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„Wissen Sie, was Sie anrichten?“

Diözesanempfang in Würzburg mit Professor Dr. Harald Lesch als Festredner – Thema: „Was hat die Natur noch mit uns zu tun?“ – Rund 1200 Gäste aus Politik, Kirche, Caritas und Gesellschaft

Würzburg (POW) Die zunehmende Digitalisierung ist eines der großen Probleme für den Umwelt- und Klimaschutz. Das hat der Astrophysiker, Naturphilosoph und TV-Moderator Professor Dr. Harald Lesch vor rund 1200 Gästen beim Diözesanempfang am Montagabend, 21. Januar, in der Universität am Würzburger Hubland gesagt. „Diese Form von technologischer Evolution wird Ressourcen auffressen und vor allen Dingen Energie. So viele Windräder, Biogasanlagen, Photovoltaikanlagen, Solarthermien können wir überhaupt nicht bauen, wie auf der anderen Seite verbraucht wird.“ In seinem mehrfach von Applaus unterbrochenen Festvortrag mit dem Thema „Was hat die Natur noch mit uns zu tun?“ warnte er vor den Auswirkungen einer rein auf Wachstum ausgerichteten Gesellschaft und rief zum Energiesparen auf. Es mangele nicht an wissenschaftlichen Fakten, stellte Bischof Dr. Franz Jung fest. „Es fehlen Taten und es fehlen Konsequenzen, trotz vieler gut gemeinter Papiere.“

„Wissen Sie eigentlich, was Sie anrichten, wenn Sie auf Ihr Smartphone drücken?“, wandte sich Lesch an das sichtbar gut mit mobilen Geräten ausgerüstete Publikum. „Sie regen eine ganze Kaskade von Reaktionen an, die in Servern überall auf der Welt sofort Rechenoperationen auslösen. Und je nachdem, wo der Rechner sich befindet, wird mehr oder weniger Energie verbraucht. Energie ist das große Thema.“ Die Digitalisierung sei längst im Alltag angekommen. Allerdings nicht, um das Leben der Menschen einfacher zu machen, wie Lesch betonte. „Die Digitalisierung ist doch keine Bewegung, um die Welt besser zu machen, sondern alleine und ausschließlich dazu da, um noch mehr Geld zu generieren.“ Zugleich habe sie das Leben beschleunigt. E-Mails hätten den Brief ersetzt, an den Börsen werde heutzutage mit Lichtgeschwindigkeit gehandelt. „Wir haben uns angewöhnt, Prozesse zu beschleunigen, und beschleunigte Prozesse verbrauchen Energie.“ Laut Statistiken stehe das Internet auf der Liste der weltweiten Energieverbraucher wahlweise auf Platz sechs oder Platz drei, „auf jeden Fall nicht weit weg vom gesamten Energieverbrauch der USA“.

Angefangen habe diese Entwicklung bereits vor rund 400 Jahren, führte Lesch aus. Damals habe der Mensch begonnen, die Natur zu berechnen. Doch heute wisse man, dass die Natur ein komplexes System ist. Komplexe Systeme seien jedoch zum einen nicht vorhersagbar und besäßen zum anderen die Eigenschaft, mit so genannten Kipppunkten zu arbeiten, erklärte Lesch. Dann reiche schon eine kleine Störung aus, um einen irreversiblen Zustand hervorzurufen. „Wir glauben tatsächlich, wir könnten in diese gewaltigen, 4,567 Milliarden Jahre alten Vorgänge eingreifen, ohne dass sich irgendetwas großartig verändert.“ Die Natur sei zu einem abstrakten Begriff geworden. Aber auch die Technologien, die der Mensch verwende, seien abstrakt. „Unser ethischer Horizont bezüglich ihrer Wirkung ist außerordentlich gering, weil wir gar nicht mehr wissen, was wir damit eigentlich anrichten.“

„Wir haben kein Wissensproblem, wir haben ein Handlungsproblem“, stellte Lesch abschließend fest. Über die „wichtigste Energiequelle“ werde nicht mehr öffentlich diskutiert: das Energiesparen. Hier hatte der Referent noch einen kreativen Vorschlag parat: „Wir brauchen mehr Feiertage.“ Feiertage, an denen die Menschen zu Hause bleiben und nicht die Autobahnen verstopfen. „Wir haben verstanden, dass wir die Natur auch einmal in Ruhe lassen müssen. Was sicherlich nicht das Richtige sein wird ist, einfach so weiterzumachen wie bisher.“

Die Bewahrung der Schöpfung und der Erde sei eine zentrale Herausforderung unserer Gesellschaft, sagte Bischof Jung in seiner Begrüßung. Doch würden die harten Fakten der Wissenschaft selbst bis in höchste Regierungskreise hinein geleugnet. Papst Franziskus habe in seiner Enzyklika „Laudato si“ vor der Dominanz der Ökonomie und dem Dogma des Wachstums gewarnt. „Der Rhythmus des Konsums, der Verschwendung und der Veränderung der Umwelt hat die Kapazität des Planeten derart überschritten, dass der gegenwärtige Lebensstil, da er unhaltbar ist, nur in Katastrophen enden kann, wie es bereits periodisch in verschiedenen Regionen geschieht“, zitierte der Bischof. Doch die Rettung der Erde gehe nicht ohne den Verzicht derer, die für ihren Zustand verantwortlich seien. „Also auch nicht ohne unseren Verzicht auf der nördlichen Erdhalbkugel und in Europa“, betonte Bischof Jung.

Er sei überzeugt, dass die Bewahrung der Schöpfung als gemeinsames Anliegen der Menschen jede und jeden auch geistlich herausfordere, fuhr der Bischof fort. „Hierin liegt für mich ein zentraler Beitrag der Religion und auch der Kirchen.“ Auch im Bistum Würzburg begleite dies das kirchliche Handeln. Als Beispiel nannte Bischof Jung den bevorstehenden Start der Energieoffensive „Limit25“. Dabei würden die Energieverbräuche der Immobilien erhoben, um Verbesserungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Zugleich dankte der Bischof allen, die sich in kirchlichen Einrichtungen und Pfarreien, aber auch in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für die Bewahrung der Schöpfung engagieren.

Zu Beginn des Abends hieß Bischof Jung die Vertreter der Kommunal-, der Landes-, der Bundes- und Europapolitik und die Mitarbeiter in der Kirche auf Pfarrei-, Dekanats- und Diözesanebene willkommen. Besonders begrüßte er die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel und Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Zu den Gästen zählten Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Landräte, Bezirks- und Kreisräte, Bürgermeister, Dekane, Pfarrer, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ordensleute, Mitglieder des Diözesanrats und der Dekanatsräte, der Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen, Vertreter der Caritas sowie Professoren der Universität Würzburg mit Universitätspräsident Professor Dr. Alfred Forchel an der Spitze. Vertreter der Justiz, der Polizei, der Behörden und Ämter, der Fachhochschulen, der Wohlfahrtsverbände, der unterfränkischen Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammer, der Medien sowie der evangelischen Kirche standen weiter auf der Grußliste. Bischof Jung begrüßte besonders Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Auf der Gästeliste stand zudem der Präsident von Missio München, Monsignore Wolfgang Huber.

Organisiert wurde der Diözesanempfang von der Domschule Würzburg und dem Caritasverband für die Diözese Würzburg. Für die musikalische Gestaltung sorgte Bernd Kremling, Dozent für Perkussion, mit eigenen Kompositionen.

sti (POW)

(0419/0104; E-Mail voraus)

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