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„Wir brauchen Brücken, keine Mauern“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Silvesterabend, 31. Dezember, im Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

der siebte Tag nach Weihnachten ist der letzte Tag im Kalenderjahr. Am siebten Tag - so lesen wir in der Bibel im Buch Genesis - ruhte Gott vom Schöpfungswerk aus. Der achte Tag gilt dann als der Tag der Neuschöpfung. Auf dieses Ziel hin leben wir. Wir bauen darauf, dass Gott am Ende der Zeit in seiner Zeitlosigkeit einen neuen Himmel und eine neue Erde erschafft. Für uns ist der achte Tag nach Weihnachten der erste Tag im Neuen Jahr. Er ist der Gottesmutter Maria geweiht. Sie ist ja als Mutter Jesu Christi gleichsam das Einfallstor des unsichtbaren Gottes in die geschöpfliche, aber verwundete Welt, in der wir im Neuen Jahr wieder einen kleinen Schritt auf die erhoffte Vollendung zugehen dürfen.

In diesen Tagen wird verstärkt Rückblick auf das vergangene Jahr gehalten. Fortschritte und Rückschritte werden gleichermaßen benannt. Mir liegen noch nicht die Zahlen aus unserem Bistum für 2014 vor. So erspare ich uns allen eine Bilanzierung unseres Bistums für das vergangene Jahr. Unabhängig von all dem Summierten aber bleibt ein großes Thema, das uns hautnah begleitet: Das Thema Frieden.

Weltweit brechen neue Krisenherde aus: Darunter fallen der Nahe Osten mit Israelis und  Palästinensern in der Westbank und im Gaza-Streifen, die Terror-Organisation IS in Pakistan, Afghanistan und Irak, die fundamentalistische Islam Bewegung Boko Haram in Nigeria. Dann ist der noch lange nicht ausgestandene Konflikt in der Ukraine mit Russland zu nennen. Millionen Menschen sind auf der Flucht und kommen auch zu uns. Die Sehnsucht nach Frieden bleibt unvermindert. Und ist nicht gerade die Weihnachtsbotschaft eine einzige Friedenbotschaft?

Der unter kommunistischer Herrschaft in der Tschechoslowakei heimlich zum Priester geweihte Professor Tomáš Halík schrieb: „Ich bin bis heute zu wenig unbefangen und rein, als dass ich die Sprache der Engel verstehen könnte. Jedoch höre ich Seine Sprache in den Wunden der Welt, ich höre dort sein Rufen und das Schlagen Seines Herzens: Ich kann sie nicht verstehen, ich kann nicht vortäuschen, taub zu sein. Und immer wieder - aber nie genug - lerne ich die Sprache der Berührungen, damit sie an diesen empfindlichen Stellen Linderung bringen.“

Wir nehmen mehr die Wunden der Welt wahr. Da, wo Krieg oder kriegsähnliche Zustände herrschen, da vermissen wir den Frieden. Da geht uns auf, wie schrecklich Unterdrückung und Leid ist. Frieden, so sagt Papst Franziskus, kann nur da gelingen, wo Gerechtigkeit geschieht. Es bleibt unsere große Aufgabe, vom Mensch gewordenen Gott, vom Friedensfürsten - wie die Heilige Schrift sagt - den Frieden in die Welt zu tragen. In seiner Ansprache anlässlich des Friedensgebetes in den vatikanischen Gärten mit Staatspräsident Shimon Peres und Staatspräsident Mahmoud Abbas am 8. Juni 2014 sagte der Heilige Vater wörtlich:

„Um Frieden zu schaffen, braucht es Mut, sehr viel mehr, als um Krieg zu führen. Es braucht Mut, um Ja zu sagen zur Begegnung und Nein zur Auseinandersetzung. Ja, zum Dialog und Nein zur Gewalt. Ja, zur Verhandlung und Nein zu Feindseligkeiten. Ja, zur Einhaltung von Abmachungen und Nein zu Provokationen. Ja, zur Aufrichtigkeit und Nein zur Doppelzüngigkeit. Für all das braucht es Mut, eine große Seelenstärke.“

Gerade konnten wir den Medien entnehmen, dass der Papst maßgeblich am Aufsehen erregenden Abkommen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten beteiligt war. Welch ein Segen für die Menschen! Hier zeigt sich, dass seine Empfehlungen nicht bloße Worte bleiben, sondern in die Tat umgesetzt, konkrete Ergebnisse erzielen.

Am 9. November dieses Jahres sagte Papst Franziskus beim Angelusgebet auf dem Petersplatz: „Vor 25 Jahren, am 9. November 1989, fiel die Berliner Mauer, die lange die Stadt zweigeteilt hat und Symbol für die ideologische Spaltung Europas und der ganzen Welt gewesen ist. Der Mauerfall ereignete sich plötzlich, doch er wurde durch den langen und mühsamen Einsatz vieler Menschen ermöglicht, die dafür gekämpft, gebetet und gelitten haben, einige bis zum Opfer ihres Lebens. Unter diesen hat der heilige Papst Johannes Paul II. eine Hauptrolle gespielt.

„Beten wir“ - so fuhr der Papst fort - „dass sich mit der Hilfe des Herrn und der Zusammenarbeit aller Menschen guten Willens immer mehr eine Kultur der Begegnung verbreite, die fähig ist, alle Mauern zum Einsturz zu bringen, die noch immer die Welt teilen, und dass es nicht mehr geschehe, dass unschuldige Menschen aufgrund ihres Glaubensbekenntnisses und ihrer Religion verfolgt oder sogar getötet werden. Wo es eine Mauer gibt, ist das Herz verschlossen. Wir brauchen Brücken, keine Mauern!“

Ja, liebe Schwestern und Brüder, beten wir am letzten Tag dieses Jahres und morgen, am Neujahrstag, den wir auch als Weltfriedenstag begehen, dass allen Menschen auf der Erde Friede und Gerechtigkeit geschenkt werde. Denken wir im Gebet an die weltweit verfolgten Christen, die so wenig von uns beachtet werden und öffnen wir uns denen, die konkret bei uns Hilfe suchen. Beten wir, dass Gott, der die Liebe ist, uns zu seinen Friedensboten macht. Amen.