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Dokumentation

„Wir gehen auf Wallfahrt, um selbst den Durst wieder zu spüren“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung beim Pontifikalamt zur Würzburger Kreuzbergwallfahrt am Montag, 22. August 2022, auf dem Kreuzberg

„Mich dürstet“

• Gehört zu den letzten Worten des sterbenden Jesus.

• Ausgetrocknete Mundschleimhaut und das Befeuchten des Mundes als letzter Liebesdienst am Ende.

• Durst nach Leben, nach ewigem Leben angesichts des bevorstehenden Todes.

• Der leibliche Durst wird zum Zeichen des geistlichen Durstes nach Mehr, was diese Welt nicht geben kann.

Unser persönliches: „Mich dürstet“

Wir gehen auf Wallfahrt, um selbst den Durst wieder zu spüren

• Durst haben als Folge körperlicher Anstrengung, gerade in diesem Hitzesommer mit Rekordtemperaturen.

• Der leibliche Durst zum Verweis auf den geistlichen Durst, den es wieder zu entdecken gilt angesichts der Durststrecken im Leben.

• Durststrecken, weil der innere Sinn abhandenkommt, man sich an die Routine klammert, um nicht in Depression unterzugehen.

• Durststrecken in der Beziehung, weil man auf der Stelle tritt und nicht weiß, wie man sich weiter entwickeln könnte als Paar.

• Durststrecken im beruflichen Alltag, weil der Erfolg auszubleiben scheint, es im Team nicht mehr stimmt.

• Durststrecken in Zeiten des Übergangs, weil man das Alte noch nicht loslassen kann und im Neuen noch nicht angekommen ist.

• Durststrecken in der Kirche in Zeiten des Umbruchs, in denen wir merken, dass vieles so nicht mehr funktioniert wie früher und dass wir den langen Atem und das Durchhaltevermögen brauchen, um wie die Israeliten bei ihrem Durchzug durch die Wüste ins gelobte Land zu kommen.

Wichtig ist es, den Durst wieder zu spüren, ohne ihn zu betäuben

• Am Kreuz versucht man, den Durst Jesu mit dem bitteren Essig zu stillen, ihn stillzustellen und zu betäuben, statt ihn wirklich zuzulassen.

• So machen wir das… – aber es hilft nur bedingt.

• Wo der Durst überhaupt erst empfunden wird, da kann sich Neues ereignen.

• Da kann die ursprüngliche Sehnsucht wiedererwachen: Warum man einmal angefangen hat, was einen einmal beflügelt hat, wozu man einmal gestartet ist.

• Da wird die Sehnsucht nach der Quelle wieder wach und die Sehnsucht nach dem wahren Leben.

• Wo der Durst gespürt wird, da kann wirklich Neues beginnen.

Jesus, wahrer Mensch und wahrer Gott, vereint beides am Kreuz:

Den menschlichen Durst, der sich nicht betäuben lässt, sondern seinen Weg findet zur göttlichen Quelle

• Der sterbende Jesus dürstet und zugleich öffnen sich in ihm die Wasser des ewigen Lebens.

• Der selige Tod wird zum Ort, an dem neues Leben fließen kann, uns von Gott her sich ein neuer Quell öffnet.

• Im Tod, im Loslassen, im Sterben des alten Menschen fließen plötzlich die Wasser des ewigen Lebens am Kreuz.

• Erst wo man das Alte hinter sich lässt, kann Neues fließen und Neues entstehen.

Gnade des göttlichen Durstes nach Mehr

• Durst empfinden zu können, ist eine Gnade im Leben!

• Amos 8,11: Siehe, es kommen Tage – Spruch GOTTES, des Herrn –, da schicke ich Hunger ins Land, nicht Hunger nach Brot, nicht Durst nach Wasser, sondern danach, die Worte des HERRN zu hören. – gegen die selbstgenügsamen Fresser und Säufer.

• (Mt 5,6) Jesus sagt in den Seligpreisungen der Bergpredigt:

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.

• Durst nach der neuen Welt gemäß Gottes Verheißung.

I thirst – und der Durst Jesu nach der neuen Welt

• 2013 besuchte ich das Provinzhaus der Mutter Teresa Schwestern in Kalkutta.

• Mich beeindruckte sehr das Kreuz im Oratorium, neben dem geschrieben stand: „I THIRST“, „MICH DÜRSTET“.

• Für die Mutter Teresa Schwestern hallt der Todesschrei Jesu fort im Notschrei der Armen, denen sie auf den Straßen der Millionenmetropole Kalkutta begegnen.

• Indem sie sich des Elends annehmen, stillen sie den Durst des Herrn, der sich sehnt nach dem Heil aller Menschen und in der Gerichtsrede sagt (Mt 25,35):

Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben.

• In der täglichen Anbetung jedoch stillen sie ihren eigenen Durst vor dem Herrn, und halten zugleich den Durst wach nach der neuen Welt aus Gottes Gerechtigkeit.

Mich dürstet – das hörende Herz vernimmt diesen Ruf als Anruf

„Verleih mir ein hörendes Herz“

Unter unserem Jahresmotto steht auch die diesjährige Kreuzbergwallfahrt.

• Das hörende Herz vernimmt den Schrei Jesu:

„Mich dürstet“.

• Jesu Schrei wird zum Gebetsruf im eigenen Herzen.

• Er weckt die Sehnsucht nach Durst im eigenen Leben.

• Er wird aufmerksam für den Durst der Mitmenschen.

• Das hörende Herz lässt sich dazu bewegen, den Durst Jesu zu stillen, indem es die Durstigen dieser Erde stillt. Es orientiert sich dabei an der Verheißung Jesu (Mt 10,42):

„Wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.“

Die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des Lebens der Kirche

• Feiern wir jetzt Eucharistie. Sie ist die Mitte und die Quelle allen kirchlichen Handelns.

• Kommen wir mit unserem Durst zum Herrn, der uns im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, zu sich einlädt und uns zuruft (Offb 21,6):

„Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Wer durstig ist, den werde ich unentgeltlich aus der Quelle trinken lassen, aus der das Wasser des Lebens strömt.“ Amen.