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Zur Lebensfreude der Menschen beitragen

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer beim Pontifikalgottesdienst zum Tag der Politiker und Laienräte am Montag, 9. Juli 2007, im Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Was treibt den Menschen an, sich für Andere, für eine gute Sache einzusetzen? Ist es Ehrgeiz? Ist es Machtstreben? Ist es materieller Vorteil? Was ist die Triebfeder überhaupt unseres Lebens? Was ist unsere tiefste Motivation, wenn wir uns engagieren? Das Lob der Mitmenschen? Das Aktivieren unserer Talente und Fähigkeiten oder einfach die Lust am Leben?

Und was hilft uns, über Niederlagen hinwegzukommen? Was hilft uns, das Niedergeschlagensein zu überwinden? Was hilft uns, mit unserem Versagen oder mit unserer Schuld zurecht zu kommen?

Diese existentiellen Fragen sind der Hintergrund, aus dem das Leitwort der diesjährigen Kilianiwallfahrtswoche aufleuchtet: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“

Wir wollen uns besinnen und nachdenken, was uns trägt, tragen soll und tragen kann. Wir wollen die Frankenapostel fragen, was das Geheimnis ihres Lebens war und was die Tatsache ausmacht, dass sie nun schon weit über ein Jahrtausend als nachahmenswerte Männer verehrt werden. Und wir fragen uns, was näherhin die Quellen ihrer Kraft, ihrer Lebensenergien und Lebensfreude waren. Die Antwort sagt der Heilige Geist in dem Schriftwort. Der Formulierer dieses Satzes war ein gewisser Mann mit Namen Nehemia. Er war ein alttestamentlicher Politiker, ein Verwaltungsbeamter, zugleich auch ein wichtiger gesetzlicher Führer für das Volk Gottes in schwerer Zeit. Er war der Verantwortliche, der nach der Katastrophe und Zerstörung Jerusalems den Wiederaufbau betrieben und initiiert hat. Wenn es eine Zielgruppe bei dieser Wallfahrt gibt, die eine ähnliche Aufgabe hat und in ähnlicher Verantwortlichkeit steht wie dieser Nehemia, dann sind Sie es. Aber kann Ihnen diese Aussage: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke“ eine Hilfe sein, Ihren besonderen Auftrag in Politik, in der Verwaltung, in unseren kirchlichen Gremien zu erfüllen? Kann denn zusätzlich die Gestalt des heiligen Kilian Ihnen einen Impuls geben, mit neuer Motivation Ihre genannten Aufgaben, die Sie beruflich oder ehrenamtlich ausüben, gerne und motiviert auszuüben?

Verehrte Brüder und Schwestern!

Eigentlich ist das Ziel allen politischen Handelns, das Ziel der Verantwortlichen in Verwaltung und Administration, das Ziel auch unserer Männer und Frauen, die Menschen zufrieden zu machen. Das Ziel ist, den Menschen zu helfen, ihr Leben so einzurichten, dass sie Freude haben in ihrem Leben. Und Sie, liebe Männer und Frauen, sind froh, wenn es Ihnen gelingt, mit Ihrer Tätigkeit etwas zu dieser Zufriedenheit und Lebensfreude der Menschen beizutragen. Die heilige Elisabeth, zunächst eine Frau, die an der Seite ihres Mannes, des Landgrafen Ludwig von Thüringen, für das öffentliche Wohl – also politisch – zuständig war, dachte und handelte nach ihrer bekannten Devise: „Wir müssen die Menschen froh machen“. Wer aber sich dieser Aufgabe stellt, muss selber ein Mensch sein, der aus der Freude lebt. Denn die Freude bewegt uns, motiviert uns, gibt uns die Kraft, für andere dazusein. Natürlich mag in der Wirtschaft oder in der Verwaltung, in der Politik und Wissenschaft die Anerkennung durch die Mitmenschen ein Motiv sein, seine Aufgabe zu erfüllen. Aber wir wissen, dass diese Anerkennung oft, meist ausbleibt. Natürlich wird einem Menschen im Ehrenamt oft auch Ehrgeiz und Machtdrang vorgeworfen. Das kann wehtun und kann unsere ehrliche Motivation blockieren. Was dann? Machen wir dann nur noch Dienst nach Vorschrift? Schmeißen wir beim Ausbleiben von Lob und Anerkennung das Ehrenamt nieder? Menschlich wäre das verständlich, aber uns selbst würde dies doch keine Freude und innere Zufriedenheit schenken. Ich denke auch, dass wir auf Dauer bei aller Selbstlosigkeit keine Freude mehr haben, wenn, ja wenn wir nicht die Geisteshaltung des Nehemia uns zu Eigen machen: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“ In einem Büchlein über die Freude schreibt Pater Balling: „Die Zukunft wird eine Zeit der Freude werden, wenn wir bei all unseren Sorgen und Problemen – trotz Ärger und Nöten – den nicht ausklammern, der über uns alle wacht. Wenn wir das Beten und Dank-Sagen nicht verlernen. Und Gott über unsere Menschen zu lieben versuchen“.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir hören von denen, die die Grundstimmung in unserem Land und auch in unseren Pfarreien zu beurteilen vermögen, dass es doch ein Potential von Lustlosigkeit, Verdrossenheit und Freudlosigkeit in unseren Gemeinden, in unserer Gesellschaft und in der Politik gibt. Man verweist auf Austritte aus der Kirche, man verweist auf die Angst vor Bindungen an Vereinen, man verweist auf schlechte Wahlbeteiligung. Ob das nicht auch mit der sogenannten Gottvergessenheit in unseren Tagen zusammenhängt? Jedenfalls kann man feststellen: Echt-religiöse Menschen engagieren sich mehr in sozialen Aufgaben, im Ehrenamt, als andere. Das hat seinen Grund: Unser Gott hat seine Freude an uns Menschen, an der Welt. Daher ist er in Jesus Christus ein engagierter Gott. Der Schöpfer-Geist ist der Geist der Freude, der Begeisterung. Und wer also in rechter Weise mit Gott lebt, mit ihm in Verbindung ist, dem wachsen Kräfte zu, die den Menschen über sich hinauswachsen lassen im Engagement, im Einsatz, im Beruf, im Ehrenamt. Evelyn Waugh (1903-1966) zählt zu den humorvollsten und amüsantesten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Er war gleichzeitig einer der Melancholischsten. Er war ein Mann, der im geheimen Groll und unterschwelligen Ärger mit sich selber lebte. Er vertraute einmal einem Freund an: „Du hast überhaupt keine Ahnung, um wie viel verbitterter und verärgerter ich wäre, wenn ich kein Katholik wäre. Ohne übernatürliche Hilfe hätte ich kaum ein menschliches Wesen sein, geschweige menschlich leben können!“ Nun: Das wissen wir, dass viele Christen gerade durch ihre tiefe Gottbezogenheit, ihre lebendige Christusliebe Kraft schöpfen für ihren oft nicht leichten Alltag und ihre Verantwortlichkeiten. Die Ordensfrau brachte es auf den Punkt: Die Ordensfrau, die in einem Leprakrankenhaus einmal von einem Uno-Beamten besucht wurde. Der Beamte sagte staunend und bewundernd: „Schwester, was sie da tun – das könnte ich nicht für eine Million tun.“ Da sagte die Schwester: „Ich auch nicht!“

Nun, liebe Schwestern und Brüder, schauen wir noch auf Sankt Kilian und auf das Evangelium von den Seligpreisungen. Kilian hat diese Seligpreisungen gehört und gelebt. Und diese Seligpreisungen zeigen uns den Königsweg zu den wahren Freudenquellen. Unser Heilige Vater schreibt in seinem Buch „Jesus Christus“ einen bemerkenswerten Satz: „Wer die Seligpreisungen richtig liest oder hört, wird erkennen, dass sie wie eine verhüllte innere Biographie Jesu selber ist, wie ein Portrait seiner Gestalt. Er ist der Arme, der Sanftmütige, der reinen Herzens ist, der Arglose und der Gottschauende. Der Friedenstiftende...“ Und die Seligpreisungen rufen uns zur Gemeinschaft mit Christus hinein. Von Jesus kommt Freude in unsere Drangsal und Freudlosigkeit. Eine „Seligkeit“ nicht nach der Art der Weltvergnügen, sondern von göttlicher Art. Und wo Jesus in der Heiligen Schrift auftritt, verbreitet er Freude, die zur Lebenskraft wird: „Freue dich, Maria ...“ „Freut euch, euch ist der Heiland geboren.“ „Und als sie den Stern stehen sahen, hatten sie eine überaus große Freude.“ Die Jünger freuten sich, als sie dem Auferstandenen begegneten. Freude im Heiligen Geist ist die eigentlichen Lebenskraft seit Pfingsten in der Kirche. Freude zeigt Gott, wenn ein Sünder umkehrt und sich bekehrt. Wer also Freude an Gott, an Christus hat, den kann sogar nicht einmal der Tod schrecken. So lesen wir in der ältesten Lebensbeschreibung des heiligen Kilian: „Die genannten Märtyrer Christi aber gaben sich, als die Zeit ihres Leidens herannahte, Tag und Nacht dem Gebet hin: froh, ohne Traurigkeit, ergeben ohne Frucht, in heiterer Erwartung des Tages, der sie zur Krone des Martyriums führen werde ...“.

Die Freude an Gott war ihre Stärke, selbst in äußerster menschlicher Not. Wir sind hier bei Männern, die dieses Nehemia-Wort mit Realität gefüllt haben. Ein wenig von dieser Einsicht und Wahrheit sollen Sie, liebe Schwestern und Brüder, durch diese Wallfahrtswoche gerade in ihrem herausfordernden Dienst erfahren dürfen: „Die Freude an Gott ist unsere Stärke!“ Amen.

(2807/1017)