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„Wir sind von Gott geliebte, einmalige Menschen“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag, 17. April 2014, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder,

wir stehen am Beginn dieser drei heiligen Tage, die uns wie durch ein Tor in die offenen Arme Gottes führen. Was haben wir für ein Glück, hier sein und mitfeiernd diesem geballten Gnadengeschehen begegnen zu können.

Wir tauchen ein in einen Vorgang, der Jahrtausende umfasst und uns zugleich in die Zukunft führt. Schon mit der Feier des Paschamahles beim Auszug aus Ägypten wurde Gottes konkrete Hilfe erkannt und bedankt. Christi Feier des Abendmahles setzt bei dieser vergegenwärtigenden Feier des Geschehens an und führt es in seine bleibende, helfende Gegenwart weiter.

Zugleich wird diese Speise, sein Leib und sein Blut, Nahrung auf unserem Lebensweg zur Vollendung im ewigen Leben.

Fußwaschung und Lebenshingabe am Kreuz führen uns eindringlich die unendliche Liebe Gottes vor Augen. In sie werden wir mit dem heutigen Geschehen nicht nur hineingenommen, sondern eingebunden, Christus konkret nachzufolgen. So werde ich heute Abend auch einigen Asylbewerbern die Füße waschen, um deutlich zu machen, dass sie nicht nur so eben geduldet sind, sondern unsere Nächsten sind, die unsere Aufmerksamkeit und Hilfe dringend brauchen.

Wenn wir uns auf dieses Liebeswerben Gottes einlassen, dann spüren wir, wie konkret sein Mitgehen in unserem Leben ist. Wir sind nicht ein zufälliges Produkt der Natur, eine Folge chemischer und emotionaler Reaktionen. Wir sind vielmehr – und das jede und jeder Einzelne von uns – von Gott geliebte, einmalige Menschen mit einer einmaligen Lebenssituation.

Es ist festzustellen, dass mit Abnahme dieses gläubigen Vertrauens in Gottes Mitten-unter-uns-sein Mitmenschen das eigene Leben nicht mehr als Geschenk, sondern als einen Besitz erachten, den man – bei Bedarf – auch zerstören darf.

Neben der verwerflichen Abtreibung, der Tötung der Kinder im Mutterleib, ist in den vergangenen Monaten viel von Tötung auf Verlangen die Rede. Der Wille, dem eigenen Leben – wenn möglich mit Hilfe anderer – ein Ende zu setzen, hat längst die Schlagzeilen unserer Medien erreicht. Oft führen menschliches Leid, große Schmerzen zu dem Wunsch, das Leben zu beenden.

Vor wenigen Tagen, am 22. März 2014, war in einer Lokalzeitung zu lesen: „Es ist für Außenstehende kaum vorstellbar, wie groß die Verzweiflung gewesen sein muss, als der Mann seine schwer kranke Frau tötete. Sie soll ihn darum gebeten haben. Die Polizei spricht von Unterlagen in der Wohnung, die darauf hinweisen. Weiterleben konnte der 79-Jährige nicht mit der Entscheidung, seiner Frau den letzten Willen zu erfüllen. Nach der Tat rief er die Polizei an, kündigte seinen Suizid an und verließ die Wohnung. Tage später fand die Polizei ihn tot im Wasser liegend. Das Ende einer Ehe.“

Während die einen in der Tat des Mannes den größten Liebesbeweis sehen, den er seiner Frau zukommen lassen konnte, und daraus fordern, endlich Sterbehilfe zuzulassen, weisen die anderen mit Recht darauf hin, dass die Forderung nach Töten auf Verlangen rasch verschwindet, wenn Patienten und ihre Angehörigen aktive Hilfe finden. Viele fürchten sich vor großen Schmerzen und dem Verlust der Autonomie. Dort aber, wo Menschen konkrete Schmerzlinderung und angemessene Betreuung erfahren, nimmt der Wunsch nach Sterbehilfe ab.

Es ist für uns Christen, die wir uns von der Liebe Gottes auch in schwierigsten Lebenssituationen getragen wissen dürfen, auch nicht leicht, bei einer schweren und vielleicht auch noch langwierigen Krankheit an die uns beistehende Liebe Gottes zu glauben. Aber erweist sich unser Glaube nicht erst da, wo er wirklich auf die Probe gestellt wird?

Müssen wir Christen nicht angesichts des schweren Leides so mancher unserer Mitmenschen alles unternehmen, um die Schmerzen und die Angst zu lindern? Ist jetzt nicht besonders konkret unsere Nächstenliebe gefragt? Und wenn wir selbst in eine solche Lage kommen sollten, dürfen wir da nicht auch auf Nächstenhilfe hoffen?

Dankenswerterweise gibt es seit einigen Jahren Palliativstationen, in denen Menschen mit einer langen Kranken- oder Leidensgeschichte Aufnahme und Heimat finden. Vor kurzem erst wurde auf dem Gelände der Ritaschwestern in Würzburg ein solch neues Haus eröffnet. Hier dürfen auch Schwerstkranke ihr Leben dankbar aus Gottes Händen annehmen und sich daran freuen.

Noch ist Töten auf Verlangen in den meisten Ländern Europas verboten und in unserem Land ist das Leben prinzipiell unantastbar und genießt höchsten Schutz. Dagegen ist indirekte Sterbehilfe zumindest geduldet. Es besteht aber durchaus die Gefahr, dass auch hier Gesetze zum Schutze des Lebens aufgeweicht und den Entwicklungen angepasst werden.

Für uns Christen ist dieser Vorgang von elementarer Bedeutung: Gott wird mehr und mehr aus unseren Lebensvollzügen gedrängt und der Mensch an seine Stelle gesetzt. Die Folgen sind unabsehbar.

Christus hat sich für uns geopfert, damit wir leben. Er ist seinen Lebensweg im Gehorsam zum Vater gegangen und hat uns damit vom endgültigen Tod befreit. Müssen wir da nicht Gott gegenüber mit Liebe antworten?

Amen.