Aschaffenburg (POW) Eine Motorsäge kreischt im Kirchenraum, Holzspäne fliegen, an der Altarinsel wird eine Abtrennung aus Metall abgeflext, Bänke sind verschoben, in der ehemaligen Taufkapelle wird gehämmert und geschraubt. Wer in diesem Sommer in die Pfarrkirche Sankt Agatha im Aschaffenburger Zentrum kam, der konnte von Woche zu Woche neue Veränderungen feststellen. Im Gotteshaus startet am Samstag, 27. September, um 19 Uhr das Projekt „Kirche am Markt“ mit einer Auftaktveranstaltung, und dafür musste Platz geschaffen werden.
Seit vergangenem Jahr ist klar, dass das Gotteshaus im Rahmen der diözesanen Kategorisierung der Gebäude als sogenannte „E-Kirche“ eingestuft ist. Das hat zur Folge, dass in Zukunft Baumaßnahmen nicht mehr vom Bistum bezuschusst werden und nur noch das angepackt werden kann, was die Kirchenverwaltung aus eigenen Mitteln stemmt. Bereits seit Januar 2023 überlegt deshalb ein Team engagierter Ehrenamtlicher gemeinsam mit dem zuständigen Pfarrer Martin Heim, der Kirchenverwaltung und der kirchlichen Erwachsenenbildung, wie man der Kirche einen neuen Platz innerhalb der Seelsorge der Stadt geben kann. Die Idee der „Marktkirche“ wurde geboren und im Februar 2025 der Verein „St. Agatha – Kirche am Markt e. V.“ gegründet.
„Das Kirchengebäude liegt im Dreieck zwischen Marktplatz, dem kirchlichen Dienstleistungszentrum Martinushaus und dem Aschaffenburger Bahnhof“, erklärt Dr. Peter Müller, der im Vorstand des neu gegründeten Vereins mitarbeitet. Das Konzept für das Projekt beruht laut Müller auf drei Säulen: der gelebte Glaube, das caritative Engagement und das kulturelle Erleben. Dafür soll der Kirchenraum in Zukunft Raum bieten. Vorstandsmitglied Robert Flörchinger hofft, dass über den Verein in der Marktkirche ein spannendes kirchliches Angebot entsteht, das möglichst viele Menschen anspricht und diesen Ort für die Zukunft erhält. Die Kirche wird nicht profaniert und die beiden Messfeiern am Mittwochmorgen und am Sonntagabend sollen erhalten bleiben. „Darüber hinaus bietet die Kirche dann aber auch Möglichkeiten für Ausstellungen, Konzerte, alternative spirituelle Angebote, aber auch soziale Aktionen“, sagt Flörchinger.
Etwa zwei Drittel der Kirchenbänke wurden inzwischen abmontiert. Zum Teil wird das Holz wieder für Regale und Tischplatten verwendet. Ein Teil der Bänke wurde von vier Metern und mehr auf 1,60 Meter verkürzt. Jetzt haben darauf jeweils nur noch zwei bis drei Personen Platz. Der Vorteil ist aber, dass sie nun bewegt werden können und gemeinsam mit den neu angeschafften 200 Stühlen eine flexible Nutzung des Raums ermöglichen.
Für das erste Vierteljahr sind schon einige Veranstaltungen geplant. So wird beispielsweise der Sozialverein IN VIA am Samstag, 11. Oktober, ein Benefizkonzert veranstalten, die Caritas wird gemeinsam mit der Kirchlichen Jugendarbeit zum verkaufsoffenen Sonntag am 19. Oktober einen Second-Hand-Markt mit Kinderprogramm und Hüpfburg im Kirchenraum durchführen, und die Erwachsenenbildung richtet Mitsing-Veranstaltungen rund um das Neue Geistliche Lied aus. Ein großes Projekt ist dann parallel zum Aschaffenburger Weihnachtsmarkt geplant, der nur wenige Meter entfernt von der Kirche stattfindet. Sankt Agatha soll dann eine Art Ruhepol sein, der mit einem Lichterlabyrinth und verschiedenen spirituellen Veranstaltungen zum Innehalten und Luftholen einlädt.
„Die Menschen hören aktuell von der Kirche vor allem, was alles nicht mehr geht, und vom Rückbau. Dieses Projekt soll da ein anderes Zeichen setzen“, sagt Peter Müller. Er sieht das als ein Signal auch an die Stadtgesellschaft, dass mit Kirche noch zu rechnen ist. Da kurzfristig keine großen Geldmittel vorhanden sind, hat man sich auf einen Weg der kleinen Schritte verständigt. Ehrenamtliche packen beim Umräumen der Kirche mit an, eine Zimmerei hilft bei der Verarbeitung des Holzes. Mittelfristig wird es aber Investitionen brauchen, beispielsweise für einen behindertengerechten Zugang oder eine vernünftige Toilettenanlage. Da werden Projektförderungen und Spendengelder wichtig sein und immer wieder die Ehrenamtlichen des noch jungen Vereins. „Wir wollen Menschen ansprechen, die sich aus Faszination für dieses Projekt in Beschlag nehmen lassen. Hier geht nur das, wofür sich jemand engagiert“, fasst Robert Flörchinger zusammen. Gebraucht werden sie sowohl in der Organisation als auch in der Umsetzung kreativer Ideen.
Bei der Auftaktveranstaltung am Samstag, 27. September, um 19 Uhr in der Kirche Sankt Agatha wird es Informationen zum Projekt geben und die Möglichkeit, sich zur Mitarbeit zu melden. Die Mitgliedschaft im Verein ist dabei nur eine Möglichkeit, um das Projekt mit Leben zu füllen. Den musikalischen Rahmen liefert an diesem Abend die Band „Moment Mal“. Infos zum Projekt, dem Verein und den geplanten Veranstaltungen gibt es im Internet unter www.marktkirche-aschaffenburg.de.
bv (POW)
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