsonntag 2007 und der Frage, wie sich Religion zum Thema Macht und Geld verhält.

POW: Menschen an die Bibel heranführen – das will der Bibelsonntag, der am 28. Januar stattfindet. Worum geht es in diesem Jahr?

Burkhard Hose: Der Bibelsonntag 2007 widmet sich einem Thema, das jeden Menschen unmittelbar betrifft: Es geht um die Bedeutung des Geldes und der Wirtschaft für unsere Gesellschaft und für unser persönliches Leben. Und es geht darum, wie sich Religion zu diesem Thema verhält. Welchen Einfluss die Wirtschaft auf politisch Mächtige ausübt, ist eben nicht nur eine Frage unserer Tage, sondern kommt auch in den beiden Teilen unserer Bibel zur Sprache: Im Alten Testament finden sich Propheten-Texte, die politische Machthaber anprangern, weil sie in ihre eigene Tasche wirtschaften anstatt sich um die Armen im Lande zu kümmern. Und die Botschaft Jesu verspricht den Armen einen privilegierten Platz im Reich Gottes – Texte, die sich kritisch mit der Abhängigkeit des Einzelnen vom Geld, mit dessen korrumpierender Macht und mit der ungerechten Verteilung der Güter auseinandersetzen.

POW: Der Text des Bibelsonntags stammt aus der Apostelgeschichte. Was will das Leitwort „Religion Macht Geld“ sagen?

Hose: Das Motto des Bibelsonntags „Religion Macht Geld“ trifft mitten hinein in die aktuelle Diskussion um die Ökonomisierung aller unserer Lebensbereiche. Der Kerntext des Bibelsonntags ist die Apostelgeschichte 19,21-40 – eine Geschichte, die davon berichtet, wie Paulus in Ephesus das Geschäft der Silberschmiede in Gefahr bringt, die ihr Geld mit der Herstellung von Götterstatuen verdienen. Weil er öffentlich die Wirksamkeit von Götterstatuen und mit ihnen die Existenz der heidnischen Götter in Frage stellt, fürchten die Silberschmiede und Devotionalienhändler um ihren Lebensunterhalt. Die Geschichte erzählt mit einem gewissen Augenzwinkern von dem Geschäft, das auch mit der Religion gemacht wird.

POW: Die Überschrift „Religion Macht Geld“ ist provozierend und doppeldeutig. Warum?

Hose: Man kann das Thema als reine Aufzählung von Begriffen verstehen: „Religion – Macht – Geld“ oder man liest es als einen knappen Aussagesatz: „Religion macht Geld.“ Diese Doppeldeutigkeit ist natürlich beabsichtigt. Das Thema des Bibelsonntags stellt sich selbstkritisch der Tatsache, dass auch in unserer Religion, in unseren Kirchen Geld und Macht eine Rolle spielen: Die Kirche ist Arbeitgeberin, sie besitzt Immobilien, sie hat eben auch eine „unternehmerische“ Seite. Damit muss sie sich zuerst selbst der biblischen Reichtumskritik stellen, will sie sich glaubwürdig zu gesellschaftlichen Entwicklungen rund um das Thema „Ökonomie“ äußern. Die Kirche ist mit ihrer Verkündigung also nicht nur „Absender“ der brisanten Fragen, mit denen sich die Bibel an uns wendet, sondern sie ist gleichzeitig auch deren „Adressat“: Wie halten wir es mit Geschäft, Gewissen und Gewohnheit, Ansehen und Arbeitskampf?

POW: Welche Rolle spielt der Bibelsonntag in den Gemeinden?

Hose: Ich habe den Eindruck, dass der Bibelsonntag in den Gemeinden sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Es gibt Gemeinden, in denen er als einer unter anderen „Themensonntagen“ schlicht unter den Tisch fällt. Andere Gemeinden nutzen den Sonntag, um sich darauf zu besinnen, welche Bedeutung der Bibel in ihrem Gemeindeleben zukommt. Natürlich ist grundsätzlich jeder Sonntag ein „Bibelsonntag“, da in jedem Gottesdienst dem Wort der Schrift eine hervorgehobene Stellung zukommt. Trotzdem halte ich es für sinnvoll, der Bibel noch einmal einen eigenen Sonntag zu widmen. Im Judentum gibt es im Jahreskreislauf ein eigenes Tora-Freudenfest (Simchat Tora). Mich beeindruckt immer wieder, mit welcher Begeisterung gläubige Juden an diesem Tag die Gabe der Tora feiern. Man veranstaltet Prozessionen, bei denen die Schriftrollen mitgetragen werden und bei denen getanzt wird. Ich würde unserem Bibelsonntag etwas von diesem Festcharakter wünschen. Im übrigen gibt es sehr empfehlenswerte Arbeitshilfen, die vom Katholischen Bibelwerk gemeinsam mit der Deutschen Bibelgesellschaft herausgegeben werden. Sie bieten eine Einführung in das Thema des Bibelsonntags und geben Bausteine für die Gestaltung von Gottesdiensten an die Hand.

POW: Sie sind Priester. Der Umgang mit der Bibel gehört zu Ihrem täglichen Leben. Was bedeutet Ihnen das Buch der Bücher?

Hose: Die Bibel besteht aus Schriften, die von Menschen unterschiedlicher Zeiten in verschiedenen Lebenssituationen geschrieben wurden. Sie steckt voller Lebens- und Glaubenserfahrungen, in denen ich mich selber wiederfinden kann. Für mich persönlich eine wichtige Erkenntnis: Wer sich mit der Bibel beschäftigt, bleibt in seinen Überzeugungen und in seinem Glauben beweglich. Die Bibel gibt vor dem Hintergrund des Glaubens immer Antworten auf Fragen, die das Leben der Menschen stellt. Und dieses Leben verändert sich eben ständig. Biblischer Glaube verlangt also kein starres „übergestülptes“ Bekenntnis, sondern ist lebensnah und immer im Wandel. Mir hilft die Bibel mit der Vielfalt der in ihr beschriebenen Lebens- und Glaubenswege, auch in den unterschiedlichen Lebensgeschichten, die mir heute in meinen Arbeitsbereichen begegnen, die Spur Gottes mit uns Menschen zu entdecken.

(0407/0150; E-Mail voraus)

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