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„Wunder der Auferstehung“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Feier der Osternacht am Samstag, 30. März, im Würzburger Kiliansdom (Beginn um 22.30 Uhr)

Liebe Schwestern und Brüder,

diese Osternacht ist eine heilige Nacht.

Es reihen sich viele Teile aneinander, die nicht auf das übliche Zeitmaß ausgelegt sind, sondern sich Zeit lassen, unserer Lebenserfahrung Rechnung zu tragen und unseren Grundfragen nachzugehen. So reiht sich an die Lichtfeier (mit Segnung des Feuers und der Osterkerze), das feierliche Exsultet (Osterlob), der ausführliche Wortgottesdienst mit seinen Lesungen, die Tauffeier (mit Taufwasserweihe und heutiger Erwachsenentaufe) und die Eucharistiefeier.

Der Grundgedanke der Feierelemente und der vorgetragenen Texte ist das Nachspüren der von Gott ins Leben gerufenen Schöpfung, ihre durch menschliche Schuld erfahrbare Begrenzung durch Leid und Tod und deren Überwindung durch die Auferstehung Jesu Christi.

Wir alle durchleben eine Zeit, in der nicht nur die physischen Dunkelheiten eines langen, nicht enden wollenden Winters uns bedrängen, sondern auch die gesellschaftlichen Umbrüche, persönliche und weltweite Krisen, Hungersnöte, Leid und Terror. Für manchen von uns werden die Leiderfahrungen zur Bedrohung der eigenen körperlichen und seelischen Verfassung. Unterschiedliche Ängste, Unsicherheiten und spürbare Schwächen sind die Folgen.

Inmitten dieser angespannten Situation feiern wir Ostern. Diese Osternacht, die einerseits die Dunkelheiten unseres Lebens aufgreift, führt andererseits in das Licht des Ostermorgens. Kern unserer nächtlichen Feier ist die Botschaft, dass die bedrängende Finsternis unseres Lebens erleuchtet, ja überwunden wird durch den, der von sich aus sagt: „ Ich bin das Licht, dass in die Welt gekommen ist.“ (Joh 12,46)

Liebe Schwestern und Brüder,

die Botschaft von der Auferstehung Jesu von den Toten verbindet sich mit dem Lichtgedanken. Die Auferstehung geschieht im Licht des Ostermorgens. Der Auferstandene erscheint den Zeuginnen und Zeugen seiner Auferstehungswirklichkeit in einem anderen Licht:

Sie sehen ihn, erkennen ihn aber nicht unbedingt zunächst als den Herrn und Meister, mit dem sie vor seiner Kreuzigung zusammen waren. Sie brauchen erst die Ermöglichung des Sehens mit dem Herzen.

Paulus schreibt an Timotheus: „Gott wohnt in unzugänglichem Licht. Kein Mensch hat ihn je gesehen noch kann ihn sehen.“ (Vgl. 1 Tim 6,16)

Jesus wurde nicht müde, den Menschen, denen er begegnete, durch seine Worte und seine Taten sein Anderssein, seine Gottessohnschaft zu erschließen. Wir wissen, wie schwer es seinen Zeitgenossen fiel, daran zu glauben. Selbst der Jünger-, ja auch der engste Apostelkreis vermochte erst nach dem Ostererlebnis diese Wirklichkeit zu begreifen.

Auch nach der Verklärung auf dem Berg Tabor war Petrus zunächst nicht bereit, den Kreuzweg Jesu und seinen angekündigten schmählichen Tod hinzunehmen. Erst brauchte er mit den anderen Aposteln die Erfahrung der Auferstehung, um das ganze Ausmaß des göttlichen Heilshandelns zu verstehen: Nämlich, dass Jesus in seinem Erlösungsleiden und -sterben zeigt, dass Gott nicht willkürliche Macht, sondern die Liebe ist. Der Auferstandene ist in Gott. Er schenkt uns den Heiligen Geist durch den wir erst diesen ungeheuren Schatz erkennen.

Es waren nicht nur die Frauen, die als erste am leeren Grab dem Auferstandenen begegnet sind; es waren nicht nur Petrus und Johannes, die sich am Grab selbst überzeugen wollten; es waren nicht nur Maria und die Apostel im Abendmahlsaal, die dem Auferstandenen real begegnet sind und die Emmausjünger, die mit ihm auf dem Weg unterwegs waren. Es waren viele, viele Menschen, die ihn als Auferstandenen erlebt haben. Paulus schreibt von 500, denen der Auferstandene erschienen ist, und von denen die meisten noch lebten, als er diesen ersten Brief an die Korinther schrieb (Vgl.1 Kor 15,6).

Der heutige Zweifel an den Auferstandenen und damit auch an die Auferstehung allgemein ist nicht neu. Er ist verständlich, denn diese Osterbotschaft ist revolutionierend und hat weitreichende Konsequenzen. „Glauben ist nichts für Kleingeister“ – lautete ein Titel einer Zeitung zur Osterbotschaft im vergangenen Jahr (Die Tagespost, 10.04.2012).

In der Tat: Wir brauchen Mut, uns dieser Botschaft innerlich zu öffnen. Denn, wenn Christus wahrhaftig auferstanden ist, können wir es nicht einfach bei diesem Faktum belassen.

Dann gilt es, nicht nur die Charta der Menschenrechte, die auf diesem Glauben basiert, dankbar anzunehmen, sondern sich für die Menschenrechte aktiv einzusetzen – hier im eigenen Land, angefangen bei den Asylsuchenden über die Randgruppen unserer Gesellschaft bis hin zu den wirtschaftlich Benachteiligten und zu Unrecht Gefangenen weltweit.

Dann können wir nicht einfach alles in der Welt nur geschehen lassen. Dann müssen wir uns auch bewegen, engagieren, und koste es Nachteile. Wenn wir an unsere eigene Auferstehung glauben, dann können wir unseren Lebenshunger nicht auf diese wenigen irdischen Lebensjahre herab brechen und eingrenzen.

Dann dürfen und müssen wir die Ewigkeit bei Gott mit einbeziehen.

Heute Nacht wird Saras Ramsamy getauft. Sie ist (42 Jahre alt und) Krankenschwester und wohnt in der Würzburger Innenstadt-Pfarreiengemeinschaft.

Mit der Taufe wird sie in das verheißene neue, ewige Leben hinein geboren. Wenn das nicht das Unerhörteste ist, was wir einander zusagen können, dann weiß ich es nicht. Deshalb ist die Taufe jetzt mitten in dieser Osternachtsfeier nicht nur ihre Privatangelegenheit, sondern unserer aller Angelegenheit.

Diese Tauffeier und unser Taufgedächtnis hat nur Sinn, wenn die Auferstehung wirklich geschehen ist. Die Engel am leeren Grab fragten die ratlosen Frauen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden.“ (Lk 24,5 u. 6)

Wir sollten uns von dieser Botschaft innerlich berühren lassen und auf die Frauen und Männer schauen, die sich von dieser Nachricht haben inspirieren und verändern lassen.

Die Schriftstellerin Hilde Domin, die während der nationalsozialistischen Herrschaft Deutschland verlassen musste und viele Jahre in Südamerika im Exil lebte, schrieb:

„Nicht müde werden, sondern dem Wunder wie einem Vogel leise die Hände hinhalten.“

Halten wir unser Herz dem Wunder der Auferstehung entgegen. Amen.