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Zum Stand des Gesprächs zwischen Judentum und Christentum

Studienhandbuch zum jüdisch-christlichen Dialog erschienen – Vorstellung bei Studientag im Würzburger Burkardushaus

Würzburg (POW) Ganz im Zeichen des jüdisch-christlichen Dialogs hat am Montag, 6. Mai, eine Veranstaltung der Domschule Würzburg und des Würzburger Lehrstuhls für Altes Testament im Würzburger Burkardushaus gestanden: Christian M. Rutishauser, Barbara Schmitz und Jan Woppowa haben das von ihnen herausgegebene Studienhandbuch zum jüdisch-christlichen Dialog der Öffentlichkeit in Würzburg vorgestellt.

„Bei ihrer Besinnung auf das Geheimnis der Kirche gedenkt die Heilige Synode des Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamme Abrahams geistlich verbunden ist.“ Mit diesen Worten beginnt das vierte Kapitel der Konzilserklärung „Nostra Aetate“, das den zentralen Wendepunkt im Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum darstellt. Seit der Verabschiedung der Konzilserklärung im Jahr 1965 ist ein intensiver Dialog zwischen Theologie, Kirche und Judentum entstanden, der bis heute ein steter Lernprozess ist.

Gefehlt hat bisher ein Studienhandbuch, das den Stand des Gesprächs zwischen Christentum und Judentum zusammenfassend darstellt, zentrale Erkenntnisse bündelt und Perspektiven für eine christliche Theologie im Angesicht des Judentums vermittelt. Diese Lücke füllt das bei Mohr Siebeck/UTB erschienene Studienhandbuch, das in seinem ersten Teil „Grundlegende Perspektiven“ aufzeigt, die das Fundament des Dialogs darstellen. Das sind Einführungen zum Stand des jüdisch-christlichen Gesprächs aus katholischer (Christian Rutishauser), evangelischer (Bernd Schröder) und jüdischer Perspektive (Susanne Talabardon). Dazu treten Beiträge zu Geschichte und Begriffsbestimmungen zu Antijudaismus und Antisemitismus (Christina Späti), zur Geschichte der Päpste gegenüber den Juden (Thomas Brechenmacher) und zum Staat Israel heute (Tamar A. Avraham).

Der zweite Teil trägt dem Anliegen Rechnung, den Dialog zwischen Christentum und Judentum nicht als Spezialthema in der Theologie, sondern als Querschnittsfrage aller theologischen Disziplinen zu verstehen. Daher wird in den Beiträgen danach gefragt, wie der jüdisch-christliche Dialog die jeweilige Disziplin verändert hat, inwiefern dem Dialog mit dem Judentum disziplinär Rechnung getragen wird, und welche Impulse aus der jeweiligen Fachdisziplin für den Dialog zwischen Christentum und Judentum ausgehen. Beigetragen haben Barbara Schmitz zur Exegese des Alten Testaments, Thomas Schumacher zur Exegese des Neuen Testaments, Johannes Heil zur Kirchengeschichte, Gregor Hoff zur Systematischen Theologie, Albert Gerhards und Stephan Wahle zur Liturgiewissenschaft, Christian Rutishauser zur Theologie der Spiritualität, Heinz-Günther Schöttler zur Pastoraltheologie und Jan Woppowa zur Religionspädagogik.

Die in Kooperation mit der Akademie Domschule Würzburg veranstaltete Buchpräsentation startete als Fortbildungsveranstaltung mit dem Format „Dialog live“, einem Gespräch zwischen der Rabbinerin Dr. Ulrike Offenberg und Dr. Christian Rutishauser, gefolgt von zwei Workshops von Professorin Schmitz und Professor Woppowa.

Am Abend folgte die eigentliche Buchpräsentation. Der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters, Mitglied der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz, bezeichnete Dialog als Leitbegriff kirchlichen Handelns. Von und mit anderen zu lernen sei eine menschliche Grunderfahrung. „Natürlich gibt es Dialoge, die scheitern, aber es gibt auch gelungene.“ Persönlich habe er im Umgang mit jüdischen Menschen „vieles gelernt und manches verstehen gelernt“. Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, war mit einer Videobotschaft zugeschaltet. Er fragte kritisch, wie frei die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sei, wenn für ihre Veranstaltungen und Einrichtungen Polizeischutz notwendig sei. Schuster attestierte, dass der jüdisch-christliche Dialog in Würzburg funktioniere. „Abgeschlossen wird er aber nie sein.“

Friedhelm Pieper, evangelischer Präsident des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, nannte das Handbuch einen hervorragenden Beitrag zur Vertiefung des jüdisch-christlichen Dialogs. Das Konzilsdokument „Nostra Aetate“ sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Meilenstein gewesen. Besorgt fragte er, wie die neue Welle des Antisemitismus, die in Folge des brutalen Überfalls der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 entstanden sei, überwunden werden könne. „Die Kirchen müssen sich dieser gefährlichen Entwicklung entgegenstellen.“

Abschluss und inhaltlicher Höhepunkt war ein Vortrag von Professor em. Dr. Michael Wolffsohn, langjähriger Historiker an der Universität der Bundeswehr in München, zum Thema „Rivalität und Feindschaft zwischen Judentum und Christentum. Absurd?“. In seinem Vortrag zeichnete er die wechselvollen, oft von Gewalt geprägten Beziehungen zwischen Judentum und Christentum nach. Angesichts des akuten Nahostkonflikts plädierte er für die Notwendigkeit, differenziert zu bleiben. Die biblischen Landeroberungstexte gelte es zum Beispiel nicht als Geschichtsschreibung zu lesen, sondern als Wunschdenken von Unterdrückten, so wie ein zur Gewalt greifendes Israel heute nicht antisemitisch verurteilt werden dürfe, sondern als menschliche, allzu menschliche Reaktion auf Terror zu verstehen sei. Wolffsohn führte eindrücklich vor Augen, dass der jüdisch-christliche Dialog keine Nebensache darstellt. Vielmehr treffe er jüdische und christliche Existenz im Kern und frage nach dem, was Menschsein heute bedeutet.

Christian Ruthishauser/Barbara Schmitz/Jan Woppowa (Hrsg.): Jüdisch-christlicher Dialog. Ein Studienhandbuch für Lehre und Praxis. 266 Seiten. 39 Euro. UTB Stuttgart 2024, ISBN 978-3825262594.

(2024/0527; E-Mail voraus)

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