Würzburg (POW) Rot-Weiß-Blau – wer diesen Farben folgt, kann nicht fehlgehen. Die Gottesmutter und ihr Kind grüßen in Rot, Weiß und Blau von den Schildern, die den Fränkischen Marienweg markieren. Ungezählte Pilger, aber auch Touristen und Freizeitsportler folgen seit der Eröffnung des Wallfahrtswegs am 15. August 2002 der Ausschilderung, die 50 große und kleine Wallfahrtsorte im Bistum Würzburg miteinander verbindet. Würde man alle Strecken ablaufen, käme man auf stolze 887 Kilometer – selbst Pfarrer Josef Treutlein, Initiator des Fränkischen Marienwegs, in seiner Freizeit ein begeisterter Wanderer, hat noch nicht alle Abschnitte erkundet.
„Wallfahren ist Beten mit den Füßen“, sagt Treutlein, der in Würzburg-Grombühl die Pfarrei Sankt Josef betreut. „Zwei Mal in der Woche muss ich laufen, damit ich den Kopf frei bekomme.“ So ist es nur stimmig, dass ihm die Idee zu einem neuen Wallfahrtsweg bei einer Wanderung kam. Angesichts einer Jakobsmuschel, die im Gramschatzer Wald den Weg ins Tausende Kilometer entfernte Santiago de Compostela wies, war der Gedanke auf einmal da: „Warum nicht die Schätze vor der eigenen Haustür heben?“ Einen Mitstreiter fand er in Dr. Fritz Steigerwald, damals Landrat von Rhön-Grabfeld, dem Heimatlandkreis des Pfarrers. „Er war sofort begeistert“, erinnert sich Treutlein. Im Dezember 2001 stellte er seine Idee einer Gruppe von Landkreis-Vertretern sowie Mitarbeitern von Tourismuszentralen vor. Sie schlug sofort ein. „Dass wir da nicht schon vor 100 Jahren draufgekommen sind, wir sind doch ein altes Marienland!“, habe ein Beamter spontan ausgerufen.
Auf der Grundlage eines alten Wallfahrtsverzeichnisses wurde die fast 900 Kilometer lange Strecke geplant. Um das Organisatorische – wie die Planung der Abschnitte oder die Beschilderung kümmerten sich Gebietskörperschaften, Landkreise und kreisfreie Städte. „Die Diözese Würzburg und alle Verantwortlichen der Wallfahrtsorte haben voll mitgezogen“, sagt Pfarrer Treutlein. „Und neun Monate später, an Mariä Himmelfahrt, war das Kind geboren. Der Weg war beschildert und so gut wie fertig.“ Offiziell eröffnet wurde der Fränkische Marienweg natürlich mit einer Wallfahrt: Rund 200 Pilger liefen von der Marienkapelle über Höchberg bis zum Würzburger Käppele, von Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand mit großen Schritten angeführt.
Seitdem zieht Pfarrer Treutlein etwa fünf Mal im Jahr mit bis zu 250 Pilgern singend und betend auf den gewundenen Pfaden von Ort zu Ort. „Der Marienweg ist wie eine Perlenschnur, wie ein großer, in die fränkische Landschaft gelegter Rosenkranz“, sagt er. Bekannte Wallfahrtsziele sind darunter, wie die Ritterkapelle in Haßfurt, der Kreuzberg oder Maria Ehrenberg inmitten des Truppenübungsplatzes Wildflecken. Mancher Wallfahrer stellte erst beim Blick in die Karte fest, dass es die „Muttergottes von Schmerlenbach“ tatsächlich gibt – nämlich in Schmerlenbach bei Aschaffenburg.
Doch auch mancher fast vergessene Wallfahrtsort erlebte durch den Fränkischen Marienweg eine kleine Renaissance. Zum Beispiel Braidbach, oberhalb von Bad Neustadt gelegen. Die kleine Dorfkirche, 1715 erbaut, war einst eine regionale Wallfahrtskirche. Über die Jahre war sie nahezu in Vergessenheit geraten. Doch in diesem Sommer strömten rund 160 Pilger in das Kirchlein und füllten den Raum mit ihrem Gesang. „Braidbach kam wieder als Wallfahrtsort ins Bewusstsein. Jetzt wird die Kirche tagsüber wieder offen gelassen“, erzählt Treutlein. Auch Reisegruppen haben die Braidbacher Kirche als Besichtigungsziel neu entdeckt, ist aus dem Pfarrbüro zu hören.
Ähnliches berichtet Pallottinerpater Bernhard Pieler über „Maria vom Rauhen Wind“ in der Sandkirche in Kälberau. Die gotische Marienstatue wurde der Legende nach etwa 1380 in einem Hollerbusch gefunden und ist nach Auskunft der Pfarrei das älteste Gnadenbild in der Untermainregion. Trotzdem: „Es war immer ein kleiner, bescheidener Wallfahrtsort, der von vielen Einzelpilgern aufgesucht wurde.“ Aber der Fränkische Marienweg ziehe viele Wanderer an. „Das ist sicherlich auch ein guter Hinweis auf kleine, ruhige Wallfahrtsorte“, findet Pater Pieler.
48 Wallfahrten hat Pfarrer Treutlein bislang auf Teilstrecken geführt. Er stellt fest, dass nicht nur Wallfahrer, sondern auch Touristen, Natur- und Kunstfreunde, Wanderer und Radfahrer gerne der Beschilderung folgen. Erst neulich sei nach der Wallfahrt eine hellauf begeisterte Protestantin auf ihn zugekommen. Er ist überzeugt: „In Unterfranken liegt ein Schatz. Den heben wir.“ Und immer wieder gibt es nette Begebenheiten rund um die Wallfahrten. Zweimal schon hätten Leute mitten im Wald Tische und Bänke aufgestellt: „Und dann haben sie die Pilger bewirtet. Der Marienweg hat viele Freunde.“
Rund 140 Menschen haben sich im Jahr 2004 im „Verein der Freunde und Förderer des Fränkischen Marienwegs“ zusammengeschlossen. Der Verein kümmert sich um den Erhalt des Marienwegs, um die Beschilderung und das Marketing. So wurde beispielsweise der Wanderführer, in dem der Weg und alle Wallfahrtsorte detailliert beschrieben werden, mittlerweile bereits zum zweiten Mal aufgelegt. Es gibt Flyer, das von Pfarrer Treutlein verfasste Begleitbüchlein „Von Perle zu Perle“ – und eine Miniaturausgabe der Beschilderung, die an vielen Pilgerrucksäcken baumelt. Bald wird es – auf vielfachen Wunsch – auch einen Pilgerpass und an jeder Station einen Stempel geben.
Seit 2003 bietet Treutlein neben den Wallfahrten auch einen Vortrag mit dem Titel „Ein Weg, der viele(s) bewegt“ im Programm der Katholischen Akademie Domschule an. Mit großem Erfolg: Der Vortrag wird gerne gebucht, im Jahr 2008 sogar rekordverdächtige 17 Mal, und pro Veranstaltung werden 30 bis 50 Zuhörer gezählt, erzählt Klaus Möhres, in der Katholischen Akademie Domschule Würzburg zuständig für die Seminarorganisation. „Es waren aber auch schon bis zu 90.“
Es gibt viel zu entdecken auf dem Fränkischen Marienweg auch für Pfarrer Treutlein. Vor der Sommerpause erwanderte er sich mit der rund 20 Kilometer langen Strecke zwischen Maria Bildhausen und Braidbach einen neuen Abschnitt. Auch im Spessart warten noch einige Strecken darauf, von ihm unter die Füße genommen zu werden. Und jeder neue Abschnitt ist für ihn eine besondere Entdeckung: „Ich staune immer wieder, wie schön der Marienweg überall ist.“
Mehr Informationen über den Marienweg gibt es im Internet unter www.fraenkischer-marienweg.de.
(3112/0833; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet