Würzburg (POW) Eine Übersicht über alle relevanten EU-Förderprogramme und ihre konkrete Anwendbarkeit in Unterfranken hat die unterfränkische Europaabgeordnete Dr. Anja Weisgerber erarbeitet. Im Diözesan-Caritasverband stellte sie ihren Förderleitfaden auf Einladung von Caritasdirektor Martin Pfriem über 40 Geschäftsführern, Einrichtungsleitern und Abteilungsleitern unterfränkischer Caritasverbände und -einrichtungen vor.
Mit rund 27 Millionen Euro hat die Europäische Union unterfränkische Projekte im Sozialbereich im Zeitraum von 2000 bis 2006 gefördert. Zum Januar 2007 begann eine neue siebenjährige Förderperiode mit wichtigen Neuerungen. Die alte Einteilung nach Zielgebieten wurde aufgelöst. Nicht nur strukturschwache Gebiete – die meisten von ihnen in Ostdeutschland – werden jetzt gefördert, sondern vor allem Maßnahmen mit einem Mehrwert für die Region. Für Unterfranken eröffnet diese neue Politik des Ideenwettbewerbs mehr Chancen auf Strukturförderung.
120,7 Milliarden Euro umfasste der EU-Haushalt im Jahr 2006. Der größte Teil der Mittel floss als Zuschüsse wieder an die Mitgliedsländer zurück, das weitaus meiste davon in die Landwirtschaft und Strukturförderung. Mit zirka 8,4 Milliarden Euro werden 2007 die Bereiche Soziales, Bildung, Arbeitsmarktförderung, Forschung und Innovation bedacht. Hierbei gilt das Prinzip der Ko-Finanzierung. Höchstens fünfzig Prozent gibt es als Zuschuss, der Rest muss aus Eigen- oder Drittmitteln erbracht werden. Weisgerber, die neben dem Binnenmarktausschuss auch im Umwelt- und Sozialausschuss des Europaparlaments sitzt, weiß, dass diese Hürde für viele Sozialeinrichtungen zu hoch ist. Daher werden hier auf Antrag auch deutlich höhere Förderquoten gewährt. Ehrenamtliche Arbeit könne leider nicht als Eigenmittel angesetzt werden, da sie nicht genau zu beziffern sei, sagte die Parlamentarierin auf Nachfrage. Es sei aber ein interessanter Gedanke, und sie werde ihn in Brüssel weiter verfolgen. Schließlich ist das Ehrenamt für viele Wohlfahrtseinrichtungen ein wichtiges Standbein. Hauptamtliche Arbeit, so die Erfahrung von Arno Issing, im Caritasverband zuständig für die Beantragung von EU-Fördermitteln, werde jedoch als Eigenleistung anerkannt. Die EU-geförderten Fortbildungen im Kranken- und Altenpflegebereich der Caritas wären ansonsten kaum finanzierbar.
Der seit 50 Jahren bestehende Europäische Sozialfond umfasst schwerpunktmäßig die Bereiche Weiterbildung, Chancengleichheit und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Für Bayern sieht er in der neuen Förderperiode bis 2013 zirka 310 Millionen Euro vor. „Trotz der Erweiterung der EU konnte Bayern seine Förderquote behalten“, sagte Weisgerber. Die Entscheidung über die Anerkennung beantragter Projekte laufe ab jetzt über die jeweiligen Ministerien, hier also über das bayerische Sozialministerium. „Das ist auch besser so, die sind einfach näher dran als Brüssel.“ Als Ansprechpartner für europäische Förderprogramme können unterfränkische Antragsteller auch die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer, das Technologiezentrum und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft nutzen. Weisgerber motivierte ihre Zuhörer, bestehende Netzwerke und Arbeitsgemeinschaften weiter zu pflegen und sich um die Anträge zu kümmern. Es lohne sich. Eine Umfrage ihres Büros bei 400 unterfränkischen Gemeinden, Wirtschaftsvereinigungen, Verbänden und Institutionen ergab, dass von 1998 bis 2005 über 70 Prozent der beantragten Fördermittel bewilligt worden waren.
Der vollständige Förderleitfaden steht im Internet unter www.foerderleitfaden.de.
(0407/0155; E-Mail voraus)
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