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Dokumentation

„Fragen, die mich bewegen“

Vortrag von Bischof Dr. Franz Jung beim Priestertag in Heidenfeld am 8. Oktober 2018

1 Petrus 1, 6-7:

Ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist.

Liebe Mitbrüder,

ich freue mich, dass ich mit Ihnen zusammen diesen Priestertag begehen kann, hier an diesem traditionsreichen Ort, an dem das Grab von Liborius Wagner verehrt wird, dem Priester, der in schwerer Zeit treu seinen Dienst getan hat und dessen Wirken im Bewusstsein des Bistums nie in Vergessenheit geriet. Schön, dass so viele Mitbrüder meiner Einladung gefolgt sind. Wir leben in bewegten Zeiten.

Für unsere Kirche und für die Geistlichen sind diese Tage besonders schwer. Mit mancherlei Prüfungen sehen wir uns konfrontiert, die uns herausfordern und dazu angetan sind, unseren Glauben zu läutern. Natürlich bewegt viele von uns die Veröffentlichung der Studie zum sexuellen Kindesmissbrauch und das Bild, das dort von den Geistlichen gezeichnet wird. Zu dieser aktuellen, sehr belastenden Situation, kommt der Veränderungsstress, der mit dem Prozess „Pastoral der Zukunft“ einhergeht.

Von daher ist es schön, wenn wir zusammen kommen in diesen Tagen. Denn der gemeinsame Austausch hilft, einander zu verstehen. Er ist wichtig, um voneinander zu hören, wie jeder einzelne mit den anstehenden Problemen umgeht, welche Fragen ihn beschäftigen. Der Austausch trägt hoffentlich auch dazu bei, die Freude am eigenen Tun wiederzugewinnen und einander zu bestärken bei allen Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt.

Drei Dinge sind mir heute wichtig.

  • Das erste ist meine Einschätzung zur Missbrauchsstudie und zu den Konsequenzen, die ich aus der Studie ziehe.
  • Zum zweiten geht es mir um einen Denkanstoß zur priesterlichen Lebensform und zur Frage, wie es uns gelingen kann, zu einem Presbyterium zusammen zu wachsen, zu einer Priestergemeinschaft, in der deutlich wird, dass wir unter der Leitung des Bischofs eine gemeinsame Mission haben.
  • Zum dritten möchte ich einen Blick auf die konkreten Herausforderungen werfen, die uns in dem derzeitigen Veränderungsprozess gestellt sind.

Vom Ablauf her habe ich aus Erinnerung an eigene Priestertage jetzt keine festen Gesprächsgruppen vorgesehen. Vor dem Mittagessen soll einfach der Raum geöffnet sein zu gemeinsamer Begegnung und zum Austausch über das Gehörte. Nach dem Mittagessen besteht dann die Möglichkeit zur Anbetung, an die sich die gemeinsame Feier der Eucharistie anschließt.

I. Die MHG Studie zum sexuellen Kindesmissbrauch durch Kleriker

Die Veröffentlichung der Missbrauchsstudie hat in der bundesdeutschen Öffentlichkeit breite Resonanz gefunden. Viele berufene und unberufene Stimmen haben sich mittlerweile zur Studie geäußert. Verstörend und in meinen Augen auch verletzend sind viele Pauschalurteile, nicht zuletzt auch aus dem Mund kirchlicher Würdenträger, die über die Priester gefällt werden und die wir alle, ich als Bischof und Sie als meine direkten Mitarbeiter, ertragen müssen. Das tut weh. Und ich kann mir vorstellen, dass viele, die sich seit Jahren nichts haben zuschulden kommen lassen und treu ihren Dienst getan haben, sich auch verletzt und ungerecht behandelt fühlen.

Schließlich wird die Tatsache, dass so viele Priester ihren Dienst gut getan haben und sich nach Herzens Kräften bemüht haben, gute Seelsorger zu sein, überhaupt nicht mehr erwähnt. Vor diesem Hintergrund ist es mir heute ein wirkliches Anliegen, Ihnen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen für Ihre Arbeit im Weinberg des Herrn seit vielen Jahren, und das unter nicht gerade glücklichen Bedingungen.

Als Mitglied im wissenschaftlichen Beirat konnte ich das Entstehen der Studie von Anfang an mitverfolgen. Ich weiß, dass ehrlich um viele einzelne Punkte des Forschungsvorhabens gerungen wurde. Ich habe die Problematik um die Erstellung einer soliden Zahlenbasis mitbekommen und wie schwer es war, belastbare und verlässliche Zahlen zu erhalten. Die Tatsache, dass sich die Studie zunächst kein kriminologisches oder juristisches Ziel gesetzt hat, führte dazu, keine Einzelbewertung der Fälle vorzunehmen, was wiederum nur die Unterscheidung von „Beschuldigten“ und „Betroffenen“ erlaubte, ohne dass wirkliche Täter und Opfer identifiziert wurden, was aufgrund der Anonymisierung auch nicht gewünscht war.

Mir geht es nun nicht darum, die Ergebnisse der Studie in Frage zu stellen. Dazu müsste man sich sehr differenziert jeden einzelnen Punkt anschauen. Pauschale Angriffe gegen die Studie sind daher in meinen Augen auch wenig hilfreich. Mir geht es hier nur darum festzustellen, wie komplex die Ergebnisse sind und wie sorgfältig man mit den Befunden und ihrer Deutung umgehen muss. Dass die Öffentlichkeit sich nur auf die Zahlen stürzen würde, habe ich dem Leiter des Forschungskonsortiums, Prof. Dressing, schon zu Beginn vorhergesagt. Ebenso war absehbar, dass am Ende jeder die Studie dazu gebrauchen würde, seine eigene Reformagenda zu befördern, ohne nochmal die gebotene Sorgfaltspflicht walten zu lassen.

Was meines Erachtens in der gegenwärtigen Diskussion völlig zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass viele Umstände, die den Missbrauch in früheren Zeiten begünstigt haben, in dieser Weise heute schon lange nicht mehr gegeben sind.

  • Als erstes wäre hier zu nennen, dass Priester keineswegs mehr unangefochten dastehen. Wie alle einstigen Autoritäten wurden auch die Kirche und ihre Amtsträger ihres Nimbus entkleidet, so dass heute niemand mehr unhinterfragt sein Amt ausüben kann und Kritik am Amtsträger und seiner Amtsführung an der Tagesordnung ist.
  • Des Weiteren müsste erwähnt werden, dass viele Einrichtungen, in denen Missbrauchshandlungen vornehmlich an männlichen Kindern und Jugendlichen vorkamen, heute nicht mehr existieren. Dazu zählen die vielen kleinen Seminare, Kinderheime und schulischen Internate, die im Laufe der achtziger Jahre vielfach geschlossen wurden.
  • Auch der Umgang mit dem Thema Sexualität hat sich grundlegend gewandelt. Es ist heute kein Tabu-Thema mehr wie in den 50er, 60er und 70er Jahren - der Zeit, in die die meisten Missbrauchsdelikte fallen -, so dass darüber unbefangen und offen gesprochen werden kann.
  • Schließlich besteht gerade seit 2010 vornehmlich in der katholischen Kirche eine große Sensibilität für das Thema Missbrauch an Minderjährigen, was sich auch in den vielfältigen Präventionsmaßnahmen niederschlägt, die alle Bistümer permanent zu optimieren suchen, auch in dem Bewusstsein, dass man wahrscheinlich nie genug getan hat, um diesen Verbrechen vorzubeugen.
  • Nicht zuletzt muss festgehalten werden, dass Missbrauch seit längerem als Straftat bewertet wird und deshalb zur Anzeige gebracht werden muss. Eine einfache Versetzung Beschuldigter an einen anderen Ort ohne vorherige forensisch-psychiatrische Begutachtung ist nicht mehr möglich, sofern ein Einsatz in der Seelsorge überhaupt noch riskiert werden kann.
  • Bleibt noch zu erwähnen, dass durch die seit Jahren rückläufige Priesterzahl in vielen Bereichen der Jugendarbeit im umfassenden Sinn (Jugendarbeit / Schule etc.) heute keine Priester mehr zum Einsatz kommen wie noch in früheren Jahren.

Nochmal. Mir geht es in keiner Weise darum, die erschreckenden Ergebnisse in ihrer Bedeutung herunterzuspielen. Als ich das Amt des Generalvikars übernahm, kam es gleich am Ende meines ersten Dienstjahres zur Offenlegung des Missbrauchs am Canisius-Kolleg in Berlin. Ich weiß noch, wie für mich damals eine Welt zusammenbrach und wie sich mit jeder neuen Meldung über eine Missbrauchstat meine Fassungslosigkeit steigerte, bis ich endlich anerkennen musste, dass der sexuelle Kindesmissbrauch nicht als einzelner „Ausrutscher“ bewertet werden konnte, sondern häufiger an der Tagesordnung war, als ich mir jemals hätte träumen lassen.

Und dass man kirchlicherseits unsachgemäß mit diesen Vergehen umging, indem man den Schutz der Täter vor den Schutz der Opfer stellte, die Verbrechen damit bagatellisierte, die Straftäter deckte und versetzte, mitunter die Akten manipulierte, ohne überhaupt je einen Gedanken an die zu verschwenden, die jahrelang um ihre Rechte kämpfen mussten und oftmals kein Gehör fanden mit ihrer Geschichte. Durch das Gespräch mit den Betroffenen weiß ich um die endlosen Leidensgeschichten vieler Betroffener und auch um die Hilflosigkeit der kirchlichen Verantwortungsträger, begangenes Unrecht nach so vielen Jahren und Jahrzehnten gut machen zu wollen.

Vielleicht darf ich hier und heute auch erwähnen, selbst wenn es nicht opportun erscheinen mag, dass ebenso nicht wenige Täter an ihrem Vergehen innerlich zerbrochen sind. Wie man sich nicht weiter um die Betroffenen kümmerte, so unterschätzte man häufig auch die große Not der straffällig gewordenen Priester, die – so sie Reue zeigten und sich ehrlich um Umkehr bemühten – sich oftmals mit ihrer Schuld völlig allein gelassen fühlten und ihrerseits beklagten, von der Kirche im Stich gelassen worden zu sein.

Mein Punkt ist, dass man trotzdem nicht so tun darf, als stünden wir an einem Nullpunkt, wie in der aktuellen Diskussion suggeriert wird, und als wäre in der Zwischenzeit noch gar nichts geschehen.

Das trifft nicht zu. Ich glaube im Gegenteil sagen zu können, dass die katholische Kirche zu denjenigen Institutionen zählt, die sich am intensivsten bemühen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Hinsicht zu schulen und es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht haben, ihre Schutzkonzepte zu verbessern[1]. Wenn daher P. Zollner, der Leiter des Center for Child Protection in Rom Mitte September dieses Jahres feststellt,

„Kinder sind in der Kirche sicher, vielleicht sogar sicherer als irgendwo anders"[2],

dann ist das eine sehr starke Aussage, die verdient, bei der derzeitigen Auseinandersetzung auch gehört zu werden. Ansonsten entsteht der Eindruck, der sich jetzt auch in der Öffentlichkeit breit zu machen scheint, als ob Kirche die einzige Institution wäre, die sich mit dem Übel des sexuellen Kindesmissbrauchs befassen müsste. Dem ist nicht so.

Der Maßnahmenkatalog, der bei der Herbstvollversammlung der Bischöfe vorgestellt wurde, entspricht den Empfehlungen der Studie und unterstreicht die Ernsthaftigkeit, mit der die Bischöfe sich der Bekämpfung des Missbrauchs stellen wollen.

Doch jenseits dieser Ausführungen zum Kontext und zur derzeitigen Wahrnehmung der Studie in der Öffentlichkeit werden Sie wissen wollen, welche Konsequenzen ich als Bischof aus dieser Studie ziehe.

Als Bistum haben wir beschlossen, ein Interventionsteam zu bilden von Fachleuten, die sich Betroffener annehmen und die geschult sind im Umgang mit Opfern des Missbrauchs und mit der Aufarbeitung dieser traumatischen Taten.

Jenseits dieser Sofortmaßnahme jedoch stellen sich mir einige sehr ernste Fragen.

Ersttat 13 Jahre nach der Weihe

Ein erstes. Besonders hat mich an den Ergebnissen der Studie erschreckt, dass die Ersttat im Durchschnitt dreizehn Jahre nach der Priesterweihe begangen wird im Alter zwischen 40 und 42 Jahren. Auch wenn es sich hier um das mathematische Mittel handelt, lässt dieser Befund aufhorchen. Immerhin markiert dieses Lebensalter in etwa den Eintritt in die sogenannte Midlife-Crisis. Es handelt sich dabei um die Lebensspanne zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr, die nach den großen geistlichen Lehrern der Kirche die Zeit ist, in der eine einmal getroffene Entscheidung der Validierung und persönlichen Vertiefung bedarf, der sogenannten „Zweiten Entscheidung“.

Missbrauchstaten stehen so in einem Zusammenhang mit einer Phase fehlender geistlicher Orientierung, wahrscheinlich ausgelöst durch eine Lebenskrise, die sich nach dem Abebben des ersten Schwungs einstellt. Die Krisenhaftigkeit der Situation kann begünstigt werden durch das Gefühl, allein gelassen zu sein, und mitunter auch durch Substanzmittelmissbrauch wie etwa Alkohol, wie ich in nicht wenigen Fällen feststellen musste.

Die Frage, die sich mir stellt und die mich seit längerer Zeit umtreibt, lautet: Brauchen wir nicht gerade in dieser Lebensphase für die Geistlichen eine Unterbrechung zu einer Vertiefung der eigenen Berufung, in etwa dem Tertiat vergleichbar in der Ausbildung der Jesuiten? Das heißt einer regelrecht vorgesehenen Auszeit, die der Fortbildung und der geistliche Begleitung dient, um noch einmal dem eigenen Berufungsweg nachzugehen und sich in Ruhe den anstehenden Fragen zur weiteren Lebensgestaltung aus dem Glauben zu stellen?

Ich habe die Personalabteilung gebeten, dieser Idee nachzugehen und ein entsprechendes Konzept zu erstellen. Deutlich scheint mir in jedem Fall, dass die Einschätzung, ein jeder sorge schon für sich und seine geistliche Reifung, vielleicht etwas zu naiv ist. Der Begleitung bedarf es nicht nur am Beginn auf dem Weg zum Priestertum, sondern immer wieder auch während der Jahre des priesterlichen Tuns.

Zölibat

Ein zweites. Zu den vielen Vorschlägen für Sofortmaßnahmen, um den sexuellen Missbrauch zu unterbinden, zählte die Forderung, den Zölibat aufzuheben. Ich kann dieser Forderung aus mehreren Gründen nichts abgewinnen.

Erstens halte ich den Zölibat für eine Lebensform, die die Hingabe an Christus und seine Kirche unterstreicht. Natürlich muss gefragt werden, wie man dieser Lebensform in einer guten Weise gerecht werden kann.

Zweitens enthebt die zölibatäre Lebensform nicht der Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Reife. In der Tat könnte der Zölibat attraktiv sein für Menschen, die dieser Auseinandersetzung aus dem Weg gehen wollen und die unter dieser Rücksicht einen unreifen Umgang mit dem Thema der eigenen Sexualität pflegen. Hier muss bei der Ausbildung gut hingeschaut und entsprechende Begleitung angeboten werden. Die Eignungsprüfung vor der Zulassung zur Weihe hat diesen Gesichtspunkt besonders zu berücksichtigen.

Drittens meine ich, dass dieser Reifungsprozess jedem abverlangt wird, verheiratet oder unverheiratet, und eine lebenslange Aufgabe bleibt. Beunruhigen sollte es uns doch, dass über 90 Prozent des sexuellen Kindesmissbrauchs gesamtgesellschaftlich betrachtet im Elternhaus geschieht, also nicht durch zölibatär lebende Menschen verschuldet ist.

Homosexualität

Ein drittes. Gerade aus sehr konservativen Kreisen wurde die Gruppe der Homosexuellen als Hauptschuldige für den Missbrauchsskandal identifiziert. Nun ist durch die bisherigen Studien in der Tat ein signifikant höherer Anteil homosexuell veranlagter Priester an Missbrauchshandlungen belegt als bei der gesamtgesellschaftlichen Betrachtung. „Dies bedeutet nicht, dass homosexuell orientierte Geistliche besonders häufig sexuelle Übergriffe begehen, sondern lediglich, dass der Anteil homosexueller Geistlicher sowohl in der Gruppe der sexuell Übergriffigen als auch generell in der Priesterschaft überproportional groß zu sein scheint“, wie Prof. Leygraf in seiner Studie von 2012 ausführt[3].

Das ist eine Tatsache, der man sich stellen muss. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität war bisher kaum möglich. Zum einen sind die Vorschriften für die Ausbildung in diesem Punkt eher unklar. Zum anderen hat die Ablehnung oder höchstens Tolerierung der homosexuellen Orientierung verhindert, sich eingehend mit diesem Phänomen zu beschäftigen und entsprechende Folgerungen für die Priesterausbildung daraus zu ziehen. Das ist ein Desiderat, das auch durch die MHG Studie angemahnt wird[4]. Eine Diskriminierung oder Stigmatisierung homosexueller Priester als Alleinschuldiger verbietet sich jedoch nach diesem Befund.

Jenseits dessen steht für mich außer Zweifel, dass das Zölibatsversprechen auch für Priester mit homosexueller Orientierung gilt. Homo- wie heterosexuell veranlagte Priester sind gleichermaßen dazu aufgerufen, einen reifen und erlösten Umgang mit der eigenen Sexualität zu entwickeln.

Wahrscheinlich ist auch das ein Desiderat, die Klärung der Frage nämlich, wie ein solch erlöster Umgang mit der eigenen Sexualität aussieht und welche Hilfestellungen dafür notwendig sind. Soweit ich mich erinnern kann, wurden die großen Themen ganzheitlich menschlicher Reifung wie die Fragen nach der eigenen Sexualität, der Sehnsucht nach Gemeinschaft, dem Wunsch nach Intimität und Zärtlichkeit im Laufe meiner priesterlichen Ausbildung nie wirklich thematisiert. Wie selbstverständlich ging man davon aus, dass jeder einzelne das gewissermaßen „auf die Reihe kriegt“ und dass das schon wird. Dass dem nicht so ist, belegt die Studie.

Auch wenn eine verunglückte Integration der eigenen Persönlichkeit nur in wenigen Fällen in sexuellen Kindesmissbrauch mündet, so gibt es andere Folgeerscheinungen, die wir alle kennen und für die auch Kleriker anfällig sind:

Macht- und Karrierestreben, unbarmherzige Rechthaberei, mondäner Lebensstil, Fixierung auf finanzielle Fragen, innere Kündigung, fehlendes Selbstwertgefühl, Rückzug auf sich selbst, depressive Verstimmung, lähmende Müdigkeit oder Acedia, wie die Alten es nannten – die Liste ließe sich fortsetzen.

Alles mögliche Kompensationsformen einer nicht ausgereiften Persönlichkeitsentwicklung. Ich sehe hier noch eine große Aufgabe vor uns liegen. Insofern kann die Studie ein Ansporn sein, hier noch einmal genauer hinzuschauen und uns diesen Problemen zu stellen.

Klerikalismus

Ein viertes. Das Stichwort „Klerikalismus“. Ich bin offen gestanden sehr unglücklich über diesen Begriff, den auch der Heilige Vater sehr strapaziert. Unglücklich deshalb, weil jeder seine eigenen Vorstellungen vom Kleriker und von Klerikalismus hier unterbringen und dumpfe Vorurteile hegen kann. Wir sind als Priester Kleriker. Aber damit ist noch lange nicht gesagt, dass wir klerikal daherkommen oder uns des Klerikalismus schuldig gemacht hätten.

Ich möchte daher den Begriff des Klerikalismus dahin gehend präzisieren, dass ich unter Klerikalismus einen Verstoß gegen das priesterliche Amtsverständnis sehe, wie das Zweite Vatikanische Konzil den Priester definiert hat, nämlich als Dienstamt, das den Getauften Christen nicht übergeordnet, sondern zugeordnet ist, das keine Herrschaftsfunktion, sondern Dienstfunktion hat. Das demnach nicht Unterordnung einfordert, sondern darauf bedacht sein muss, andere in ihren Charismen zur eigenen Weiterentwicklung zu verhelfen.

Dementsprechend muss auch unser Auftreten in der Öffentlichkeit sein. Mich beunruhigt in der Tat die schon mehrfach vorgetragene Klage von Gemeindemitgliedern über einen herablassenden und demütigenden Umgang von Geistlichen mit ihnen. Das steht uns schlecht an. Vorurteile abzubauen ist immer schwer. Wir sollten sie aber nicht durch ein entsprechendes Verhalten oder Fehlverhalten auch noch nähren.

Damit will ich es einmal bewenden lassen. Meine Ausführungen können nicht anders als fragmentarisch sein. Mir ist es am Ende aber noch einmal wichtig, Ihnen meinen Dank für Ihren Dienst auszusprechen und Sie meines Vertrauens zu versichern.

Ich möchte Ihnen allerdings auch nicht verhehlen, dass ich als Generalvikar etliche sehr schmerzliche Erfahrungen machen musste wie die Wahrnehmung, dass so manche Mitbrüder ein regelrechtes Doppelleben führen und viele sich der Gefahren nicht oder nur halb bewusst sind, in die sie sich durch ihren Lebensstil begeben. Hier ist jeder aufgerufen, sich selbst ernsthaft zu prüfen und offene Fragen mit seinem geistlichen Begleiter zu klären oder auf den Weg der Klärung zu bringen.

Nichtsdestoweniger will ich Sie ermutigen, trotz der aktuellen, sicher belastenden Situation, mit Zuversicht, Freude und Ausdauer Ihren Dienst zu tun. Wie der erste Petrusbrief sagt, sind Prüfungssituationen immer auch Momente einer Läuterung und einer Klärung, die oft nicht einfach ist und der man bisweilen auch gerne aus dem Weg gehen möchte. Wird sie aber bestanden, verhilft sie zu größerer Freude und Gelassenheit. Das wünsche ich uns allen jedenfalls.

II. Die Formung eines Presbyteriums

„Weil alle Priester des einzigen Priestertums Christi teilhaft sind, und weil sie dazu berufen sind, an ein und demselben Werk mitzuarbeiten, sind sie untereinander durch besondere Bande der Brüderlichkeit miteinander verbunden. Es ist also angemessen, dass der Bischof, soweit es möglich ist, die vita communis der Priester fördert, die der kollegialen Form des sakramentalen Dienstes entspricht und die Tradition des apostolischen Lebens zugunsten einer größeren Fruchtbarkeit des Dienstes aufgreift.“[5]

So liest man im Direktorium für die Bischöfe. Dem Bischof obliegt also die besondere Förderung des priesterlichen Miteinanders, um ein Presbyterium zu formen.

In der heutigen pastoralen Situation rückt der Aspekt des Presbyteriums häufig in weite Ferne. Zum einen sind es die größeren Entfernungen voneinander in wachsenden seelsorglichen Einheiten, zum anderen die zeitliche Belastung, die oft kaum Raum lassen für das brüderliche Miteinander. Zwar sehnen sich viele Mitbrüder erfahrungsgemäß nach mehr Gemeinschaft und fühlen sich allein. Allerdings habe ich auch allzu oft erfahren müssen, dass alle Versuche, mehr Gemeinschaft zu ermöglichen, ins Leere liefen. Ich spreche hier noch gar nicht von Modellen der Vita Communis, sondern schlicht vom dürftigen Besuch des monatlichen Dies, den in großer Regelmäßigkeit oft nur die Mitbrüder im Ruhestand besuchen.

Der individuelle Lebensstil bringt es mit sich, dass das Zusammenleben schwer fällt. Dennoch sehe ich im priesterlichen Miteinander für die kommenden Jahre eine Notwendigkeit. Es geht darum, sich in größer werdenden Seelsorgeeinheiten nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren. Es geht darum, einander zu stützen und auch füreinander Seelsorger zu sein. Wer nur als Einzelkämpfer unterwegs ist, wird wahrscheinlich mit der Zeit vereinsamen und Gefahr laufen, die Freude an seinem Amt und seiner Berufung einzubüßen.

Die Fragen, die mich bewegen, lauten daher:

  • Wie kann man Formen schaffen, die das priesterliche Miteinander fördern?
  • Welche Möglichkeiten der Begegnungen gibt es bereits?
  • Welche müssten dazu kommen?
  • Wie erfahren wir uns als ein Presbyterium?

Jenseits dessen wird sich bei der Planung der größeren pastoralen Einheiten früher oder später auch die Frage nach der Zukunft der Pfarrhäuser auftun. Und bei dieser ganz praktischen Immobilienangelegenheit entscheidet sich, ob man beim Erhalt einer Immobilie auch bedenkt, dass ein Pfarrhaus auch mehrere Priester beherbergen könnte, die hier in einer mehr oder weniger festen Vita Communis das Leben miteinander teilen. Immerhin lautet eines der wichtigsten Ergebnisse der Jacobs-Studie, dass das Zusammenleben von Priestern der Gesundheit und Berufszufriedenheit zuträglich ist.

Für diese Form des Zusammenlebens müsste man dann, wenn solches wirklich will, verbindliche Regeln für das gemeinsame Leben erarbeiten. Erfahrungsgemäß reicht etwas guter Wille nicht aus. Es braucht feste gemeinsame Gebetszeiten, die gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, Zeit füreinander und für die gegenseitige Beratung und Förderung und die Achtsamkeit füreinander.

Ich möchte diese Überlegung Ihnen heute einfach vorstellen und bin gespannt auf die Rückmeldungen Ihrerseits und Ihre Wahrnehmung. Wie gesagt, auch im Hinblick auf die Attraktivität des Priesterberufes und die Gewinnung von Nachwuchs scheint mir das gemeinsame Leben der Priester eine bedenkenswerte Alternative zu sein.

III. Die Herausforderungen durch das Projekt „Pastoral der Zukunft“

Eigentlich haben es die Priester bei den Umbruchsprozessen in den deutschen Bistümern gut. Sie befinden sich im Vergleich mit den anderen pastoralen Berufsgruppen in einer komfortablen Situation deshalb, weil sie einen Beruf haben, der seit Jahrhunderten fest eingeführt ist, weil sie eine feste, gut abgesicherte, beamtenähnliche Anstellung haben, weil ihre Stellung klar umrissen ist als Gemeindeleiter, weil sie einen relativ klar beschreibbaren Auftrag haben und wissen, was in ihrem Pflichtenheft steht, und weil ihr Beruf gewissermaßen die eigentliche Norm darstellt, was die pastorale Grundversorgung anbelangt.

Alle anderen Berufsgruppen ringen seit Jahren um ihr eigentliches Profil, ihre Vergütung, ihren Ort in den künftigen Strukturen und vor allem um die Aufgaben, die man ihnen überträgt - und nicht zuletzt um ihre Zukunft, wie die Einstellungsstops in anderen Bistümern in den vergangenen Jahren zeigten.

Und trotzdem fühlen sich viele Priester oftmals als die eigentlichen Verlierer inmitten der pastoralen Umbruchsprozesse.

  • Sie haben das Gefühl, dass alle ungeklärten Fragen auf ihrem Rücken ausgetragen werden und sie für vieles den Kopf hinhalten müssen, was von der Bistumsleitung nicht gut geregelt wurde.
  • Sie haben den Eindruck, dass alle anderen Berufsgruppen sich gewissermaßen „die Rosinen heraussuchen“, jeder das tut, was ihm gefällt und ihm entspricht. Alle übrigen Aufgaben bleiben dann wie selbstverständlich einfach beim Pfarrer hängen, der sehen muss, wie er damit zurechtkommt.
  • Sie fühlen sich zusehends mit den Verwaltungsaufgaben und den vielen Gremien und deren Leitung überfordert und sehnen sich nach mehr seelsorglicher Tätigkeit, als nach Pfarrei-Management.
  • Dazu kommt natürlich seit Jahrzehnten eine rückläufige Zahl von Kirchenmitgliedern. Auch wenn man sich nach besten Wissen und Gewissen einsetzte und alles gab: die Zahl der Gläubigen geht zurück. Das nagt am eigenen Selbstwertgefühl und stellt unbarmherzig die Frage nach der Selbstwirksamkeit, nach dem, was ich bewirken und erreichen kann. Vielleicht das größte Problem unserer Tage.
  • Nicht zuletzt stellt sich gerade in Zeiten des Übergangs wie in unseren Tagen, in denen wir beobachten, wie die Volkskirche sich ihrem Ende entgegen neigt, die Frage nach der Sinnhaftigkeit überkommener Vollzüge. Viele sehen in dem Pfarrei-Programm, das sie bedienen und das ihnen abverlangt wird, schon lange keinen nachhaltigen Sinn mehr. Ermüdung und Resignation stellen sich ein.

Ich könnte die Aufzählung jetzt noch weiterführen, aber ich brauche nicht zu wiederholen, was wir alle kennen und was uns in der einen oder anderen Weise auch durch die Jacobs-Studie nochmal belegt wurde.

Was tun? Ich habe in meiner Ansprache am Kiliani-Sonntag versucht, einmal drei Punkte zu umreißen, die für mich in der Zukunft entscheidend sind. Wir werden bei den Dekanatsbesuchen Gelegenheit haben, über diese Punkte ins Gespräch zu kommen.

Ich nannte

  • das kontemplative Gebet und die Entwicklung einer persönlichen Christus-Beziehung
  • daraus sich entfaltend die Befähigung zum Glaubenszeugnis
  • und als Drittes der Einsatz für die Armen

Wenn man so will, handelt es sich dabei um nichts anderes als die drei klassischen Grunddienste der Kirche: Liturgia, Martyria, Diakonia – Liturgie, Katechese, Caritas. Das ist auch ganz normal. Wir müssen ja nichts Neues erfinden. Wir müssen aber – und darin besteht die besondere Herausforderung – das Überkommene neu buchstabieren und uns fragen, was das für uns heute bedeutet. Mit geht es also damit um eine Schwerpunktsetzung.

Es ist unabweisbar – und dieser Prozess hat ja im Bistum Würzburg schon eingesetzt – über neue Strukturen nachzudenken. Aber wie ich am Kiliani-Sonntag sagte, nützt das nur bedingt etwas. Denn wenn man nur mehr Desselben macht und die neue Struktur nicht auch mit neuen Inhalten füllt, werden uns dieselben Probleme nur im vergrößerten Maßstab weiterbegleiten und den bestehenden Frust weiter nähren. Für dieses Umdenken wird es einiger Überzeugungsarbeit bedürfen, bei uns selbst als Priestern wie auch bei den Gläubigen im Bistum.

Nimmt man die drei genannten Punkte ernst, haben sie ja unmittelbare Auswirkungen auf unser Tun. Ich nenne nur einige:

Zum kontemplativen Gebet:

  • Wie feiern wir Gottesdienst?
  • Welche überkommenen Gottesdienstformen haben wir, die es weiterzuentwickeln gilt: ich denke hier an das reich ausgeprägte Wallfahrtswesen im Bistum, das in meinen Augen ein großes Potential in sich birgt…
  • Welche Gottesdienstformen wollen wir besonders fördern?
  • Welche Räume benötigen wir dazu – und welche benötigen wir nicht mehr?
  • Wie müssen und wollen wir uns persönlich fortbilden und geistlich wachsen?
  • Was heißt das für uns als Presbyterium?

Zur Sprachfähigkeit im Glauben:

  • Legen wir persönlich Glaubenszeugnis ab?
  • Wie geht das, wie lernt man das?
  • Wie organisieren wir unsere Katechesen?
  • Von welchen Formen sollten wir uns verabschieden?
  • Welche Formen brauchen wir?
  • Wen haben wir jenseits der eingeführten Jahrgangskatechesen im Blick?
  • Für welche Lebenssituationen braucht es Unterweisung?
  • Welche Lebenssituationen entdecken wir als Orte, an denen Glaubensfragen akut werden?
  • Welche pfarrlichen Aktivitäten lassen wir, weil sie uns zu diesem Ziel nicht weiter helfen – welche bauen wir aus?
  • Nicht zuletzt und immer wieder: welche Räume benötigen wir dazu?

Zur Frage nach der Sorge um die Armen:

  • Wo schauen wir über unseren engen Gemeinderahmen hinaus?
  • Wer sind die Armen?
  • Welche Formen von Armut gibt es?
  • Wo sind wir als Kirche besonders gefordert?
  • Welche Kooperationspartner brauchen wir und wünschen wir uns?
  • Mit welchen Einrichtungen müssen wir uns vernetzen?
  • Welche Rolle spielen die Fachdienste der Caritas für unser Tun?
  • Und immer wieder: welche anderen Aktivitäten lassen wir dann bleiben, weil sie, wie man neudeutsch so schön sagt, nicht mehr zu unserem „Port-Folio“ gehören…

Mir ist es ein Anliegen, dass wir durch diese Schwerpunktsetzungen die Freude an unserem Tun wiedergewinnen. Dass wir nicht nur überkommene Programme abspulen, sondern Ziele haben, die anspruchsvoll und attraktiv zugleich sind, die uns die Freude am priesterlichen Dienst wiedergeben und unsere Kreativität, aber auch Spiritualität fördern.

Mir ist völlig klar, dazu habe ich jahrelang einen Change-Management Prozess in einem Bistum geleitet, dass das nicht über Nacht geht. Muss es auch nicht. Wir haben die Schmerzen des Übergangs. Wir haben die Last der vielen Gebäude, die man auch nicht über Nacht loswird. Wir haben einen steigenden Verwaltungsaufwand und müssen sehen, wie wir hier bei sinkenden Kirchensteuereinnahmen gegensteuern. Wir haben viele Traditionen, die es wert zu schätzen gilt und die man nicht einfach über Bord werfen kann. Und so weiter und so fort.

Aber dennoch: Wir müssen einfach beginnen. Wie immer im Leben: man muss an einem Punkt beginnen, um sich dann langsam weiter zu entwickeln. Ich denke, dass sich der Einsatz lohnt. Lassen wir uns die Freude nicht nehmen, ruft Papst Franziskus uns zu. Und das ist auch mein Wunsch für uns:

Lassen wir uns die Freude nicht nehmen!

Und damit sind wir wieder beim ersten Petrusbrief, und dem Wort, das ich über diesen Tag stellen wollte:

Ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!


[1] Vgl. die Feststellung der Leygraf-Studie zum Missbrauch https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/Dossiers_2012/2012_Sex-Uebergriffe-durch-katholische-Geistliche_Leygraf-Studie.pdf

S. 42: „Die Mehrheit der heute bekannt gewordenen sexuellen Übergriffe und Missbrauchshandlungen hat sich in den 1960er bis Anfang der 1990er Jahren ereignet, also zu einer Zeit, in der noch ein anderes gesellschaftliches Bewusstsein und eine geringere Sensibilität für das Thema sexueller Handlungen an Kindern bzw. Jugendlichen herrschte. Das hat sich innerhalb der katholischen Kirche – wie auch gesamtgesellschaftlich – inzwischen deutlich verändert in Richtung größerer Transparenz und einem deutlich stärkeren Bemühen, Missbrauchsfälle zügig aufzuklären, um damit der Schädigung weiterer Personen durch grenzverletzendes Verhalten von Priestern und anderen kirchlichen Mitarbeitern Einhalt zu bieten.“

Dort auch unter S. 43 sehr zutreffend:

„Dennoch werden sich sexuelle Übergriffe auch in Zukunft innerhalb wie außerhalb der katholischen Kirche nicht vollkommen verhindern lassen. Dies ist eine Realität, der sich die katholische Kirche, die Politik, die Medien und die gesamte Gesellschaft stellen muss. Dabei wird es notwendig sein, einen Raum zwischen Bagatellisierung und Hysterie zu schaffen, in dem Kinder und Jugendliche ihre sexuelle Identität angstfrei und selbstbestimmt entwickeln können, Betroffene die Möglichkeit haben, das erfahrene Leid zu berichten und auch Tätern entsprechend ihrer Gefährlichkeit und nach entsprechenden Rehabilitationsmaßnahmen eine Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft eingeräumt wird.“

[2] Vgl. https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/zollner-starkes-machtgefalle-fuhrt-zu-missbrauch-in-kirche - am 19.09.2018

Vgl. https://www.zeit.de/2016/06/kinderschutz-missbrauch-jesuit-wahrheit/seite-2 vom 18.02.2016:

„Doch auch dies sei erwähnt: Die katholische Kirche ist in vielen Ländern die einzige gesellschaftliche Institution, die sich für den Schutz der Kleinsten einsetzt. Darauf konzentriert sich seit 2012 das Center for Child Protection. Es wurde mithilfe der Erzdiözese München und der Deutschen Bischofskonferenz nach einer dreijährigen Pilotphase in Rom angesiedelt. Das Zentrum will künftige Verantwortungsträger der Kirche dafür sensibilisieren, dass Aufarbeitung, Intervention und Prävention von Missbrauch nötig sind. Deshalb kooperieren wir auf vier Kontinenten mit Ausbildungsstätten der Kirche. Wir bieten ein E-Learning-Programm an und hoffen auf die Absolventen eines Diplomkurses, der jetzt an der Gregoriana startet. Derzeit wird in Rom auch die Ausbildungsordnung für Priesterseminare revidiert. Ich erwarte, dass "menschliche Ausbildung" und "Missbrauchsprävention" darin verankert werden.“

[4] Vgl. https://www.zi-mannheim.de/fileadmin/user_upload/downloads/forschung/forschungsverbuende/MHG-Studie-gesamt.pdf, S. 11:

„Die Verpflichtung zu einem zölibatären Leben könnte Priesteramtskandidaten mit einer unreifen und abgewehrten homosexuellen Neigung als Lösung innerpsychischer Probleme erscheinen, die zusätzlich die Aussicht auf ein enges Zusammenleben ausschließlich mit Männern zumindest während der Priesterausbildung mit sich bringt. Insoweit könnten spezifische Strukturen und Regeln der katholischen Kirche ein hohes Anziehungspotential für Personen mit einer unreifen homosexuellen Neigung haben. Homosexuelle Beziehungen oder Praktiken werden im offiziellen, nach außen hin sichtbaren Handeln der Kirche aber abgelehnt. Somit besteht die Gefahr, dass entsprechende Neigungen ‚versteckt‘ ausgelebt werden (müssen). Das komplexe Zusammenspiel von sexueller Unreife, abgewehrten und verleugneten sowie die zum Zeitpunkt der Berufswahl möglicherweise latenten homosexuellen Neigungen in einer ambivalenten, teilweise auch offen homophoben Umgebung könnte also eine weitere Erklärung für das Überwiegen männlicher Betroffener beim sexuellen Missbrauch durch katholische Kleriker bieten. Allerdings sind weder Homosexualität noch Zölibat eo ipso Ursachen für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen.“

[5] Vgl. Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe Nr. 79, Hrsg. Kongregation für die Bischöfe (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 173), Bonn 2006, S. 114-115.