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Im Gespräch

„Wir sind ein selbstbewusstes Kirchenmagazin“

Würzburger katholisches Sonntagsblatt feiert 175. Jubiläum – Interview mit Redaktionsleiter Ralf Ruppert zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Würzburg (POW) 1850 ist das heutige Würzburger katholische Sonntagsblatt zum ersten Mal erschienen. Was seit den Anfängen gleichgeblieben ist, was sich geändert hat und was für die Zukunft geplant ist, erläutert Redaktionsleiter Ralf Ruppert im folgenden Interview.

POW: Das Würzburger katholische Sonntagsblatt kann 2025 auf 175 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Was macht Sie persönlich am meisten stolz, Teil dieser langen Geschichte zu sein?

Redaktionsleiter Ralf Ruppert: Ich selbst bin ja erst kurz dabei, aber in dieser Zeit ist extrem viel passiert. Das Sonntagsblatt hat sich in den 175 Jahren immer wieder gewandelt und auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert. Mit dem neuen Kirchenmagazin setzen wir den Fokus auf Glaubensfreude und inspirierende Inhalte. Die reine Information der Christinnen und Christen übernehmen heute andere, schnellere Medien. Fast jeder hat ein Smartphone in der Tasche, auf dem er Personalmeldungen oder Konzertberichte sofort lesen kann. Deshalb geht es bei uns immer öfter um einen umfassenden Blick auf religiöse und weltliche Themen.

POW: Wenn Sie auf die Entwicklung des Sonntagsblatts blicken: Was hat sich inhaltlich und thematisch am stärksten verändert? Und was ist seit 1850 gleichgeblieben?

Ruppert: Mit dem ersten Heft hat das Sonntagsblatt heute keine Gemeinsamkeit mehr: In den frühen Heften finden sich erbauliche Texte, einfache Gebete und Gedichte. Ich denke, vieles war zum Vorlesen gedacht, weil es gerade auf dem Land viele Analphabeten gab. Die Autoren waren durch die staatliche Zensur eingeschränkt. Wir haben heute einen hohen journalistischen Anspruch: Kirche kann und darf aus meiner Sicht nichts mehr verschleiern oder beschönigen. Trotzdem ist uns konstruktiver Journalismus wichtig, das bedeutet: Wir schreiben auch über kritische Themen, aber wir fragen immer auch nach Perspektiven und Lösungsansätzen. Vor allem aber berichten wir über die vielen engagierten Menschen im Bistum, über tolle Projekte, mutige Konzepte und die täglichen Erfolge, die es in den Gemeinden gibt.

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POW: Die Medienwelt hat sich rasant gewandelt – vom gedruckten Blatt hin zu digitalen Angeboten. Wie stellt sich das Sonntagsblatt dieser Herausforderung? Gibt es Pläne für neue Formate?

Ruppert: Noch liegt der Fokus auf der gedruckten Ausgabe. Elektronisch gibt es das komplette Heft als E-Paper. Im vergangenen Jahr konnten wir – auf niedrigem Niveau – die Zahl der E-Paper-Abos verdoppeln. Eine neue Vorlesefunktion auf Grundlage von künstlicher Intelligenz wird gerade eingeführt und macht das E-Paper aus meiner Sicht noch attraktiver und barrierefreier. Auf unserer Homepage www.sobla.de veröffentlichen wir derzeit nur ausgewählte Berichte, die meisten Texte bleiben exklusiv für unsere Abonnenten. Ich hoffe, dass wir bald auch im Verbund eine Onlinestrategie entwickeln, möglicherweise mit einer Bezahlschranke. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

POW: Sie stehen in engem Kontakt mit den Leserinnen und Lesern. Welche Themen bewegen die Menschen aktuell am meisten? Wie spiegeln sich diese Themen im Jubiläumsjahr 2025 wider?

Ruppert: Es gibt viele Menschen, die sich Sorge um ihre Kirche machen. Andere können die täglichen Nachrichten über Kriege und Terror nicht mehr ertragen und freuen sich, bei uns vor allem positive Beispiele gelebten Glaubens zu finden. Vielen sind auch die Bibeltexte und deren Auslegung sehr wichtig. Dem Franken wird ja nachgesagt, dass er nur selten lobt. Tatsächlich hatten wir in den vergangenen Monaten sehr viele aufmunternde und lobende Rückmeldungen. Das ist natürlich auch Verpflichtung für das Jubiläumsjahr. Auch heuer werden wir versuchen, eine gute Mischung zu liefern aus inspirierenden Texten, sachlichen Informationen und konkretem Nutzwert vor allem für die, die sich in den Gemeinden engagieren.

POW: Wie kann das Sonntagsblatt dazu beitragen, die Kirche glaubwürdig zu vermitteln und gleichzeitig kritisch zu hinterfragen?

Ruppert: Ich denke, nur durch ein gewisses Maß an Unabhängigkeit: Natürlich agieren wir nicht im luftleeren Raum und es gibt Erwartungen an uns, aber zum Glück kann die Redaktion völlig frei entscheiden, welche Themen sie wie angeht. Wir sind ein selbstbewusstes Kirchenmagazin, das sich durch Abo- und Werbeeinnahmen selbst finanzieren muss. Deshalb fragen wir bei jedem Thema: Was erwarten unsere Leser von uns?

POW: 175 Jahre sind eine lange Zeit. Gab es eine Ausgabe, eine Titelgeschichte oder ein besonderes Ereignis, das Ihnen persönlich besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ruppert: Ich habe mich in den vergangenen Monaten intensiv mit der Geschichte befasst. Dabei wurde mir bewusst, dass das Sonntagsblatt immer wieder auch Bollwerk gegen staatliche Einflussnahme war. Von Anfang an gab es im 19. Jahrhundert Zensur, einige Ausgaben wurden sogar beschlagnahmt. Unter Bischof Matthias Ehrenfried behauptete sich das Bistumsblatt dann bis 1941 gegen nationalsozialistische Hetze. Kein Wunder, dass das Bistumsblatt bereits 1946 wieder erscheinen durfte, deutlich früher als die meisten anderen Zeitungen. Für mich persönlich war natürlich die Oster-Ausgabe 2024 ein Höhepunkt, weil es ein echter Kraftakt war, fast zeitgleich die letzte alte und – mit einem komplett neuen System – die erste neue Ausgabe vorzubereiten.

POW: Wie sehen Sie die Zukunft des katholischen Journalismus in Deutschland? Welche Rolle soll das Sonntagsblatt künftig spielen?

Ruppert: Ich bin überzeugt, dass Christinnen und Christen auch in Zukunft gerne inspirierende und Mut machende Berichte über kirchliches Engagement lesen möchten – am besten aus ihrem unmittelbaren Umfeld. Deshalb bin ich gerade bei den Bistumsredaktionen sehr optimistisch, dass sie weiterhin gebraucht werden. Unsere Berichte von Alzenau bis Zeil am Main kann so keine künstliche Intelligenz schreiben, weil wir oft zum ersten Mal in Wort und Bild diesen Kirchenpfleger, diese Küsterin, diesen Ministeranten oder diese Vorsitzende des Gemeindeteams vorstellen.

POW: Was wünschen Sie sich für das Jubiläumsjahr 2025 – für das Sonntagsblatt, die Leserinnen und Leser sowie die Kirche insgesamt?

Ruppert: Für das Sonntagsblatt natürlich, dass uns noch mehr Menschen kennen lernen. Uns allen wünsche ich vor allem Gesundheit und Gottes reichen Segen, mehr Hoffnung und Zuversicht könnte auch nicht schaden. Ob Kirche oder Gesellschaft: Hass und Hetze verbauen viel zu sehr den Blick auf das viele Gute, durch das viele Menschen die Welt jeden Tag ein kleines Stückchen besser machen. Ich bin oft selbst gerührt, wenn ich erfahre, wie viel Trost und Hoffnung unser Sonntagsblatt geben kann. Das macht uns als Redaktion Mut.

Interview: Markus Hauck (POW)

(0425/0076; E-Mail voraus)

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