Würzburg/Zellingen/Rödelmaier (POW) Voller Freude ist der Schrein mit den Reliquien der heiligen Kirchenlehrerin Therese von Lisieux (1873-1897) im Bistum Würzburg aufgenommen worden. Ob in den beiden Karmelitinnenklöstern Rödelmaier und Himmelspforten oder in der Pfarrkirche Zellingen: Überall begrüßten vom 8. bis 10. Mai zahlreiche Menschen den Reliquienschrein, schmückten ihn mit Blumen und suchten vor allem in seiner Nähe das Gebet und die Stille. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und Weihbischof Helmut Bauer feierten Gottesdienste in Rödelmaier und Zellingen und drückten die Gefühle vieler Menschen aus: „Wir haben die heilige Therese gerne unter uns.“
Im Würzburger Kloster Himmelspforten verbrachten Karmelitinnen die ganze Nacht vom 8. auf 9. Mai vor dem in der Klosterkirche aufgestellten Reliquienschrein. „Das Gebet vor dem Reliquienschrein war ein sehr dichtes Erlebnis. Es knisterte vor Spiritualität“, sagte die Priorin von Himmelspforten, Schwester Petra Peschers, kurz nach Verabschiedung des Schreins am Mittwochvormittag, 9. Mai, in Himmelspforten. Die Stunden mit der heiligen Therese hätten den Schwestern und den zahlreichen Gläubigen in der voll besetzten Klosterkirche viel gegeben. Eigentlich sollte nach der Eucharistiefeier, der eucharistischen Anbetung mit Segen und der Komplet gegen 22 Uhr Schluss sein. Doch verehrten Gläubige die Heilige bis kurz vor Mitternacht. Einige Schwestern verbrachten die ganze Nacht vor dem Schrein, ehe am Mittwochmorgen um 6 Uhr erneut Gläubige zu Gebet und Gottesdienst in die Klosterkirche kamen. „Wir hatten nicht mit einem solch großen Zulauf gerechnet“, sagte die Priorin.
Für die Karmelitin ist das große Interesse an der „kleinen Therese“ schwer erklärbar. Die 1997 zur Kirchenlehrerin erhobene Therese habe wenig hinterlassen. Wahrscheinlich ziehe ihre Spiritualität des Alltags heutige Menschen an. „Wenn man Therese anfragt, bekommt auch der eine Antwort, der nicht glaubt.“ Für das Kloster Himmelspforten sei die heilige Therese von großer Bedeutung. Sie bestärke die Ordensfrauen in ihrem Rückzug und ihrer Spiritualität der Verborgenheit. „Für uns war diese wunderbare Begegnung eine Zusage, dass unser Ordensleben, unsere Art der Zurückgezogenheit, heute eine große Tragkraft hat, auch wenn man es nicht sieht.“
Von einem „epochalen Ereignis für die Pfarrgemeinde“ sprach Dekan Rudolf Kunkel bei der Begrüßung des Schreins in Zellingen im Landkreis Main-Spessart am Mittwochmittag, 9. Mai. „Es ist schön, dass eine Gemeinde diese kleine Heilige, die doch so groß ist, verehrt und nun sichtbar unter sich hat“, sagte Weihbischof Bauer in der Zellinger Pfarrkirche. Den Grundschülern, die den Schrein begrüßten und mit Blumen schmückten, rief der Weihbischof zu: „Die kleine Therese ist euch heute ganz nahe. Sie ist ganz von Jesus fasziniert gewesen.“ Den ganzen Tag über verehrten Menschen den Reliquienschrein in Zellingen, ehe sich am Abend ein Pontifikalgottesdienst mit Weihbischof Bauer und eine Vigilfeier anschlossen. Am 10. Mai wurde der Schrein in Zellingen verabschiedet und verließ das Bistum Würzburg.
Bei einem Vortragsabend der Katholischen Akademie Domschule am Dienstagabend, 8. Mai, in Würzburg sprach Professor Pater Dr. Michael Plattig zum Thema „Therese von Lisieux – Heiligkeit im Alltag. Zwischen Gotteserfahrung und Gottessehnsucht“. Bischof Hofmann betonte zuvor in seinem Grußwort, die Menschen täten gut daran, auf das Zeugnis dieser jungen Ordensfrau und Kirchenlehrerin zu hören. Papst Johannes Paul II. sei 1997 bei der Erhebung Thereses zur Kirchenlehrerin überzeugt gewesen, dass diese junge Frau, die keine großartige formelle Bildung genossen habe, den Menschen heute Wichtiges lehren könne. Wenn jemand wie Therese sein ganzes Leben auf Gott beziehe, würden ihm geistliche Einsichten geschenkt, „die tatsächlich für alle Glieder der Kirche zutreffen“. Therese sei ohne jegliches Theologiestudium, aber in der geistlichen Theologie hoch gebildet gewesen. Sie habe gewusst, dass Jesus nicht der Werke der Menschen bedürfe, sondern nur ihrer Liebe.
Professor Plattig unterstrich, dass das Leben der heiligen Therese aus weltlicher Sicht letztlich nutzlos gewesen sei. Sie habe in einem kleinen Dorf gelebt und sei mit 24 Jahren gestorben. „Sie hat nur ihre Autobiographie, ihr Leben hinterlassen. Ihr Leben steht neben all den großen Kirchenlehrern.“ Entscheidend seien für Therese ihr Kleinsein und ihre Ohnmacht. Therese lebe diese biblische Botschaft und entwickle ihren geistlichen Weg. „Für Therese wird die Kleinheit und der Weg des Kindseins zum Schlüssel auf dem Weg zur Vollkommenheit und Heiligkeit.“ Therese wolle eine Heilige werden. Dafür mache sie sich auf die Suche und vertraue ganz auf Gottes Gnade. Ihr „kleiner Weg“ führe sie zur inneren Befreiung. Therese vertraue ganz auf die Barmherzigkeit Gottes, die für sie grenzenlos ist.
Entscheidend für Therese sei das alltägliche Ringen um den Glauben. In der Einfachheit des Glaubens, im Alltag und im Gebet, folge sie Christus nach. „Jeder Ort und jede Sekunde ist Ort der Begegnung mit Gott.“ Die letzte Herausforderung für Therese warte am Ende ihres kurzen Lebens: ihre Krankheit, ihr schreckliches Leiden bis zum Erstickungstod, sagte Plattig. Hier durchlebe die Heilige ihren Glaubens- und Leidensweg als solidarischen Weg mit den Menschen, die ihren Glauben verloren hätten. Sie erlebe Gott nicht als Lösung all ihrer Fragen, sondern als den, der ihr im Leiden nahe ist und damit aber immer auch fraglich und dunkel bleibt. „Therese hat keinen naiven Glauben. Ihr Glaube vertraut auf die Barmherzigkeit Gottes und kann sich auch der Unbegreiflichkeit Gottes nähern.“
Unter dem Motto „Mit Therese Christus begegnen“ durchquert der Reliquienschrein der heiligen Therese bis 14. Mai auf Veranlassung und unter Federführung des Theresienwerks Augsburg Süddeutschland. Die Schirmherrschaft der Rundreise der Reliquien hat Münchens Kardinal Friedrich Wetter übernommen. Im Mai 2008 ist eine Fortsetzung der „Tour de Therese“ durch das nördliche Deutschland und die neuen Bundesländer geplant. Der Schrein der Therese ist seit 1994 auf „Missionsreise“. Stationen waren seither unter anderem Frankreich, Belgien, Luxemburg, Italien, Brasilien, Mexiko, Russland, Kasachstan, Australien, der Libanon, der Irak, Afrika, die USA und Spanien.
(2007/0729; E-Mail voraus)
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