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Worte voller Kraft

Kai Christian Moritz trägt im Würzburger Ratssaal das Markusevangelium vor – 90-minütiger Spannungsbogen

Würzburg (POW) Zwei Stühle, ein Hirtenstab, ein getöpferter Krug samt Becher. Im Hintergrund eine Projektion einer sich bewegenden Wasseroberfläche und atmosphärisches Licht. Viel mehr an Requisiten braucht Kai Christian Moritz nicht für seinen Monolog des Markus-Evangeliums. Im Würzburger Ratssaal, wo sonst die Stadträte debattieren, lässt er den Bibeltext am Montagabend, 25. März, lebendig werden. Die Idee hinter dem Ort fern des kirchlich Üblichen: Die Botschaft, die Markus über Jesus verbreitetet, steht klar gegen das damalige Gesellschaftssystem. Deswegen kehrt sie an diesem Abend in die moderne Agora, den Raum des politischen Geschehens in der Stadt Würzburg zurück.

Mal sanft flüsternd, mal hastig erzählend bringt der Schauspieler im Auftrag der Domschule Würzburg den fast 200 Zuhörern, darunter auch Bischof Dr. Franz Jung und Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Jesus in der Erzählung nach Markus nahe. Eindringlich seine fast keifende Wiedergabe von Aussagen, die der Evangelist Dämonen zuschreibt.

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Bei allem künstlerischen Ausdruck lässt Moritz Augenmaß walten. Er weiß um die Kraft der Worte der Vorlage, die Prototyp für die anderen Evangelien wurde. Und schafft es – dank der immer wieder durch veränderte Geschwindigkeit, Tonalität und dezent eingesetzter Bewegung im Raum –, die mehr als 90 Minuten seines Vortrags viel kürzer wirken zu lassen. Der Neutestamentler Professor Dr. Martin Ebner, ein Würzburger Diözesanpriester und ebenfalls unter den Zuhörern, schuf mit seiner Übersetzung die Textgrundlage und stand Moritz beratend zu Seite.

Ebners Text ist in der Diktion sehr nahe am griechischen Original. Das wirkt mitunter sperrig und ist so ganz entgegen der Hörgewohnheiten aus dem Gottesdienst. Viele Stellen, die sonst in der Vergangenheit stehen, sind jetzt in der Gegenwart. Fast wie eine moderne Coaching-Weisheit wirkt es, wenn Jesus sagt: „Alles, was ihr erbetet und verlangt, glaubt, dass ihr es empfangen habt, es wird euch sein.“

Zwischen einzelnen Passagen immer wieder Toneinblendungen von Schritten, von Atem, vom Eintauchen ins Wasser. Mit letzterem verweist Moritz auf das Meer von Galiläa, rund um das sich das Markusevangelium in weiten Teilen abspielt. Den Spannungsbogen greift auch die Musik auf. Violinistin Roberta Verna sorgt mit ihrer virtuosen Interpretationen aus Johann Sebastian Bachs Partita No.2 in d-Moll, BWV 1004, immer wieder für kontemplative Momente.

Mit Jesu Begräbnis verlässt Moritz den Ratssaal, die große Eingangstür weit offen stehend. Licht kommt von außen in den abgedunkelten Raum. Ein virtuelles Radio auf der Leinwand berichtet über die Entdeckung des leeren Grabs und die Angst der Jünger. Auf das später dem Markusevangelium ergänzte Happy End müssen die Zuhörer verzichten. Konsequent im Blick auf Rainer Maria Rilkes Gedicht „Archaischer Torso Apollos“, das Moritz dem Abend vorangestellt hat. „Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt, darin die Augenäpfel reiften. Aber sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber“, heißt es darin. Eine Metapher, mit der Moritz einen Abend lang zur Spurensuche einlädt.

Langanhaltender Applaus für die Akteure im Ratssaal.

Markus Hauck (POW)

(1319/0354; E-Mail voraus)

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