Alles verfällt. So schmückt sich die Welt. Und so wird die Ordnung der Dinge verändert
„Am 2.5.1803, früh 10 Uhr, erschien im Kloster Bildhausen eine kurfürstlich bayerische Kommission, bestehend aus Amtmann Papius aus Königshofen und Aktuar Bauer, verfügte dessen Auflösung und nahm es in Besitz. Die Kommission ließ sich von Abt Nivard Schlimbach die Schlüssel aushändigen und bestellte den bisherigen Syndikus Franz Krais zum Lokal-Commissär. Der Konvent, der 649 Jahre bestanden hatte, wurde aufgelöst. In das älteste Copialbuch des Klosters schrieb Abt Nivard resigniert: ‚Und siehe! Heute 1803. Alles verfällt. So schmückt sich die Welt. Und so wird die Ordnung der Dinge verändert.‘“
Dieser lapidare Kommentar spiegelt noch einmal anschaulich den harten Einschnitt, den die Säkularisation für die Kirche und die Klöster bedeutete. Abt Nivard war von einem Moment zum anderen zum Altabt geworden. Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 hatte verfügt, das Kurfürstentum Bayern für den Verlust seiner rechtsrheinischen Besitzungen durch die napoleonische Besetzung unter anderem auch mit dem Hochstift Würzburg zu entschädigen.
Dieser Beschluss wurde umgehend und rücksichtslos durchgesetzt, wie das Beispiel des Klosters Bildhausen zeigt. Die Epoche, in der Bischöfe als Fürstbischöfe und damit zugleich als Landesherren regierten, endete somit abrupt. Entmachtung des Bischofs und Enteignung des kirchlichen Besitzes waren die Folge. Radikaler war „Entweltlichung“ kaum zu denken. Ein Zeitalter ging unwiderruflich zu Ende, oder wie es Abt Nivard formulierte: Die „Ordnung der Dinge“ wurde grundlegend verändert. Es war einer der härtesten Einschnitte in der Geschichte des Bistums Würzburg und es sollte noch 18 Jahre dauern, bis das Bistum 1821 neu gegründet werden konnte, woran wir uns heute in diesem Pontifikalamt voller Dankbarkeit erinnern.
Ich nehme die Erinnerung an die Säkularisation und an die Ereignisse rund um die Neugründung des Bistums zum Anlass, darüber nachzudenken, was diese Vorgänge für uns heute am Christkönigssonntag bedeuten könnten. Dazu möchte ich Ihnen sieben Punkte vorlegen.
Der Anstoß zur Reform kam von außen, nicht von innen
Ein erster Gedanke: Der Anstoß zur Reform kam von außen und nicht von innen. Die grundlegende Neuordnung des Staat-Kirchen-Verhältnisses in Bayern und in Deutschland wurde durch die napoleonischen Kriege im Gefolge der französischen Revolution ausgelöst.
Wer aber wachen Auges durch die Welt ging, hatte schon lange zuvor Anzeichen des bevorstehenden Sturmes wahrnehmen können. Die Kampagnen gegen die schlechte Regierungspraxis in den Geistlichen Staaten und die Prunksucht der Prälaten, die Rede von den skandalösen Zuständen in den Klöstern und Stiften, das Schielen auf den reichen Kirchenbesitz, der in Bayern immerhin 56 Prozent des Gesamtgüterbestandes ausmachte, und damit einhergehend die Polemik gegen dieses Vermögen der „toten Hand“, das dem Zugriff der Allgemeinheit entzogen war, der Kampf gegen die steuerlichen Privilegien der Kirche – all diese Vorgänge ließen ahnen, dass größere Umwälzungen bevorstanden. Die sich häufenden Eingriffe der kurfürstlich-bayerischen Regierung in die Belange der Klöster zeigten, dass der Staat nicht länger gewillt war, die Sonderstellung der Kirchen anzuerkennen. Mögen auch nach dem berühmten Bericht des Majors Ribaupierre so manche Domkapitulare die Säkularisation für so unmöglich angesehen haben „wie der Ritt nach dem Monde“, so wurden sie unsanft aus dem trügerischen Schlaf der Sicherheit gerissen.
Daraus ergibt sich für mich die drängende Frage:
Müssen Reformen immer erst von außen an die Kirche herangetragen werden, oder bestünde die Herausforderung nicht darin, die Zeichen der Zeit wachsam zu beobachten und rechtzeitig die notwendigen Veränderungen einzuleiten, um nicht von der Entwicklung der Dinge überrollt zu werden? Gerade weil das Reich Christi nicht von dieser Welt ist, geht es auch nicht einfach im Bestehenden auf, sondern ragt weit darüber hinaus.
Ein Rechtsbruch, der ungeahndet blieb
Eine zweite Beobachtung. Die Säkularisation mit der Enteignung und Entmachtung stellte einen beispiellosen Rechtsbruch dar. Der preußische Historiker Treitschke sprach gar von einem „ungeheuren Rechtsbruch“, um allerdings gleich rechtfertigend hinzuzufügen, dass dieser jedoch einer „großen Nothwendigkeit“ entsprungen sei. Die Zeitgenossen hatten also sehr wohl ein Bewusstsein von dem umstürzlerischen Verhalten der „Fürstenrevolution“, wie Treitschke sagte, die sich über geltendes Recht hinwegsetzte.
Die Bischöfe und Kirchenleitungen nahmen diesen Rechtsbruch hin mit einer Mischung aus Resignation und Realitätssinn. Immerhin glaubte keiner mehr daran, dass man angesichts der Auflösung des Alten Reiches vor dem Reichskammergericht sein Recht mit Erfolg würde einklagen können. Aber auch aus dem Kreis der Bevölkerung war kein nennenswerter Widerstand gegen den Machtwechsel zu vermelden. Eine Ausnahme bildet da das Pasquill an der Kirchentür des Würzburger Dominikanerinnenklosters St. Markus, auf dem ein flammender Aufruf zum Kampf gegen den bayerischen Kurfürsten zu lesen war. Er endete in dem wenig schmeichelhaften Vergleich:
„So tut nicht Franzos und Schwede / auf gesamtes Frankenland! / Greift zur Waffen, seid nicht spröde / würgt ihn mit gerechter Hand.“
Doch soweit ist es nicht gekommen. Der Kurfürst hielt die Kirche fest im Würgegriff.
Daraus ergibt sich für mich eine zweite Beobachtung:
Was nützt es, Recht zu haben, wenn weite Kreise der Gesellschaft kein Verständnis mehr für die rechtlichen Gegebenheiten und ihre historischen Zusammenhänge aufbringen? Wir befinden uns heute in einer ganz ähnlichen Situation. Eine Folge der Enteignung waren die notwendig gewordenen Staatsleistungen des Bayerischen Staates an die Kirche, um ihren Bestand zu garantieren. Deren Ablösung wird in unseren Tagen wieder mit großer Heftigkeit diskutiert. Ein Beharren auf dem eigenen Recht wird wenig nützen, wenn viele Menschen diese Leistungen nicht mehr gerechtfertigt sehen. Über ihre Ablösung wird gesprochen werden müssen, will man sie auf absehbare Zeit nicht vollends verspielen. Immerhin, auch der Christkönig weiß im heutigen Evangelium, dass sein Recht allein bei Gott liegt und er von Pilatus keine Gerechtigkeit zu erwarten hat.
Neuordnung des Verhältnisses von Kirche und Staat
Ein drittes. Standhaft widersetzte sich Rom den Plänen zur Errichtung einer deutschen Nationalkirche, um die Einheit der Weltkirche zu retten. Die Folge war die Wiedererrichtung der kirchlichen Strukturen innerhalb der deutschen Länder nach der Neuordnung des Wiener Kongresses. Ein Ziel, das auch der bayerische König mit Nachdruck verfolgte. So kam es, dass die neuen bayerischen Bistumsgrenzen mit den Grenzen der Regierungsbezirke nahezu deckungsgleich ausfielen. Das Bistum Würzburg deckt sich noch heute fast vollständig mit dem Regierungsbezirk Unterfranken.
Gegen den königlichen Willen wurden zwei Metropolitanbistümer geschaffen, Bamberg und München, um dem Eindruck einer Länderkirche entgegen zu wirken. Der König behielt sich dennoch wichtige Eingriffsrechte vor und machte so deutlich, dass die Kirche dem Staat untergeordnet war. Das zeigte sich nicht nur in der Bezahlung der Kirchenleitungen. Dem König oblag es nun, die Bischöfe zu ernennen. Den neuerrichteten Domkapiteln wurde das angestammte Wahlrecht entzogen. Zudem begrenzte der König die Anzahl ihrer Mitglieder auf zwei Dignitäre und acht Kanoniker im Gegensatz zu den 24 Kapitularen und 30 Domvikaren früherer Zeiten. Der König legte auch fest, dass die Kanonikate abwechselnd von ihm und dem Bischof bzw. dem Kapitel zu besetzen seien. Des Weiteren reglementierte nun der Staat die universitäre Ausbildung und überwachte die Aufnahme oder die Entlassung aus dem Priesterseminar. Der König sicherte sich zudem das Präsentationsrecht von drei Fünfteln aller Pfarreien. Im neuen bayerischen Königreich hatte die Kirche den Auftrag, für die Heranbildung guter Staatsbürger zu sorgen. „Die immer noch vermutete ‚Macht über die Seelen‘ sollte für die politische Gemeinschaft genutzt und aktuell-politischen Forderungen – etwa dem Kampf gegen die Revolution – dienstbar gemacht werden.“
Dennoch fragt sich: Ist es die Aufgabe der Kirche im Sinne der Civil Religion, gute Staatsbürger heranzuziehen oder gar zu disziplinieren? Oder worin besteht der genuine Auftrag kirchlichen Handelns? Neben der Freiheit, den eigenen Glauben zu praktizieren und neben dem enormen caritativen Engagement der Kirchen besteht er sicher darin, die Gottesfrage offen zu halten. Das heißt gegen eine totale Vereinnahmung des Menschen immer neu auf das christliche Menschenbild hinzuweisen und auf die Verpflichtungen, die sich daraus ergeben, sowohl für das gesellschaftliche Zusammenleben als auch für den Schutz der menschlichen Person. Dazu gehört auch eine kritische Distanz gegenüber dem Staat bei aller gebotenen Loyalität, die so im Konkordat von 1817 nicht vorgesehen war. Schließlich knickt auch der Christkönig des Evangeliums nicht vor Pilatus ein, sondern bewahrt sich trotz aller Ohnmacht seine innere Freiheit zum Widerspruch.
Ende einer bestimmten Sozialgestalt von Kirche war nicht zugleich das Ende der Kirche
Eine vierte Bemerkung möchte ich mit Ihnen teilen. Mit dem Untergang der Reichskirche ging auch eine bestimmte Sozialgestalt von Kirche unter. Die Zeit der Adelskirche war vorbei, in der die Besetzung der Bischofsstühle wie der Domkapitel der ortsansässigen Nobilität vorbehalten war.
Eine typische Gestalt des Übergangs ist der erste Bischof des neugegründeten Bistums Würzburg, Adam Friedrich Freiherr von Groß zu Trockau. Er konnte schon auf eine lange Karriere in der Kirche zurückblicken als Domkapitular und Generalvikar in Bamberg. Dennoch ließ er sich, wie damals üblich, erst mit 55 Jahren zum Priester weihen. 1818, also fünf Jahre später, erfolgte seine Ernennung zum Bischof. Die Bischofsweihe empfing er mit einer Verzögerung von weiteren drei Jahren 1821. Seinen bischöflichen Dienst trat er schließlich am Vortag von Heilig Abend 1821 an.
Beeindruckt verfolgt man die Kehrtwende, die Bischof Groß zu Trockau in seinem Leben vollzog. Vom Verwaltungsfachmann des Alten Reiches wandelte er sich zum engagierten Seelsorger. Spät hatte er sich dem Theologiestudium zugewandt, das ihn nun für das Bischofsamt neuen Formats qualifizierte.
Betrachtet man sein Grab hier im Dom, im rechten Seitenschiff hinter der Kanzel, fällt auf, dass in der bischöflichen Repräsentation nun jeder fürstbischöfliche Prunk fehlt. Der Bischof erscheint allein in liturgischer Gewandung. An die Stelle des fränkischen Herzogsschwerts in der Rechten, bislang vertrauter Ausdruck fürstbischöflicher Machtfülle, ist nun der Segensgestus der rechten Hand getreten, die den Bischof als geistlichen Oberhirten auszeichnet.
Alle Führungskräfte rekrutierte der neue Bischof nun seinerseits nicht mehr aus der adeligen Oberschicht. Vielmehr setzte er auf in der Seelsorge oder Verwaltung bewährte Priester aus dem bürgerlichen Milieu, die ihn bei der Neuordnung des Bistums unterstützen konnten. Zu diesem Personenkreis zählte sicher auch Weihbischof Gregor Zirkel, der in der Zeit der Sedisvakanz die Amtsgeschäfte mit Geschick und Weitblick zu führen verstanden hatte.
Aus dieser Tatsache lässt sich folgern:
Der Untergang einer bestimmten Sozialgestalt von Kirche war nicht gleichbedeutend mit dem Untergang der Kirche selbst. Auch wir beobachten heute, dass das Gemeindeleben der vergangenen Jahrzehnte vielfach nicht mehr von allen Christen mitgetragen wird. Das Ende der Volkskirche muss aber nicht das Ende von Kirche überhaupt bedeuten, sondern es markiert einen Übergang in eine neue Form des Kirche-Seins, die zu entwickeln uns heute aufgegeben ist. Nur die, die wahrhaft von oben, nämlich aus dem Geist geboren sind, werden im Untergang zugleich den Aufgang von etwas Neuem wahrnehmen können.
Unschätzbare Verluste an Kulturgütern
Ein fünftes. Die Säkularisation war verbunden mit einem unermesslichen Verlust an Kulturgütern. Gebäude wurden profaniert oder versteigert oder abgerissen. Sakralgegenstände wurden zweckentfremdet oder wanderten bestenfalls in Museen, falls sie nicht eingeschmolzen wurden. Bibliotheken wurden geplündert oder verramscht. „Wer die Segnungen der Säkularisation preist, der darf von ihrem Vandalismus nicht schweigen“, sagte einst Hans Maier zurecht. Der Dom entging glücklicherweise dem drohenden Abriss. Und doch zeigte sich, dass das Überleben der Kirche nicht an all diesen Kulturgütern hing. Das Pfund, mit dem sie wuchern konnte, war ihre geistliche Vitalität. Entlastet und befreit von der Sorge um die weltlichen Güter und deren Verwaltung, konnte sie ihre ganze Energie in die geistliche Erneuerung investieren.
Das führt mich zu meiner fünften Beobachtung:
Auch wir spüren, wie die Aufrechterhaltung unserer Infrastruktur uns zusehends überfordert. In absehbarer Zeit werden wir uns von vielem trennen müssen, was uns lieb und teuer war. Aber das soll uns nicht den Blick dafür verstellen, dass nicht Immobilien und Besitz das Wesen der Kirche ausmachen. Gemessen werden muss sie an ihrer geistlichen Vitalität und ihrer Bereitschaft neu aufzubrechen. Auch der Christkönig kämpft nicht um seinen Besitz, sondern einzig darum, die Wahrheit Gottes treu zu bezeugen.
Besinnung auf die eigenen Ressourcen
Ein sechstes. Auch wenn die Säkularisation einen empfindlichen Einschnitt im kirchlichen Leben darstellte, so ging die Kirche letztlich gestärkt aus dieser Krise hervor. Mit neuem Selbstbewusstsein verteidigte man die eigene Freiheit trotz aller Einschränkungen. Und man besann sich auf die ureigenen Aufgaben, die es unter veränderten Vorzeichen wahrzunehmen galt.
Eine der größten Herausforderungen bestand darin, das neugegründete Bistum zu einen. Denn aus dem ehemaligen Bistum Mainz war der Untermain dem Bistum Würzburg zugeschlagen worden und aus dem ehemaligen Bistum Fulda das Dekanat Hammelburg. Altvertraute Teile hingegen im Taubertal, im Odenwald und im Steigerwald hatte man an Freiburg, Rottenburg-Stuttgart und Bamberg abtreten müssen. Wie groß die Aufgabe war, zeigt die Warnung des Aschaffenburger Regens, der 1819 seinen Kaplänen zurief: „Ach, ihr armen guten Mainzer Kapläne! Euch steht ein böses Los bevor. Die Franken werden euch zurücksetzen und dann nach langem Warten an die Rhön verweisen! Ich lobe daher jeden von euch, der, um diesen traurigen Los zu entgehen, auswandert!“
Angesichts dieser Befürchtungen setzte der Bischof alles daran, das Vertrauen seiner Geistlichen zu gewinnen und im Klerus ein Bewusstsein für das neue Bistum zu stiften. Das gelang nicht zuletzt durch eine vorbildliche Neuordnung der Priesterausbildung und durch ausgedehnte jährliche Visitationsreisen. Einheitsstiftend wirkte die Verpflichtung auf die Verehrung des heiligen Kilian als Bistumspatron, der in dieser Funktion den hl. Martinus und den hl. Bonifatius in den neuen Bistumsteilen ablösen sollte.
Auf dem Gebiet der Liturgie diente die Herausgabe eines neuen Gesangbuches dazu, eine alle verbindende Bistumsidentität zu schaffen. Die Unterweisung im Glauben suchte man durch einen eigenen Diözesankatechismus zu vereinheitlichen.
Organisatorisch gliederte man das Bistum jetzt in 30 Dekanate statt in vormals 21.
Im Ordensleben konnten die benediktinischen Klöster nicht wieder belebt werden. Der Bischof setzte daher seine Hoffnung auf die Bettelorden wie die Augustiner, Karmeliten und Franziskaner, wobei Letztere in bewährter Weise die Wallfahrtsseelsorge übernahmen. Die weiblichen Ordensgemeinschaften kamen erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinzu, um im Bistum ihr segensreiches Wirken in Schule, Kinderbetreuung, Armen- und Krankenpflege zu entfalten.
Eine vielversprechende Stütze fand der Bischof schließlich im gläubigen Gottesvolk. Gegen die staatlichen Eingriffe in die religiöse Praxis, die aus dem Geist der Aufklärung gespeist waren, setzten sich die Bruderschaften und Pfarreien heftig zur Wehr. Man wollte sich Weihnachtskrippen, Heilige Gräber, Prozessionen und Wallfahrten nicht verbieten lassen. Eindrucksvoll kämpfte die Kreuzbruderschaft solange, bis die Kreuzbergwallfahrt vom König 1825 wieder erlaubt wurde.
Mit dieser Aufzählung will ich es belassen. Sie unterstreicht eindrucksvoll:
Gleich dem Christkönig zogen sich Bischof Groß zu Trockau wie seine Mitstreiter nicht resigniert zurück, sondern nahmen trotz aller Ohnmacht die Herausforderungen ihrer Zeit mutig an und setzten mit Corpsgeist und Tatkraft neue Akzente.
Einander zu stärken, miteinander auf dem Weg zu bleiben, sind auch heute die Herausforderungen im Bistum. Anders jedoch als im 19. Jahrhundert geht es nicht um vereinheitlichende Maßnahmen der Glaubensvermittlung. Im Zeitalter des Individualismus und des Pluralismus fragt sich, wie Kirche den Einzelnen erreichen kann und welche Mittel dafür die geeigneten sein könnten.
Als Kirche im Übergang leben
Ein letztes. Die Zeit vom Reichsdeputationshauptschluss 1803 bis zum Tod des ersten Bischofs des neuen Bistums 1840 umfasst eine Spanne von knapp 40 Jahren. In dieser Zeit lagen mehrere Herrschaftswechsel. Eine 13 Jahre währende Sedisvakanz. Mehrere Vertragswerke, um das neue Bistum im Staat rechtlich abzusichern und endlich eine verlässliche Grundlage für das künftige Handeln der Kirche zu schaffen. Aufbauarbeit musste in allen Bereichen geleistet werden. Ein Leben im Übergang. Für Kirche eigentlich nichts Neues. Die 40 Jahre des Übergangs sind ihr ins Stammbuch geschrieben seit dem Auszug aus Ägypten auf dem Weg ins gelobte Land.
Und trotzdem: Zeiten des Übergangs sind anstrengend. Sie verlangen einem ab, Altes hinter sich zu lassen und sich nach Neuem auszustrecken. Sie sind von dem Bemühen geprägt, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um es besser zu machen. Sie bringen es mit sich, die eigene Rolle immer neu zu definieren, um auf die Erfordernisse des Augenblicks angemessen zu reagieren. Schließlich heißt Leben im Übergang auch, soweit als möglich, alle mitzunehmen in eine oftmals noch ungewisse Zukunft. Wir leben derzeit im Übergang. Und wir erfahren, wie fordernd das für uns alle ist.
Möge Christus, der König über Zeit und Ewigkeit, an dem sich unsere Vorgänger orientiert haben, auch uns vorangehen und uns in das verheißene Land seiner Ruhe führen. Amen.