Würzburg (POW) Eine kleine, aber feine Klinik feiert im Herzen Würzburgs in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen: Im Jahr 1908 gründeten die Schwestern des Erlösers die Theresienklinik. Heute zählt das kleinste Krankenhaus Würzburgs 50 Betten, 75 Mitarbeiter und 27 Belegärzte. Bekannt ist die kirchliche Einrichtung im Schatten des Kiliansdoms besonders als Geburtsklinik. Geschichte, aktuelle Herausforderungen und das Jubiläumsprogramm stellten die Verantwortlichen der Theresienklinik am Freitag, 9. Mai, in Würzburg vor.
„Wir wollen unseren Patienten helfen und sie bestens versorgen, damit sie zufrieden sind. Wir müssen keine Gewinne am Jahresende verzeichnen.“ Optimistisch blickt der Direktor der Theresienklinik, Michael Jung, auf die 100 Jahre alte Krankeneinrichtung. Für die Zukunft sei die Theresienklinik gut aufgestellt. Der Krankenhausbetrieb könne weiterhin wirtschaftlich arbeiten, „wenn alles gut läuft und die Regierung nicht noch mehr spart“, sagte Jung – nicht ohne die aktuelle Finanzierung der Krankenhauskosten zu kritisieren. In jüngster Zeit habe die Theresienklinik ihren Schwerpunkt von der Geburtsklinik auf die Unfallchirurgie verlagert. „Der Patient hat bei uns das Gefühl, er ist in einer modernen Klinik und ist gleichzeitig familiär aufgehoben“, umschrieb Schwester Lydia Wießler, Generalassistentin der Erlöserschwestern und Vertreterin des Krankenhausträgers, die Klinik im 100. Jahr ihres Bestehens.
Im Jahr 1908 erwarben die „Töchter der Allerheiligsten Erlösers“ die damalige Müllersche Klinik in der Hofstallstraße in Würzburg und nannten sie „Theresienklinik“ – nach den Namen einer ihrer Ordenspatroninnen. Ein Operationssaal wurde angebaut und 22 Betten für die Chirurgie wurden bereitgestellt. Würzburgs Bischof Ferdinand von Schlör hatte zuvor die 1220 Schwestern zählende Ordensgemeinschaft gebeten, eine eigene Krankenanstalt zu erwerben und die Ausbildung der Schwestern in der Krankenpflege zu ermöglichen. Erster Arzt der Theresienklinik war Hofrat Dr. Max Pretzfelder, ein jüdischer Bürger Würzburgs, der 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben kam. Zu namhaften Persönlichkeiten der Theresienklinik zählten vor dem Zweiten Weltkrieg unter anderen die beiden Universitätsärzte Professor Fritz König und Oberarzt Richard Hagemann. Insgesamt mehr als 40 Ärzte wirkten bis 2000 als Belegärzte an der Klinik.
Am 16. März 1945 zerstörte der Bombenangriff auf Würzburg die Klinik in der Hofstallstraße restlos. Drei Schwestern kamen dabei ums Leben. Nur wenige Wochen nach Kriegsende konnten die Erlöserschwestern eine „provisorische Theresienklinik“ mit 25 Betten in der Edelstraße 8 im Stadtteil Frauenland eröffnen. Johanna Hennermann hatte den Schwestern das Anwesen geschenkt. 1950 wurde der erste Bauabschnitt und 1957 der zweite Erweiterungs- und Modernisierungsbau in der Domerschulstraße 1-3, in den beiden ehemaligen Domherrenhöfen Seebach und Heideck, eingeweiht. 115 Betten fanden in der neuen Theresienklinik Platz, 15 Ordensschwestern und acht Stationshilfen betreuten die Patienten. In den 1990er Jahren und Anfang des 21. Jahrhunderts wurde die Klinik erneuert und die Inneneinrichtung saniert. Eine moderne Entbindungseinrichtung entstand, die Bischof Dr. Paul-Werner Scheele segnete.
Als Belegarztklinik weist die Theresienklinik im Jubiläumsjahr 50 Betten auf. Rund 3000 Patienten werden jährlich überwiegend stationär in den Fachgebieten Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie bei Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten und bei inneren Erkrankungen behandelt. Deren Verweildauer beträgt derzeit 4,5 Tage, wobei die Zahl weiter rückläufig ist. Insgesamt stehen 75 Mitarbeiter im Dienst der Klinik, 55 davon arbeiten in Vollzeit. 15 Ordensschwestern sind nach wie vor in der Pflege aktiv. Rund vier Millionen Euro setzt die Theresienklinik jährlich um. Rückläufig ist die Zahl der Geburten. Waren es im Jahr 1957 1260 Entbindungen und in der 1990er Jahren noch um die 1000 Geburten pro Jahr in der Theresienklinik, so wurden in jüngster Zeit nur noch rund 400 Kinder jährlich in der Domerschulstraße 1-3 geboren. Nach Angaben der Schwestern spiegelt sich hier der allgemeine Geburtenrückgang wider.
Den aktuellen Trend zu weniger Geburten und einer zunehmenden älteren Bevölkerung greift die Theresienklinik derzeit auf. Ihr Schwerpunkt verlagert sich heute von der Geburtsklinik zu einer Einrichtung für Unfallchirurgie. Verstärkt behandeln die Belegärzte mittlerweile Verschleißerscheinungen älterer Menschen, beispielsweise durch Hüftoperationen. 27 Belegärzte sind in der Theresienklinik aktiv, davon acht Chirurgen, 14 Gynäkologen und fünf HNO-Ärzte. Lediglich fünf der 14 Gynäkologen leisten noch Geburtshilfe. „Die Ärzte ziehen sich aus der Geburtshilfe zurück, da die Versicherungsbeiträge zur Absicherung möglicher Fehler sehr hoch sind“, stellt Krankenhausdirektor Jung fest.
Geht auch die Zahl der Erlöserschwestern in Deutschland drastisch zurück, so sind die Ordensfrauen dennoch optimistisch, dass die Mitarbeiter den Sendungsauftrag des Ordens in der Klinik weiterführen. „Unser langjähriges Pflegepersonal, das für Tradition und Kontinuität steht, schafft zusammen mit neuen Mitarbeitern, die von außen kommen, eine gute und familiäre Atmosphäre in einer modernen Klinik“, sagt Generalassistentin Wießler. „Das sind die Vorteile einer kleinen Klinik.“ Nach Überzeugung der Verantwortlichen ein gewichtiger Grund dafür, dass kirchliche Häuser wie die Theresienklinik auch noch in Jahrzehnten ihren Stand in der deutschen Krankenhauslandschaft haben werden.
Auftakt des 100. Jubiläums ist ein Tag der offenen Tür am Sonntag, 1. Juni, von 11 bis 18 Uhr. Ab 14 Uhr gibt es ein Diskussionsforum zu den Themen „Schulterschmerzen – von der Entzündung bis zum Sehnenriss“ und „Rund um das Kniegelenk“. Der Festakt zum 100. Jubiläum findet am Freitag, 26. September, im Mutterhaus der Erlöserschwestern statt. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann feiert um 17 Uhr einen Pontifikalgottesdienst. Beim anschließenden Festakt spricht die Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm. Arzt-Patientenseminare bieten die Erlöserschwestern am 12. Juni und am 9. Oktober. Am 12. Juni geht es ab 18 Uhr um Spinalkanal, Leistenbruch und Hüfte. Endoskopische Gallenblasenentfernung, operative Therapie der Senkung der weiblichen Genitalorgane und die Behandlung von Erkrankungen der Nasennebenhöhlen sind Schwerpunkte des Seminars am 9. Oktober. Ein Adventszauber im Innenhof der Klinik rundet das Jubiläumsjahr am 29. November ab.
(2008/0620; E-Mail voraus)
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