Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Wir haben es geschafft“

Am 6. Mai vor 40 Jahren fand die Altarweihe im wiederaufgebauten Würzburger Dom statt – Interview mit Dompropst Weihbischof Helmut Bauer zum Jubiläum – Feier am 13. Mai zusammen mit Dankgottesdienst zum Bischofsgeburtstag

Würzburg (POW) Am 6. Mai 1967 fand der Wiederaufbau des Würzburger Doms nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg seinen krönenden Abschluss mit der Altarweihe durch Bischof Dr. Josef Stangl. Nach 22 Jahren war der Kiliansdom wieder Ort der Liturgie. Das Jubiläum wird am Sonntag, 13. Mai, mit einem Pontifikalamt im Dom gefeiert, zu dem zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft erwartet werden. Gleichzeitig zelebrieren Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und die Mitglieder des Domkapitels die Eucharistiefeier als Dankgottesdienst anlässlich des 65. Geburtstags des Bischofs. Ein Orgelkonzert mit Domorganist Professor Stefan Schmidt zum Domjubiläum gibt es um 16 Uhr. In folgendem Interview spricht Dompropst Weihbischof Helmut Bauer (74) über die Bedeutung der Altarweihe vor 40 Jahren und über seine jahrzehntelange persönliche Beziehung zum Kiliansdom.

POW: Herr Weihbischof, welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit der Altarweihe im Kiliansdom vor 40 Jahren?

Weihbischof Helmut Bauer: Der 6. Mai 1967 war ein sehr festlicher und froher Tag. Zahlreiche Bischöfe, beispielsweise auch Kardinal Julius Döpfner, zelebrierten mit Bischof Dr. Josef Stangl erstmals nach 22 Jahren wieder im Würzburger Dom. Ich war damals Direktor des Kilianeums in Bad Königshofen und nahm mit meinen Kilianisten an der Feier im Dom teil. Uns wurde ein besonderer Platz zugewiesen. Für die jungen Leute war es die erste Begegnung mit diesem großen Gotteshaus. Sie waren sehr beeindruckt von der Feier, aber auch von der gesamten Gestaltung der Würzburger Kathedralkirche.

POW: Welche Bedeutung hatte dieser Tag für die Stadt Würzburg, aber auch für das Kiliansbistum?

Weihbischof Bauer: Die Wiedereinweihung des Doms bedeutete eine Zäsur. Die schlimmsten Schäden der Zerstörung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg waren mit diesem Tag behoben. Es gab zwar noch einige Bauruinen, die an den 16. März 1945 erinnerten. Aber die unmittelbare Wiederaufbauphase nach dem Krieg war damit abgeschlossen. Insgesamt feierten die Würzburger und mit ihnen das ganze Bistum Würzburg an diesem Tag mit dem Gedanken: Wir haben es geschafft. Der Wiederaufbau nach 22 Jahren ist geglückt.

POW: Zwischen 1945 und 1967 wurden die zentralen Gottesdienste des Bischofs und des Bistums im Neumünster gefeiert. Wurde der Dom in dieser Zeit vermisst?

Weihbischof Bauer: Die Neumünsterkirche machte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg einen sehr familiären Eindruck auf uns. Als Alumnen des Priesterseminars gestalteten wir dort die Gottesdienste mit. Auch die Kilianisten aus dem Würzburger Kilianeum sangen dort bei zahlreichen Feiern, da es die Domsingknaben noch nicht gab. Den Dom erlebten wir jahrelang als Baustelle, Er war lange eine bedrückende Ruine im Herzen einer fast gänzlich zerstörten Stadt. Beim Gang zur Neumünsterkirche sahen wir aber, dass es mit dem Dom aufwärts geht. Wir hatten uns damit abgefunden, dass der Wiederaufbau des Doms lange dauert. Die Grundstimmung des kirchlichen Lebensgefühls war damals: „Wir bauen wieder auf – aus christlichem Geist.“ An die Größe des Domes mussten wir uns dann erst wieder gewöhnen.

POW: Ihre persönliche Beziehung zum Dom reicht aber noch weiter zurück.

Weihbischof Bauer: Als ich elf Jahre alt war, spielte der Dom für mich und meine Mitschüler im Kilianeum eine bedeutende Rolle. Wenn es 1944 für die Stadt Würzburg Vollalarm gab, weil Bomberverbände der Alliierten über Würzburg zu Tagesangriffen nach Schweinfurt, Nürnberg und München flogen, mussten wir sofort aus unserer Schule, dem Alten Gymnasium rennen. Wir streiften ein Schriftband um den Arm mit dem Hinweis „Domschutz“ und eilten in die Räume der heutigen Brunokrypta, wo wir bis zur Entwarnung verweilten. Wir waren geschult, die Stabbrandbomben zu bekämpfen. Unter dramatischen Umständen habe ich so „von Grund auf“ Beziehungen zur Bischofskirche geknüpft.

POW: Warum dauerte es so lange, bis nach Kriegsende der Altar des Domes wieder geweiht werden konnte?

Weihbischof Bauer: Der Spruch von Bischof Julius Döpfner „Wohnungsbau ist Dombau“ stand in den Nachkriegsjahren ganz oben. Es gab längere Debatten um die neue Gestaltung des Doms. Durch das Zweite Vatikanische Konzil entstand zusätzlich eine gewisse Verzögerung. Das Konzil gab neue Impulse für die Liturgie und für die Gestaltung der Gotteshäuser. Diese galt es bei der Neugestaltung zu berücksichtigen. Die zentrale Bedeutung kam jetzt dem Altar in der Kreuzungsmitte des Gotteshauses zu. Der Würzburger Dom dürfte als einer der ersten in Deutschland das 1965 beendete Konzil in der Gestaltung des Kirchenraums umgesetzt haben.

POW: Was ist das Besondere an dem vor 40 Jahren geweihten Altar, den der Bildhauer Albert Schilling aus Basel gestaltete?

Weihbischof Bauer: Die Dimension. Der Altar ist ein Glaubensdenkmal der Jahrhunderte langen Geschichte unseres Bistums. An dieser Stelle wird die Glaubensgeschichte der Diözese seit den Tagen der Missionierung durch die Frankenapostel im 7. Jahrhundert erfahrbar. Im Dom spürt man die ganze Entwicklung von der karolingischen Zeit über Gotik und Barock bis hin zur Moderne. In den Altar ist ein sehr schönes Kreuz eingelassen, das auf die Häupter der Frankenapostel unter dem Altartisch hinweist. Früher waren die Häupter in der Neumünsterkirche oder an anderen Stellen im Dom aufbewahrt. Heute schaffen sie durch ihren Platz im Altar eine enge Verbindung mit den Anfängen des christlichen Glaubens in Franken. Dass man 1967 die Kathedrale vom Andreasdom zum Kiliansdom umbenannte, spricht für die besondere Bedeutung unserer Bistumspatrone.

POW: Welche wichtigen Ereignisse gab es im Dom in den vergangenen 40 Jahren und was war Ihnen persönlich von Bedeutung?

Weihbischof Bauer: Der Kiliansdom ist seit 1967 wieder ein Mittelpunkt des religiösen Lebens in der Diözese Würzburg. Er ist der Sitz des Bischofs und hier soll das ganze Gottesvolk der Diözese Würzburg angesprochen werden. Als Tagungsort der Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland von 1971 bis 1975 stand der Kiliansdom im Zentrum der katholischen Kirche in Deutschland und wurde weit über unsere Heimat hinaus bekannt und ins Bild gebracht. Persönlich waren für mich die Zeit als Dompfarrer von 1983 bis 1988, meine eigene Bischofsweihe am 14. Oktober 1988 und die Zeit bis heute als Dompropst bedeutende Zeiten und Ereignisse, die mich mit dem Dom verbinden. Meine Bischofsweihe durfte ich genau 40 Jahre nach der Weihe von Bischof Julius Döpfner, am 14. Oktober 1988, am Fest des heiligen Burkard feiern. Gerne denke ich an die Amtseinführungen von Bischof Dr. Paul-Werner Scheele 1979 und Bischof Dr. Friedhelm Hofmann 2004. Traurige Anlässe waren die Beerdigungen von Bischof Dr. Josef Stangl 1979 und Weihbischof Alfons Kempf 1999. Im Dom wurden bedeutende Jubiläen der Diözesangeschichte gefeiert, beispielsweise 1988 das 800. Jubiläum der Domweihe. Damals durfte ich das Brunolied zu Ehren des Erbauers des Doms dichten. Aber auch große geistliche Konzerte prägten die vergangenen Jahrzehnte des Doms. Ich erinnere an die Kilianiwallfahrt und an viele weitere Feiern.

POW: Was unterscheidet den Dom von anderen Bischofskirchen in Deutschland?

Weihbischof Bauer: Der Dom zu Würzburg ist in seiner heutigen Form klar gegliedert. Das Langhaus stellt gleichsam das Halbdunkel der Geschichte dar. Die beiden Querschiffe lassen schon das Licht des wiederkommenden Christus aufleuchten. Im glanzerfüllten Chor stehen die 39 Glaubenszeugen. Der wiederkommende Christus ist zu sehen. Es gibt kaum einen Dom, der vergleichbar dem Kiliansdom die ganze Chronologie von Grabdenkmälern von der romanischen Zeit bis zur Moderne darstellt: mit dem Lobdeburg-Grabmal eines unbekannten Meisters über Riemenschneiders Scherenberg-Denkmal bis hin zu modernen Grabplatten des 20. Jahrhunderts für die Bischöfe Ehrenfried, Döpfner und Stangl.

POW: Wo befindet sich Ihr Lieblingsplatz im Dom?

Weihbischof Bauer: Es ist die Stelle, an der ich als Dompropst durch die Beauftragung durch den Bischof dem Domkapitel zugeordnet bin und meinen Auftrag wahrnehme, für den Dom zu sorgen. Mein Platz an der Spitze des Domkapitels ist dem Bischof nahe. Dort feiert das Domkapitel mit dem Bischof die Liturgie, dort erfüllt das Domkapitel seinen Gebetsdienst. Als Dompropst habe ich den Mitbrüdern immer bewusst zu machen: Wir unterstützen den Bischof in seinem Dienst. Gerne gehe ich in die Anbetungskapelle des Doms, um dort zu beten. Die Gottesdienstfeier am Hauptaltar ist für mich immer ein besonderer Höhepunkt meines bischöflichen Dienstes.

POW: An welche Menschen denken Sie besonders mit Blick auf dieses Jubiläum?

Weihbischof Bauer: Ich denke an die unermüdliche Sorge von Prälat Richard Schömig für den Dom. Für ihn war der Dom gleichsam Lebensinhalt. Er war zunächst Domkapellmeister, später im Domkapitel Domdekan und für den Dom verantwortlich. Prälat Schömig hat viele Anregungen für den äußeren Aufbau des Domes gegeben. Weiter möchte ich Dombaumeister Hans Schädel nennen. Ohne seine genialen Gedanken und seine entschiedenen klaren Auffassungen gerade zur Gestaltung des liturgischen Raums wäre der Dom nicht so geworden, wie er heute ist. Hans Schädel hat auch später immer wieder Anregungen für die weitere Ausgestaltung des Doms gegeben: beispielsweise die spätere Chorgestaltung mit dem Kranz der Glaubenszeugen, die Erneuerungen des Kanzeldeckels, letztlich auch die Anregung zur Sanierung der Fassade, die er mir persönlich nahe legte. Schädel hat immer mit dem Dom gerungen und sich mit ihm beschäftigt. Sicher denke ich auch an unsere Bischöfe, die in diesen Jahren mit dem Dom verbunden waren.

POW: Gibt es eine Anekdote aus dieser Zeit?

Weihbischof Bauer: In Juni 1985 sagte ich bei einer Domführung für eine Gruppe aus dem Berchtesgadener Land, dass im Dom so manches zerstört worden sei und fehle. Beispielsweise war damals die Domkanzel ohne Schalldeckel, der bei der Zerstörung 1945 abgebrannt war. Die Gruppe zeigte sich beeindruckt von der Neugestaltung. Kurz vor Weihnachten 1985 rief mich eine Frau an, die damals an der Führung teilgenommen hatte, und sagte mir, sie möchte für den Dom spenden. Da sie keine Summe nannte und ich die Frau nicht kannte, beauftragte ich den Kirchenpfleger in den Tagen nach Weihnachten, die Kontoauszüge zu prüfen. Und tatsächlich: Diese Frau hatte 100.000 Mark für den Dom überwiesen. Später konnte ich doch den Kontakt zu dieser Spenderin herstellen und ihr für die großzügige Unterstützung danken. Von dem Geld haben wir einen neuen Schalldeckel für die Kanzel des Doms schnitzen lassen.

POW: Der Dom ist ja nicht fertig. Was steht in nächster Zeit an?

Weihbischof Bauer: Wir sind noch nicht zufrieden mit der Raumbewältigung durch die Kirchenmusik. Der Domorganist ist beispielsweise 120 Meter vom Altargeschehen entfernt. Mein Lieblingsgedanke und Wunsch ist, dass wir eine Chororgel im Dom bekommen, um dem Organisten bei Auftritten der Domsingknaben oder der Mädchenkantorei im Chor des Doms einen besseren Kontakt mit dem Domkapellmeister zu ermöglichen. Das ist mir ein großes Anliegen.

POW: Am Kunstmarkt tauchen hin und wieder verschollene Werke aus dem Dom auf. Worauf hoffen Sie noch?

Weihbischof Bauer: Eine Hoffnung habe ich und es ist mein größter Wunsch: dass die so genannte Himmelsteiner Madonna von Riemenschneider noch existiert und irgendwann wieder in den Dom zurückkehrt. Sie ist eine der schönsten Madonnen, die es in der Diözese gab, und hatte einen Ehrenplatz in Dom. Diese Madonna muss 1945 im Schutt des zerstörten Doms gelegen haben: zerstört, beschädigt oder noch ganz – das wissen wir nicht mehr. Vielleicht hat sie jemand in den Tagen nach der Zerstörung mitgenommen, und sie befindet sich heute in Privatbesitz. Es wäre ein ganz besonderes Geschenk, wenn wir diese Madonna wieder bekommen könnten, nachdem so vieles verloren gegangen ist. Die Tragik des Doms war, dass man die Kunstgegenstände gerade dort – gleichsam am sichersten Platz – unterbrachte, wo das Erz der geschmolzenen Glocken alles zerstörte.

POW: Welche Botschaft soll mit der 40-Jahr-Feier der Altarweihe des Doms verbunden sein?

Weihbischof Bauer: Ich verbinde damit einen großen Dank an Gott und an alle Menschen, die vor 40 Jahren dieses große Werk mit großem Vertrauen aufgebaut haben. Nur wenige von ihnen leben heute noch. Dankbar sind wir, dass in diesen 40 Jahren der Dom wieder das geworden ist, was er vorher war: die Mitte der Diözese Würzburg, aber auch zuweilen ein Mittelpunkt der Kirche in Deutschland, wohin die Bischöfe immer wieder kommen. Der Dom soll auch künftig die Herzmitte der Diözese bleiben.

POW: Altarweihjubiläum und Bischofsgeburtstag, warum passen die beiden Ereignisse gut zusammen?

Weihbischof Bauer: Der Dom ist die Kirche des Bischofs. Er stellt das Bischofsamt in seiner Bedeutung heraus. Im Dom feiert der Bischof die zentralen Gottesdienste für die Diözese. Die Verbindung beider Jubiläen im Dom ist sinnvoll, denn Bischof und Bischofskirche gehören zusammen. Bischof Friedhelm wünschen wir für die kommenden Jahre in Würzburg alles Gute und Gottes Segen. Jeder ist beim Gottesdienst am 13. Mai um 10 Uhr und bei der anschließenden Begegnung im Kreuzgang und im Innenhof des Kreuzgangs willkommen. Auch zum Orgelkonzert am Nachmittag sowie zu den Führungen und Ausstellungen anlässlich des Domjubiläums lade ich herzlich ein.

Interview: Bernhard Schweßinger (POW)

(150 Zeilen/1807/0663; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet